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Samstag, 15. November 2025

NACHTGEDANKEN

15.11.2025

Marcus Aurelius - Politiker und Philosoph (AI)

NACHTGEDANKEN

 

DAS CHRISTENTUM UND DAS RÖMISCHE REICH 

Das Christentum wurde im Römischen Reich massiv verfolgt, viele Christen sogar umgebracht.

Im 4. Jahrhundert wurde das Christentum aber zuerst anerkannt und dann sogar zu einer Art Staatsreligion. Den entscheidenden Todesstoß sollen das Heidentum und die heidnische Philosophie aber erst im 6. Jahrhundert unter Kaiser Justianian I. erhalten.

So "verewigte" das im Römischen Reich lange verfolgte Christentum dieses Reich erstaunlicherweise. Besonders die römisch-katholische Kirche hielt das Römische Reich am Leben, indem sie an Latein als "Heiliger Sprache" festhielt und die Päpste in Rom residierten.

Im Osten bewahrte das griechisch-orthodoxe Christentum das Koine-Griechisch, das auf das Altgriechische folgte.

Ambivalent war die Haltung der Christen zur heidnischen Philosophie.
Nachdem sie die heidnische Religion gewaltsam unterdrückt haben, drängten sie auch heidnische Philosophenschulen zurück und zwangen im 6. Jhd. unter Justinian I. sogar die Platonische Akademie in Athen dazu, zu schließen (der Platonismus war in der Spätantike aber längst auch in anderen Städten wie Alexandria und Rom stark).
Gleichzeitig übernahmen christliche Autoren wie Augustinus aber selber viele Philosopheme der Heiden (Augustinus' Familie war selber gespalten: Sein Vater war Heide, seine Mutter Monica Christin). 

 

IDENTITÄT UND VERRAT

Menschen neigen dazu, sich eine individuelle Identität und eine Gruppenidentität verschaffen zu wollen.

Obwohl manche an dieser Identität starr festhalten, kann sie auch erstaunlich volatil sein.

Läuft einer zu einer anderen Gruppe über, spricht man von "Verrat".

Interessanterweise kommt so ein vermeintlicher oder wirklicher Verrat, also ein Identitätswechsel, in der Geschichte relativ häufig vor.

BEISPIEL: UNABHÄNGIGKEIT DER USA VOM BRITISCHEN EMPIRE

Die Unabhängigkeitserklärung der USA von 1776 wird dort als großen Schritt zur Freiheit gefeiert.

Interessanterweise kämpften aber die Siedler nur wenige Jahre zuvor mit regulären britischen Truppen gegen die Franzosen und mit denen verbündete Indianerstämme (sog. "French and Indian Wars").

Damals kam kaum einer auf die Idee, zwischen "Briten" und "(US-)Amerikanern" zu unterscheiden.

Nur wenige Jahre später kam es - u. a. aufgrund von Streitigkeiten über die Besteuerung - zum Unabhängigkeitskrieg, der aus britischer Sicht ein illegaler Sezessionskrieg war.

Es gab übrigens auch nicht wenige Loyalisten, die weiter zur britischen Seite hielten. Viele wurden schikaniert und mussten nach Boston, dem Hauptquartier der Briten, oder in den Süden fliehen. Die britischen Siedler im späteren Kanada blieben sowieso mehrheitlich loyal.

Man sprach ursprünglich von British America und nach dem Abfall der (späteren) USA von British North America.

Für viele Indianer war die Freiheit der Siedler sowieso das Todesurteil. Es ist allerdings umstritten, ob sie ein Opfer speziell des Liberalismus und der Ideen der Aufklärungen waren, denn auch unter der Spanischen Krone in Mittel- und Südamerika, die monarchistisch und keineswegs liberal war, wurden viele Indigene massakriert.

 
BEISPIEL: DER BÜRGERKRIEG ZWISCHEN USA UND CSA

Der US-Bürgerkrieg zwischen Nordstaaten und Südstaaten von 1860 - 1865 war ein äußerst blutig in in frühen Zügen industriell geführter Krieg bzw. Bürgerkrieg.
Es ging dabei auch um die Sklavenbefreiung. Wie stark dieses Motiv war und welche anderen Motive es noch gab, ist bis heute umstritten.

