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Montag, 21. September 2020

ELLUL, JACQUES

Jacques Ellul

 * 06.01.12, in Bordeaux

+ 19.05.94, in Bordeaux

Ellul war ein französischer Jurist, der auch in den Bereichen Philosophie, Soziologe und Theologie tätig war.

Elluls Mutter war protestantisch und sein Vater war ursprünglich griechisch-orthodox. Ellul wuchs in Bordeaux auf und studierte dort Rechtswissenschaft bis zur Promotion 1936. Dann dozierte er an den Universitäten Montpellier, Straßburg und Clermont-Ferrand. 1940 wurde er vom État Ftancais entlassen und arbeitete in der Landwirtschaft. 1943 beendete er seine Habilitation über Römisches Recht. Ab 1944 konnte er wieder als Universitätsdozent arbeiten und wurde später Professor. Kurz nach dem Krieg war er sogar in der provisorischen Stadtverwaltung von Bordeaux aktiv. 1980 wurde Ellul emeritiert.

Parallel dazu setzte sich Ellul auch mit theologischen Fragen auseinander. 1930 hatte er ein Bekehrungserlebnis. In der Folge setzte er sich mit Karl Barth und Sören Kierkegaard auseinander. Ellul publizierte zu biblischen Texten und zur gegenwärtigen Lage der Kirche. Ellul war Reformierter und gehörte von 1956 bis 1971 dem Nationalrat der Reformierten Kirche von Frankreich an. Gleichzeitig war er aber auch in der ökumenischen Bewegung tätig.

Ellul ist aber auch bekannt als Technikkritiker. Hier übte er auch gegen seinen Willen Einfluss auf den "UNAbomber" Ted Kaczynski aus. In "La technique ou l'enjeu du siècle" von 1954 (engl. The Technological Society, 1964) stellt Ellul die Grundlagen der Technik als religiös und nicht wissenschaftlich dar. Die Beziehung zwischen Mensch und Technik bewertet er kritisch. Methodisch wurde das Werk zwar angegriffen, aber Aldous Huxley empfahl die Übersetzung ins Griechische.

In "La parole humiliée" (1981; The Humiliation of the Word, 1985) weist er nach, wie durch die Industrialisierung und die Technisierung unserer Gesellschaft die Fähigkeit im modernen Menschen schwindet, dem (gesprochenen) Wort die Bedeutung, die es einst gehabt hat, abzugewinnen. Er stellt dem Wort das Bild gegenüber. Das Wort als sprachliche Aussage ist polarisiert: Entweder ist eine Aussage wahr, oder sie ist eine Lüge, also falsch. Dieses Kriterium kann das Bild nicht leisten: Es zeigt nicht Kategorien wie wahr/falsch, sondern präsentiert kommentarlos eine Realität.


LITERATUR:

Wikipedia


 


Sonntag, 20. September 2020

SHIGENOBU, FUSAKO UND DIE JAPANISCHE ROTE ARMEE

Japanese Red Army and "Yodo-go" Group

* 28.09.1945, Setagaya, Tokio

Fusako Shigenobu ist eine japanische Linksterroristin.


Viele Menschen werden sich wundern, dass es in Japan einen Linksterrorismus in Folge der 60er-Jahre-Umwälzungen gab.
Viele denken beim Begriff (neuer) Linksterrorismus an die deutsche RAF, an andere europäische Gruppen wie die italienischen Roten Brigaden oder vielleicht noch an die Weathermen in den USA oder die Black Panther Party, von der aber nur ein Teil terroristisch und nur ein Teil marxistisch war.

Aber in Japan, so kann man allgemein sagen, begann der Linksterrorismus früher, war härter und hörte später auf. Fusako Shigenobu und ihre Japanische Rote Armee ist nur ein Beispiel. 


