VORTRAG:
DIE AUSSENHANDELSBEZIEHUNGEN THAILANDS
1. Grundzüge der Aussenhandelsbeziehungen
Aussenhandel (internationaler Handel): Aussenhandel ist der Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital über internationele Grenzen (Hoheitsgebiete). Er weist in vielen Ländern eine bestimmte Abhängigkeit vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf.
Die
Exportquote gibt das Verhältnis der Exporte zum BIP an. Der
Offenheitsgrad ist der Mittelwert von Exportquote und Importquote.
Thailand exportiert traditionell in die Grossregionen Nordamerika, Japan und Europa.
Der grösste Exportmarkt Thailands waren lange Zeit die USA, Japan und die EU. Auf der Seite der Einfuhren standen die USA hinter Japan an zweiter Stelle. Durch das wirtschaftliche Anwachsen der Region Südostasien sowie Chinas änderten sich aber die Exportströme etwas.
Nach der Überwindung diverser Wirtschaftskrisen (Flutkatastrophen, Finanzkrisen) konnte Thailand auch in diese neuen Wirtschaftsregionen seine Ausfuhr steigern. Auch Afrika wird inzwischen als Markt anvisiert.
Heute erfolgen
thailändische Exporte in die ASEAN-Staaten (24,7 %), China (11,7 %), Japan (10,2 %), die USA (9,9 %) und die EU (9,5 %).
Wenn man die ASEAN-Staaten nicht als Einheit sieht, dann sind China, Japan und die USA die Hauptexportländer. Innerhalb der EU ist Deutschland Thailands wichtigster Handelspartner.
Importländer sind Japan (20 %), die ASEAN-Staaten (16,3 %), China (14,9 %), Naher Osten (12,9 %), EU (8 %), USA (5,2 %).
Im Jahre 2012 erreichten die thailändischen Exporte eine Höhe von 177 Mrd. €.
Die thailändischen Importe beliefen sich 2012 auf 194 Mrd. €.
Quelle: Auswärtiges Amt 2012
Exportierte Waren sind: Elektronikwaren, Autos, Autozubehör, Chemie, Textilwaren, Möbel, Schmuck und Edelsteine und landwirtschaftliche Produkte (Reis (Mekong-Region!), Kautschuk, Meeresfrüchte).
Dadurch, dass Thailand auch Autos japanischer Provenienz exportieren kann (Toyota, Nissan usw.), verbessert es seine Handelsbilanz im Autosektor.
Exportierte Dienstleistungen sind: Restaurants, Bäder; neuerdings aber auch Architekturberatung, Unterhaltungsindustrie und Medien (sog. "Content Industry").
Die Exporte lassen sich noch weiter aufschlüsseln:
Die Elektroindustrie liefert ungefähr 1/3 der Exporteinnahmen. Dieser Industriezweig ist besonders berühmt für seine Festplatten (HDD) und seine Integrierten Schaltkreise (IC) und liegt damit hinter Singapur in der Region vorne.
Die Autoindustrie ist ebenfalls sehr wichtig. Fast alle internationalen Autohersteller haben in Thailand Niederlassungen, darunter Ford, GM, BMW, Daimler-Chrysler, Mitsubishi, Mazda, Toyota, Isuzu, Honda und Nissan.
Berühmte Firmen sind Star Microelectronics als Full-Service-Hersteller der Mikroelektronik mit grossen Entwicklungskapazitäten und die Charoen Pokphand Group, die ein Mischunternehmen in den Bereichen Landwirtschaft, Einzelhandel und Telekommunikation ist.
Importierte Waren sind: Maschinen, Maschinenteile, integrierte Schaltkreise, Chemikalien, Rohöl, Treibstoffe, Eisen und Stahl.
Thailand ist Mitglied der WTO und und der Cairns Group und ist als Mitglied der ASEAN Teil der "ASEAN Free Trade Area" (AFTA), an deren Aufbau es massgeblich mitarbeitete.
Thailand besitzt eine aufstrebende Wirtschaft und wird als Schwellenland bzw. NIC (Newly Industrialized Country) bezeichnet. Zwischen 1985 und 1996 betrug das Wirtschaftswachstum durchschnittlich 12,4 % pro Jahr. Dann kam es durch die Finanzkrise (die v. a. durch Thailand ausgelöst wurde) zu einem herben Dämpfer, der die Regierung Chavalit Yongchaiyudh
das Amt kostete.