Man weiß, dass auch einige Nordstaaten damals noch Sklavenhalterstaaten waren. Man weiß auch, dass die Industrie des Nordens die aus dem Süden stammende Baumwolle verarbeitet hat, obwohl sie von Sklaven gepflückt wurde.

Interessant ist, dass dieser Nord-Süd-Gegensatz zwar schon eine Zeit lang schwelte, aber trotzdem relativ plötzlich ausbrach.

Vorher ging es in der US-Innenpolitik um andere Themen, wie wichtiger waren, z. B. um die Frage, ob oder wie der Katholizismus im Land bekämpft werden sollte.
Durch Einwanderer aus katholischen Gebieten Deutschlands und aus Irland entstand in den USA eine relativ zahlreiche nicht-protestantische Bevölkerungsgruppe. Später kamen noch katholische Südeuropäer hinzu.

Auch da sieht man, wie stark kollektive Identitäten wirken, sich aber auch verändern können. 

  

WECHSELNDE SYSTEME - BEISPIEL: FRANKREICH UND DEUTSCHLAND

Wenn in einem Land ein "politisches System" herrscht, dann tut man oft so, als sei dies auf alle Ewigkeit konstituiert.

Dies ist seltsam. Man denke nur an die Revolutionen in Frankreich. Viele glauben, 1789 wurde die Monarchie abgeschafft und damit war sie weg. Danach herrschte die Republik.

Aber so war es nicht. Schon nach 1789 gab es ein langes Ringen, bis die Republik 1792 ausgerufen wurde und danach war sie noch lange umstritten. Es kam zum Bürgerkrieg, auch unter den Republikanern selbst.
Der radikale Republikaner Robespierre hatte übrigens noch als Schüler am Lycée Henri IV. eine Lobrede auf den König Ludwig XVI. gehalten!

Nach den Napoleonischen Kriegen, die anfangs siegreich waren und dann für das bonapartistische Frankreich verloren gingen, wurde von 1815 - 1830 die Monarchie wiederhergestellt bzw. "restauriert".

Die Machtkämpfe zwischen Anhängern und Gegnern der Republik verliefen das ganze 19. Jhd. hindurch bis in das 20. Jhd. hinein.

Es gab dabei mehrere aktive Gruppen:

  • Anhänger der Republik (linke, zentristische, rechte)
  • linke Gegner der Republik
  • rechte Monarchisten
  • rechte Bonapartisten (Vorbild: Napoleon I. Bonaparte)
  • rechte Faschisten (im 20. Jhd. nach dem Vorbild der Faschisten und Nazis) 

Noch die Gründung des "État francais" (Vichy-Frankreich) nach 1940 war eine Manifestation von Anti-Republikanern. Den Anhängern des État francais wurde später ihre partielle Nazi-Kollaboration vorgeworfen. Aber in Wirklichkeit war zumindest zu Beginn des neuen Regimes die Zustimmung groß. Die Machtübergabe an Pétain war sogar von einer großen Mehrheit des französischen Parlaments abgesegnet.
Erst mit dem Ende des État francais und der Wiedererrichtung der Republik wurde die antirepublikanische Rechte marginalisiert. Trotzdem existierte sie auch nach 1945 weiter. Dies merkte man zuerst sehr stark in den Kolonialkriegen, besonders im Algerienkrieg. Später gab es die Bewegung der Poujadisten (bereits mit Jean-Marie LePen), das Unterstützungskommittee für Tixiers-Vignancours Bewerbung auf das Präsidentenamt und schließlich mit der Gründung des Front National in den frühen 1970er-Jahren.

Der Front National war zunächst eine fast unbedeutende Kleinpartei, die aber seit den 1980ern zu einem bedeutenden Machtfaktor der Rechten wurde. Die Partei ist sich trotzdem weiter uneins - auch als Rassemblement National -  ob sie autoritär-republikanisch, monarchistisch, bonapartistisch oder faschistisch auftreten soll.