JUGEND

Fusako Shigenobu wurde am 28.09.1945 in Tokio (Setagaya ward) geboren.
Ihr Vater war ein Lehrer an einer Tempelschule (Terakoya). Diese war nach dem Ersten Weltkrieg gegründet worden und hatte es sich zum Ziel gesetzt, armen Kindern vom Land zu helfen. Ihr Schwerpunkt war in Kyushu in Südjapan.
So weit zur biographischen Grundlage. Shigenobu wuchs also in einem sozialen Umfeld auf, das sich mit Bildung und sozialen Problemen beschäftigte.
Das Problem ist aber, dass der Vater dann in die Wirren des Zweiten Weltkriegs hineingerissen wurde und nicht nur einfacher Soldat war, sondern es bis zum Major der Kaiserlich Japanischen Armee gebracht hat. Sein Haupteinsatzgebiet war die Mandschurei, damals unter japanischer Kontrolle Manchukuo (Mandschukuo) genannt.
Nach dem Krieg wurde dieser einstige Imperialist dann zum radikalen Linken, der gleichzeitig psychisch frustriert war und um den Lebensunterhalt kämpfen musste. Gleichzeitig hat er, obwohl jetzt linksgerichtet, seinen militärischen Angriffsgeist beibehalten und an seine Tochter weitergegeben.
Hier beginnt die heikle Psychodynamik der Fusako Shigenobu, die dann durch persönliche Erlebnisse und die Ereignisse der 60er-Jahre verschärft wurde. Die 60er-Jahre waren allgemein eine Zeit des Umbruchs und in Japan begannen die Auseinandersetzungen durch radikale Modernisierungen (z. B. Flughafenausbau) und den Sicherheitsvertrag mit den USA noch früher.


STUDIUM UND RADIKALISIERUNG

Nach der Schule arbeitete Shigenobu für Kikkoman und ging abends für Kurse an die Meiji-Universität. Sie soll auch als Bartänzerin gearbeitet haben, was eigenen Angaben zufolge ihren Widerstandsgeist weiter anheizte. 
Als dann die Studentenproteste stärker wurden, protestierte sie auch gegen eine Erhöhung der Studiengebühren.

Shigenobu schloss ihr Studium in Politischer Ökonomie und Geschichte ab (BA, Meiji-Univ.). Sie schloss sich den dortigen Protesten an und trat dem Zengakuren bei. Bald gehörte sie zu den Kadern.
Shigenobu geriet in den Sog von Radikalisierung, Dogmatismus, politischem Bewegungsrausch und Spaltungen in Fraktionen. Die Revolution an sich wurde quasi angebetet. Daraus entstand neben anderen Gruppen die Japanische Rote Armee (Japanese Red Army/JRA bzw. Nihon Sekigun). Anders als andere Gruppen beließ sie es nicht bei Aktionen in Japan oder entführte Flugzeuge nach Nordkorea, sondern griff auch in den Nahostkonflikt ein.


JAPANISCHE ROTE ARMEE UND ANTI-IMPERIALISTISCHE INTERNATIONALE BRIGADE

Im Februar 1971 ging sie mit Tsuyoshi Okudaira in den nahen Osten, um internationale Verzweigungen für die neu gegründete JRA aufzubauen. Dafür trennte sie sich von der Red Army Faction (RAF) unter Tsuneo Mori. Am linken Flügel der Japanischen Kommunistischen Partei (JCP) bildete sich aus der maoistischen Linken die Vereinigte Rote Armee (United Red Army/URA). Durch polizeiliche Verfolgungsmaßnahmen und eigene Dezimierung ('71/'72) wurde diese Gruppe jedoch zerschlagen. 
Shigenobu schrieb daraufhin mit Okudaira das Pamphlet "My Love, My Revolution".

Shigenobu blieb bis nach dem Jahr 2000 im Nahen und Mittleren Osten. Damals folgten viele junge Revolutionäre dem Ideal der internationalen Zusammenarbeit ("Solidarität") zum Erreichen einer weltweiten Revolution.
Man kann dies grob vergleichen mit der deutschen RAF, die zunächst mit linken Palästinensergruppen zusammenarbeitete und dann, als sich die Erste Generation im Gefängnis das Leben genommen hatte, dem weltweiten "antiimperialistischen Kampf" widmete. Eine weitere Parallele ist die Zusammenarbeit mit Geheimdiensten des damaligen Ostblocks, die im Detail noch erforscht wird. Es ist auch zu vermuten, dass Muammar al-Gaddhafi seine Finger im Spiel hatte. Ebenso gibt es Indizien, dass Shigenobu zwischen 1997 und 2000 oft über den Kansai International Airport in die VR China eingereist ist.

Die Aktionen der JRA waren zunächst gegen Japan, den Staat Israel und die USA gerichtet, dann gegen alle westlichen Länder. Man griff beispielsweise Flughäfen und Botschaftsgebäude an. Mit der Zeit wurde also der Aktionaradius immer größer und man sprach von der Anti-Imperialistischen Internationalen Brigade (AIIB). Im Zusammenhang mit dem Nahen Osten sprach man auch von der Arab-JRA.
Ein besonders fataler Angriff war die Attacke auf den Flughafen Lod (Lod airport massacre; heute: Ben Gurion International Airport) bei Tel Aviv im Mai 1972 mit 26 Toten und 79 Verletzten. Zwei Angreifer wurden zusätzlich getötet und Kozo Okamoto verletzt und festgenommen.
Insgesamt durchzogen aber die Terroranschläge die gesamten 70er- und 80er-Jahre!