Die thailändische Wirtschaft konnte sich aber schon 1999 und 2000 gerade durch die hohen Exporte erholen und wuchs wieder um gut 4 % pro Jahr. Im Jahre 2001 erhielt die Wirtschaft des Landes wieder einen leichten Dämpfer durch die weltweite Konjunkturabschwächung, aber schon in den folgenden Jahren lag das Wachstum wieder > 5 % und ab 2005 knapp < 5 %. Anhänger des damaligen Regierungschefs Thaksin Shinawatra (2001 - 2006) führten das auf seine weise Wirtschaftspolitik zurück ("Thaksinomics").
2008 geriet das Land aber wieder in den Strudel der weltweiten Wirtschaftskrise, erholte sich aber wieder.
Es sieht aber so aus, als ob dem Land weiterhin Wachstumsraten um 5 % gelängen.
2. Perspektiven der Aussenhandelsbeziehungen
Thailand treibt die Integration der Märkte im Zusammenhang der ASEAN mit Nachdruck und Erfolg voran.
Das Land hat bereits seit 2007 mit Japan ein Freihandelsabkommen.
Seit Anfang 2010 gibt es innerhalb der ASEAN-6-Länder ("Top 6") für fast alle Produkte Zollfreiheit.
Auch gegenüber China visiert man eine Politik der Zollfreiheit an, deren Umsetzung aber langsam vorangeht.
Gegenüber Südkorea verhält man sich ähnlich.
Ebenso ist die Position gegenüber der EU und Deutschland. Hier stehen die Verhandlungen aber noch ganz am Anfang: Thailand will unter der Führung der USA an Verhandlungen zu einem "Trans Pacific Partnership"-Freihandelsabkommen teilnehmen.
Thailand hat auch bereits bestehende Freihandelsabkommen erweitert, wie z. B. mit Australien und Neuseeland (2009) oder strebt eine solche Erweiterung an, wie mit Indien.
Wenn die ASEAN bei der Regulierung von Thailands Aussenhandelsbeziehungen eine immer wichtige Rolle spielt, muss man ihre Struktur untersuchen : Was ist die ASEAN?
Die ASEAN ist die Association of Southeast Asian Nations. Sie wurde 1967 (8.8.) im Bangkok-Vertrag gegründet. Die Gründerstaaten waren Thailand, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Singapur.
Der Sitz ihrer Organe (nicht: Hauptstadt) liegt in Jakarta.
Die Mitgliedsländer sind:
- Brunei
- Kambodscha
- Indonesien
- Laos
- Malaysia
- Myanmar (Burma)
- Philippinen
- Singapur
- Thailand
- Vietnam
Die ASEAN gilt neben Japan und China als dritte Wachstumsmaschine Asiens. Sie umfasste 2012 605 Mio. Einwohner (Thailand 68, Indonesien 238!) und ihr BIP 2011 2.178,148 Mrd. US$. (Thailand 346, Indonesien 847) Ihre Wachstumsraten sind zwar in den letzten Jahren gefallen, betrugen aber nach 2010 noch ungeführ 5 % p. a.
Die ASEAN erstreckt sich dabei auf eine Fläche von 4,4 Mio. qkm.
Quelle: ASEAN stats
3. Der Aussenhandel mit den USA
Aussenhandel mit den USA (in Mio. US$; Quelle: www.census.gov)
2013 4047,0 8339,1 - 4292,1
2012 10888,0 26108,0 - 15220,0
2011 10901,1 24831,9 - 13930,9
2010 8976,4 22693,6 - 13717,2
2009 6918,4 19082,5 - 12164,1
2008 9066,6 23538,3 - 14471,7
2007 8336,4 22754,7 - 14418,2
2006 7915,4 22466,3 - 14550,9
2005 7256,6 19889,8 - 12633,1
2004 6368,4 17578,9 - 11210,5
2003 5835,3 15178,5 - 9343,2
2002 4860,2 14792,9 - 9932,7
2001 5989,4 14727,0 - 8737,6
2000 6617,3 16385,4 - 9768,1
1999 4984,5 14330,0 - 9345,5
1998 5238,8 13436,4 - 8197,6
1997 7349,5 12601,4 - 5251,9
1996 7197,5 11336,0 - 4138,5
1995 6665,0 11348,1 - 4683,1
-
1990 2995,2 5288,6 - 2293,4
-
1985 849,1 1428,3 - 579,2
4. Illegaler Aussenhandel
Der Aussenhandel kann naturgemäss auch eine illegale Seite haben. Dieser
illegale Handel ist die Handelskomponente der
Schattenwirtschaft ("shadow economy").