Ein ähnliches Theater gab es auch in Deutschland.

Während der Märzrevolution 1848 scheiterte der Versuch, nach französischem Vorbild eine Republik zu errichten.

1871 kam es dann doch zu einer deutschen Einheit, aber unter autoritärer Führung Preußens und unter Ausschluss der deutschsprachigen Teile Österreichs.

Im 20. Jhd. gab es in Deutschland 5 - 6 verschiedene politische Systeme:

  • Zweites Kaiserreich
  • Weimarer Republik (formell: Deutsches Reich)
  • NS-Reich (formell: Deutsches Reich oder Großdeutsches Reich)
  • Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik
  • Bundesrepublik Deutschland 

Zu bedenken ist:
JEDES dieser Systeme hatte seine Anhänger (einige sollten es später leugnen), JEDES hielt sich selbst für gut und überlegen, JEDES hatte seine Lehrer, die es vor Schülern rechtfertigten und JEDES hatte seine Justiz, die es verteidigte.

Seltsam nur, dass manche Personen für verschiedene Systeme arbeiteten und alle verteidigten.     

  

Sonntag, 19. Oktober 2025

STEPHEN JAY GOULD

14.09.2025 - 21.09.2025 - 19.10.2025

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/2/21/Stephen_Jay_Gould_2015,_portrait_(unknown_date).jpg
Stephen Jay Gould


* 10.09.1941 in New York City (Queens)
+ 20.05.2002 in New York City

Steven Jay Gould war ein US-amerikanischer Paläontologe, Evolutionsbiologe, Geologe und Wissenschaftshistoriker.
Gould lehrte v. a. an der Harvard-Universität und schrieb außerdem populärwissenschaftliche Bücher und Essays. Manche verglichen seinen Stil sogar mit Montaigne.
Anders als manch ein Biologe hatte Gould die Angewohnheit, sein Fach nichts rechts, sondern links zu "lesen". So hinterfragte er traditionelle Begriffe wie "Intelligenz" und "IQ" und stand dem Darwinismus und Sozialdarwinismus kritisch gegenüber. So versuchte er zu zeigen, dass in der Evolution nicht immer das Stärkere bzw. Angepasstere ("fittest") gesiegt und somit die Evolution vorangetrieben habe, sondern dass es auch andere Optionen gab. Beispielsweise war nach Gould die Evolution nicht nur graduell, sondern blieb manchmal eine Zeit lang auf einem Punkt stehen und verweilte (stasis).


LEBEN

Gould wurde in Queens in New York City geboren. Sein Vater Leonard war ein Gerichtsschreiber (Stenograph) und diente im Zweiten Weltkrieg in der US Navy.
Seine Mutter Eleanor war Künstlerin. Ihre Eltern waren jüdisch-europäisch Einwanderer und lebten im Manhattener Garment District, in dem Stoffe und Kleidung hergestellt wurden.

Stephen und sein jüngerer Bruder Peter wuchsen als Mittelschichtskinder in der Bayside in Queens auf. Schon als Fünfjähriger besuchte Gould mit seinem Vater das American Museum of Natural History und bestaunte Skelette von Dinosauriern.

Gould besuchte die Jamaica High School und wuchs säkular-jüdisch auf.
Schon früh war er auch politisch links aktiv. Sein Vater galt als Marxist. Er selber wollte weniger dogmatisch vorgehen und las "The Power Elite" von C. Wright Mills und die Schriften von Noam Chomsky.