Fusako Shigenobu konnte jedoch den japanischen Behörden nicht für immer entkommen. Sie hielt sich vor 2000 auch in Japan im linken Milieu auf und kommunizierte mit Kontaktpersonen, die unter Überwachung standen. Schließlich wurde sie festgenommen. Im März 2006 verurteilte man sie zu 20 Jahren Haft.


EINORDNUNG

Heute mag der revolutionäre Eifer der damaligen Zeit merkwürdig erscheinen, aber im Kalten Krieg gab es politisch mindestens "zwei Welten", nämlich die liberal-kapitalistische und die real-sozialistische.
Wer damals mit seinem System nicht einverstanden war, der konnte sich für das andere bzw. ein anderes entscheiden. Das war nicht nur in Europa oder Nordamerika ao, sondern auch in Japan.

In Japan waren aber damals nicht alle Menschen links oder linksextrem. Die Mehrheit war sogar recht stark bürgerlich-konservativ eingestellt, hatte aber nach dem Weltkrieg 1945 ihren Bellizismus abgelegt. Ein kleiner Teil der Gesellschaft war sogar rechtsextrem.
Im akademischen Milieu war die Lage etwas anders. Auch hier waren nicht alle Studenten und Jungdozenten links, aber man war für linke bis linksradikale Ideen empfänglicher. Der kommunistische Studentenverband Zengakuren galt als besonders radikal und aktivistisch. Der linke Rand Japans schwächte sich aber auch - ähnlich wie in anderen Ländern.
Die unter Druck geratene Rechte setzte kriminelle Schläger ein, rechte Sportstudenten oder Kämpfer von Wehrsportgruppen wie der Tatenokai (Schildgesellschaft) von Yukio Mishima. Schließlich lief es auch in Japan so wie andernorts, dass viele Linke später bürgerlich wurden und ihnen einige "Jugendsünden" peinlich wurden.
Ein rein praktisches Problem bei solch einem "Revoluzzertum" ist auch, dass ein Teil der einstigen Aufständischen noch "die Kurve kratzt" und sich die Lohn- und Rentenkonten füllen kann und die anderen fast leer ausgehen. 


Samstag, 19. September 2020

IMPERIALISMUS

Imperialismus
Imperialismus bezeichnet das Machtstreben eines Staates oder von Machtgruppen, über andere Staaten, Länder, Völker und Stämme politische, wirtschaftliche und manchmal kulturelle Macht auszuüben. 

Imperialismus gibt es wahrscheinlich schon, seitdem der Mensch in Großgruppen lebt. Häufig verwendet man ihn aber in Begriffsnähe zu Nationalismus und Kolonialismus oder gar als polemisches Schlagwort. Für die Zeit um 1900 spricht man auch vom Hochimperialismus. Damals hatten europäische Mächte und das eurasische russische Reich große Teile der Erde unter sich aufgeteilt, wurden aber von den USA und Japan herausgefordert. In Südamerika war der spanische und portugiesische Einfluss schon früher geschwunden.

Mit den modernen Sozialwissenschaften im (späten) 19. Jhd. entstanden auch verschiedene Imperialismus-Theorien. 
Diese können, müssen aber nicht, marxistischen Ursprungs sein.

Theoretiker des Imperialismus sind Hobson, Luxemburg, Kautsky, Lenin, Weber, Schumpeter, Hobsbawm, (Wolfgang) Mommsen, Weber.

Die Abhängigkeiten der sog. Dritten Welt von der Ersten Welt wird auch in den Dependenz-Theorien (Dependencia; z. B. André G. Frank) und in der Weltsystemtheorie (Immanuel Wallerstein) dargestellt. 

Der Begriff Imperialismus unterliegt auch der Kritik:
- zum einen ist er für manche Kritiker nicht klar genug definiert
  (wird jedes Machtstreben als Imperialismus definiert?)
- zum anderen wirft mit den Verwendern dieses Begriffes politische Einseitigkeit vor:
  im Kalten Krieg haben z. B. sozialistische Staaten wie die UdSSR oder die VR China den USA
  oder Kolonialmächten wie GB und Frankreich Imperialismus vorgeworfen, ohne jemals zu
  hinterfragen, welche Eroberungsphasen es denn in ihrer eigenen Geschichte gegeben hat

 

 

 

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Wir möchten jetzt nach langer Zeit den Blog weiterführen. 

Grüße!