Unter Schattenwirtschaft versteht man alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, die nicht von der amtlichen Statistik erfasst werden und damit Regelungs und Revenueansprüchen des Staates entzogen sind.
In bezug auf Thailand kommen hier v. a. 3 Bereiche in Frage:
- Drogenhandel
- Menschenhandel (Arbeit, Sex)
- Handel mit Tieren und Tierprodukten (seltene Tierarten, Hundefleisch)
Bsp. 1 - Drogenhandel:
Thailand galt lange als klassisches
Drogenexportland. Das lag unter anderem an der Nähe zum "
Goldenen Dreieck" (v. a. Burma, Laos, Thailand) im Norden, dass für den Opiumhandel stand und steht.
Lange Zeit unternahmen die thailändischen Regierungen nichts oder wenig gegen diese Zustände und einige Vertreter waren sogar selbst in den Drogenhandel verwickelt.
Seit einigen Jahren hat sich das aber geändert. Thailand wollte mit zunehmendem Wirtschaftsaufschwung und aufgrund eines schrittweisen Mentalitätswandel nicht mehr als "Weltdealer" gelten. Ausserdem gab es Druck aus den USA, die allerdings selber als grosse Nachfragemacht den weltweiten Drogenmarkt anheizen.
Das Umdenken in der Drogenpolitik geschah sukzessive in den 80ern, bis Ende der 90ern wurde der Mohnanbau drastisch reduziert, aber erst im Jahre 2003 erklärte Thaksin einen grossangelegten Krieg gegen die Drogen.
Die Regierung in Thailand erliess drakonische Strafen bis hin zur Todesstrafe und versuchte gleichzeitig, den Bauern im Norden Alternativen zum Opiumanbau anzubieten. Institutionell wurden diese Bemühungen durch die von den USA mitfinanzierte International Law Enforcement Academy (ILEA) unterstützt.
Die Erfolge gegen den Drogenanbau und -handel heissen jedoch nicht, dass diese Geschäfte im Goldenen Dreieck komplett ausgetrocknet ist. Der Anbau wurde nur noch stärker nach Myanmar (Burma) verlagert. (Vor allem im Osten von Myanmar kämpfen ethnische Minderheiten (Shan, Wa) gegen die Zentralregierung und finanzieren ihren Kampf mit Drogen.)
Thailand bleibt weiterhin ein Transitland für Opiate. Das liegt einmal an seiner geographischen Lage und auch daran, dass Burma lange Zeit politisch isoliert war und die Händler ein "offenes" Land brauchen.
Mit der Zurückdrängung des Mohnanbaus und einiger drakonischer Massnahmen gegen Dealerringe ist aber weder der Drogenkonsum noch der Drogenhandel in Thailand massiv zurückgegangen.
Es kam jedoch zu einer deutlichen Verlagerung. Von den "klassischen" Naturprodukten wie Mohnprodukten oder auch Cannabisprodukten ging man über zu synthetischen Produkten wie z. B. Amphetaminen und Methamphetaminen. Diese können in Labors nicht nur leichter und ortsunabhängiger hergestellt werden, sondern sind auch nicht so witterungsabhängig und zeitintensiv wie Mohnfelder und können entsprechend auch nicht so leicht entdeckt werden.
Der Handel mit synthetischen Drogen hat sich für die thailändische Gesellschaft jedoch als Riesenproblem herausgestellt. Weckmittel werden von vielen Schülern, Studenten, Arbeitern und Angestellten konsumiert.