Nach der Schulzeit ging Gould auf das Antioch College in Yellow Springs (Ohio) und studierte dort Paläontologie und Evolutionsbiologie. Dort kämpfte er aktiv gegen die Rassentrennung in Restaurants und diversen Einrichtungen. Später protestierte er auch gegen den Vietnamkrieg.
Gould sah die Gefahr, dass Naturwissenschaften wie die Biologie für Unterdrückungszwecke eingesetzt werden könnten und Pseudobegründungen für Rassismus und Sexismus liefern könnten.
An der Columbia University wurde Gould 1967 promoviert. Es folgten Karrierestufen als Assistant Professor, als Associate Professor (1971) und als Professor für Geologie (1973) an der Harvard Universität.
1975 erhielt Gould den Charles Schuchert Award.
1981 war er MacArthur Fellow.
1983 wurde Gould Mitglied der American Acadamy of Arts and Sciences.
1989 wurde Gould Mitglied der National Academy of Sciences.
1989 erhielt er die Sue-Tyler-Friedman-Medaille. 
1987 war er Präsident der Paleontological Society.
1990 wurde Gould zum Ehrenmitglied (Honorary Fellow) der Royal Society of Edinburgh gewählt.
2002 erhielt Gould die Paleontological-Society-Medaille.
2008 erhielt er posthum die Darwin-Wallace-Medaille der Linnean Society of London.

Typisch für Gould war aber, dass er trotz seiner ernsten Beschäftigung mit Wissenschaft und Politik immer wieder auch lustige Sachen machte. In seinen wissenschaftlichen Aufsätzen, die er für Magazine wie "Natural History" schrieb, streute er immer wieder auch seine Hobbys und private Gedanken ein. Besonders der Baseball hatte es ihm seit seiner Jugend angetan und er war ein lebenslanger Fan der New York Yankees.
Ein weiteres Hobby von Gould waren Science-Fiction-Filme, denen er aber oft Mängel in der Handlung und in der naturwissenschaftlichen Unterfütterung vorwarf.
Außerdem sang Gould Bariton in der Boston Cecilia und er war ein großer Bewunderer von Gilbert-und-Sullivan-Opern. Das waren Opern aus der Zeit vor 1900 von W(illiam) S(chwenck) Gilbert und Arthur Sullivan.
Weitere Hobbys waren Architektur, das Sammeln alter Bücher, das Lernen von Sprachen, Stadtspaziergänge und Reisen. Gould sprach neben Englisch Französisch, Italienisch, Deutsch und Russisch.


ERKRANKUNG

Gould erkrankte im Juli 1982 an einem Mesotheliom.
In seinem Essay "The Median isn't the Message" und in seinem Buch "Illusion Fortschritt" beschrieb Gould seine Reaktion auf die Aussage der Ärzte, zum Diagnosezeitpunkt betrage die restliche Lebenserwartung im Median nur 8 Monate. Wegen der frühen Diagnose der Erkrankung und weiteren günstigen Variablen hatte Gould gute Chancen, zu jener Hälfte der Erkrankten zu gehören, die länger als 8 Monate überlebten.
Schließlich wurde die Krankheit durch neue Heilmethoden sogar besiegt.
Allerdings starb Gould am 20.05.2002 an Lungenkrebs.


WIRKEN UND WERK

Gould vertritt in seinen Veröffentlichungen einen makroevolutionären Ansatz.
Mit Niles Eldredge hat er die Theorie des unterbrochenen Gleichgewichts (punctuated equilibrium; Punktualismus) entwickelt.
Die Theorie geht davon aus, dass die Evolution nicht mit konstanter Geschwindigkeit in stetigen kleinen Schritten erfolgt (Gradualismus), sondern als Wechsel zwischen kurzen Phasen mit schneller Veränderung und langen Phasen ohne (oder mit wenig) Veränderung (stasis).
Gould vertritt mit Niles Eldredge die Theorie des "unterbrochenen Gleichgewichts" (punctuated equilibrium; Punktualismus). 
Heute ist herrschende Meinung, dass Evolution schon in unterschiedlichen (variablen) Geschwindigkeiten (Sg. oder Pl.) erfolgt, aber nicht so extrem wie in der Theorie des Punktualismus beschrieben.
(Goulds Ansatz wurde bisweilen gegen seinen Willen in Richtung der "Theorie des Hopeful Monsters" von Richard Goldschmidt geschoben.)
Für Gould wird Evolution auch sehr stark durch Zufälle bestimmt. In diesem Sinne revidiert er die Forschungsergebnisse des Burgess-Schiefer über die kambrische Explosion (Kontingenztheorie der Evolution).

Nach Gould können Organismen auch ohne Wandel mit großen Umweltveränderungen fertig werden.
Publizistisch unterstrich er das in Stephen J. Gould/Richard C. Lewontin (1979) und Stephen J. Gould/Elisabeth Vrba (1982).

Gould verfolgt mit seinem Punktualismus durchaus auch einen politischen Ansatz:
Er sieht den Begriff der natürlichen Selektion als durchaus problematisch an.
Denn dieser Begriff lässt sich leicht für rechte Ideologien instrumentalisieren.

In den Aufsätzen "The Spandrels of San Marco and the Panglossian Paradigm. A Critique of the Adaptionist Programme" (1979) mit Richard C. Lewontin und "Exaptation. A missing Term in the Science of Form" (1982) mit Elisabeth Vrba vertritt Gould die These, dass Eigenschaften eines Organismus auch ohne direkten Funktionsbezug überlebt haben können (vgl. Wikipedia).
Für Gould kann die natürliche Selektion auch eine funktionelle Negativauswahl hervorbringen und nicht (oder nicht nur) eine Positivauswahl bestimmter Eigenschaften in adaptionistischer Manier.
Im ersten Aufsatz greifen Gould und Lewontin die Idee der übertriebenen (?) Anpassung an ("adaptionist program"). Bis heute wird über das Ausmaß der Adaption von Organismen in ihren Populationen gestritten.
Gould und Lewontin wehren sich gegen eine vermeintlich überzogene Einzelbetrachtung ("Atomisierung") von Merkmalen, die einzeln der Selektion unterliegen und adaptiert werden. Zahlreiche Merkmale seien nicht-selektierte Nebenprodukte anderer, adaptierter Merkmale.
Der zweite genannte Aufsatz betont im Titel das Konzept der Exaptation. Danach wird ein Merkmal zunächst für eine andere Funktion selektiert und adaptiert als die, die (dann) als die dominierende gesehen wird.


KRITIK

Stephen Jay Goulds Thesen wurden inhaltlicher Kritik unterzogen. Manche störte auch sein Auftreten mit linken Symbolen und "Säulenheiligen" in seinem Dienstzimmer.

Ernst Mayr kritisierte Goulds Angriff auf die evolutionäre Anpassung. Auch er gab aber zu, dass Anpassung zu keinem perfekt optimierten Prozess führe, weil "stochastische Prozesse und andere Constraints" und Peiotropie eine perfekte Adaption verhinderten.
Schon Darwin hat die Möglichkeit einer perfekten Anpassung verneint.
Pleiotropie (πλείων/pleíōn - mehr; τροπή/tropē - Wende, Veränderung) meint in der Genetik die Ausprägung unterschiedlicher phänotypischer Merkmale durch ein einzelnes Gen.

Daniel Dennett kritisiert, dass Gould et al. zwar den Darwinismus in einigen Punkten kritisiert hätten, dass das Gesamtgebäude des Darwinismus aber nie erschüttert worden sei. Dennett stört sich besonders an den Thesen in Goulds Aufsatz "The Spandrels of San Marco and the Panglossian Paradigm" von 1979.

 

Sonntag, 21. September 2025

CHAD HAAG

18.09.2025


Post from Chad A Haag Philosophy Channel
Chad Haag


Chad A. Haag ist ein US-amerikanischer Philosoph.

-

Haag beschäftigt sich mit europäischer Philosophie in Antike, Mittelalter und Neuzeit und mit außereuropäischer Philosophie.
Schwerpunktthemen sind z. B. die Philosophie des Geistes von Hegel, die Hermeneutik, die Peak-Oil-Philosophie, die Tiefen-Ökologie (Deep Ecology) von Pentti Linkola  und die radikale Technikkritik von Denkern wie John Zerzan und Ted Kaczynski.
Die tödliche Gewalt des als "UNAbomber" bekannten Ted Kaczynski lehnt Haag aber trotz Sympathien für dessen Gedanken ab.

Haag hat an der University of Northern Colorado zuerst Philosophie im Hauptfach studiert.
Dann erwarb er an der University of Colorado Boulder den Master in Vergleichender Literatur.