Opiate/Heroin:
- Anbau im Land stark reduziert
- Anbau für Eigenbedarf und Export in die USA und nach Malaysia
- Heroin wird von chinesischen und afrikanischen Banden meist entlang der Grenze zu Burma synthetisiert
Cannabinoide:
- Marihuana wird überall in Thailand gepflanzt (v. a. NO), aber auch aus Laos, Kambodscha, Nepal und Pakistan importiert
- Export nach Japan, Singapur und in die Schweiz
Amphetamine:
- Amphetamine werden im wesentlichen in Bangkok und Umgebung hergestellt,
aber manchmal auch aus Kambodscha importiert
- Amphetamine aus Thailand sind ein Exportschlager nach Europa, Japan, Singapur, Indonesien, Brunei, Malaysia, S-Korea
weitere Drogen:
- Ecstasy ist weit verbreitet und wird meist aus Singapur oder Malaysia importiert, manchmal aber auch im Land hergestellt
- Kokain ist im Ggs. zu anderen Weltregionen nicht so verbreitet und findet sich v. a. in Touristenhochburgen
- Ketamin (eigtl. Schmerzmittel, aber mit Rauschwirkung) wird v. a. unter Prostituierten verwendet
Bsp. 2 - Menschenhandel:
Thailand dient als Quelle, Ziel(land) und als Durchgangsland für Menschenhandel.
Die gehandelten Menschen stammen häufig aus abgelegenen Gebieten wie bspw. im Norden oder aus den Kreisen von Immigranten. Diese Immigranten können aus der Mekong-Region, Burma (politische Gründe) oder sogar aus Zentralasien (Usbekistan) und den Fiji-Inseln stammen.
Viele dieser Menschen werden entweder direkt gezwungen oder durch Formen der Schuldknechtschaft.
Häufig sind dabei thailändische Unternehmer, aber auch einige Behördenmitarbeiter verstrickt.
Die Arbeitskräfte finden sich dann in der Fischereiwirtschaft, Landwirtschaft, Textilwirtschaft oder in Haushalten wieder. Sexarbeiter gelangen in die Prostitution oder Kinderprostitution.
Häufig verläuft die Migration entlang der Stadt-Land-Schiene oder in Richtung der Tourismusregionen.
Die Bekämpfung des Menschenhandels lief ähnlich langsam an wie die des Drogenhandels (oder sogar noch langsamer). Erst um 2010 konnte Thailand sich auf Druck der USA, von NGOs und eigener progressiver Kräfte durchdringen, mit Nachbarländern Abkommen zu unterzeichnen, die den Menschenhandel eindämmen sollen.
Herkunftsländer (wenn Ausland): Nordkorea, China, Vietnam, Pakistan, Burma
Zielländer: Golfstaaten, Malaysia, Indonesien, Singapur, ggf. Sri Lanka, Russland, Westeuropa (Deutschland), Südkorea, USA
5. Kernthesen
- Thailand betreibt einen regen Aussenhandel
- Handelsprodukte sind: Electronica, Autos, Chemieprodukte, Edelsteine, Landwirtschaftsgüter
- Thailand setzt auf ein liberales Wirtschaftsmodell und will nach aussen seinen Freihandel ausbauen
(mit staatlicher Rahmenlenkung)
- das insgesamt gute Wirtschaftswachstum - mit einigen temporären Rückschlägen durch Flutkatastrophen
und Finanzkrisen - bietet eine gute Grundlage für einen weiter florierenden Handel
- traditionell ist die USA der Haupthandelspartner, daneben auch Japan und Europa, aber die Bedeutung der
Region Südostasien und China wächst (es ist also eine Trendwende erkennbar, aber keine Revolution)
- politisch und militärisch bleibt Thailand aber loyal zu den USA
- der illegale Handel wird weiter eine erhebliche Intensität haben;
Bekämpfungsmassnahmen gegen den Mohnanbau zeigten zwar Wirkung,
der Handel mit synthetischen Drogen ist aber weiterhin sehr hoch
- der Menschenhandel wird inzwischen auch bekämpft, kann aber vermutlich erst dann deutlich eingedämmt werden, wenn auch die Nachbarländer Thailands wohlhabender werden
Literatur
und Internetquellen (Auswahl)
CIA,
bes. The World Factbook;
www.cia.gov
EIU:
Country profile. Thailand; London 1996 - 2011
Far
Eastern Economic Review (FEER; 2009 eingestellt)
Fischer
Weltalmanaach; www.weltalmanach
GEOSpecial:
Thailand; 2001.01
Germany
Trade & Invest;
www.gtai.de
HSBC;
www.hsbc.com
Humantrafficking.org
Office
of the United States Trade Representative; www.ustr.gov
Spiegel,
Der; www.spiegel.de
Stahl,
Sabine (Hg.)/Ulrich Mihr: Die Krallen der Tiger und Drachen.
Wirtschaftsboom und Selbstbewusstsein in Asien; München 1995
United
States Census Bureau (US Department of Commerce); www.census.gov