Chad Haag hat zur Veröffentlichung seiner philosophischen Ansichten einen Youtube-Kanal eröffnet, der aber später gesperrt wurde. Dabei sind seinen Aussagen zufolge über 700 Videos verlorengegangen.
In einigen Gesprächen und Vorträgen ist er aber noch auf Youtube zu sehen.

Chad Haag ist mit Minu Haag verheiratet. Das Paar lebt 2025 in Uchakkada in Kerala in Indien.


VERÖFFENTLICHUNGEN

A Critique of Transcendental Memology: A Peak Oil Philosophy of Truth; 2018

The Philosophy of Ted Kaczynski: Why the Unabomber was Right about Modern Technology; 2019

The Hermeneutics of Ecological Limitation: Ecophilosophy Beyond Environmentalism; 2019

Hermeneutical Death: The Technological Destruction of Subjectivity; 2020

The Later Philosophy of Pentti Linkola; 2020

Social Justice Madness; 2021


Sonntag, 14. September 2025

MEINUNG/KOMMENTAR: DIE WELTWEITE SICHERHEITSLAGE IM JAHRE 2025

14.09.2025


Geopolitik (pixabay.com; Vilius Kukanauskas)


In den deutschen Medien wird viel über die militärische Lage in Osteuropa gesprochen.
Gleichzeitig berichtet man über den immer weiter eskalierenden Krieg um Israel.

Über die permanenten Kriege in Teilen Afrikas wird wenig gesprochen.
Auch nicht über die aus unserer Sicht riesengroße Kriegsgefahr in Ostasien.

Es ist Zeit, das einmal kurz zu kommentieren.
Zuerst einmal zum Ukrainekrieg...


0. VON GROẞEN UND KLEINEN KRIEGEN

Nach dem Kalten Krieg sagten viele, die Zeit der Großen Kriege sei vorbei, jetzt sei die Zeit der kleineren Militäroperationen, quasi wie "Weltpolizeioperationen", wenn man an das Werk "Empire" von Hardt/Negri denkt. (Wenn man die Weltherrschaftsstruktur als einziges Empire sieht, dann sind Kriege Teil der Innenpolitik und damit Polizeiaktionen.)

Das war aber nur vorübergehend so und auch nur deshalb, weil die USA die einzige verbliebene Weltmacht waren.
Es deutet sich seit einigen Jahren an, dass wieder eine Zeit der Großen Kriege heranbricht.

Als Hauptakteure sehen wir die USA, Russland und China. Als Hauptkonfliktlinie sehen wir die (gesamte) Küste Ostasiens.
Denkbar ist aber auch eine große Explosion um Indien herum, also Südasien, oder eine weitere Eskalation des Krieges in Osteuropa.


I. DER UKRAINEKRIEG IN OSTEUROPA

Bezüglich des Ukrainekriegs wird nicht nur die Grausamkeit des Krieges angesprochen, sondern auch immer wieder die Schuldfrage kontrovers diskutiert.
In den Medien wird meist die Haupt- oder Alleinschuld bei Russland gesucht.
Im Internet gibt es nicht wenige, die die Schuld bei Washington und Kiew suchen.

Aus unserer Sicht haben Machtpolitiker in den USA UND Russland den Konflikt schon seit Jahren eskaliert. Dabei ist das nicht die gesamte Machtelite oder gar das gesamte Volk, sondern bestimmte Gruppen von Kriegstreibern in den jeweiligen Ländern.


Die US-Seite

In den USA sind die Vorantreiber einer imperialen Politik v. a. die Neocons, einige traditionalle Konservative und Geostrategen wie der 2017 verstorbene Zbigniew Brzezinski.

Das Ziel der US-Außenpolitik - und aus friedenspolitischer Sicht ihr Fehler - war, dass man nach dem Ende des Kalten Krieges 1990/91 nicht Ruhe gab, sondern Russland weiter provozieren und damit in Schach halten wollte.

Zbigniew Brzezinski hat das in aller Deutlichkeit in seinen Büchern, Artikeln und in Interviews gesagt:

In "The Grand Chessboard" (1997) hat Bzezinski schon vor fast 30 Jahren geschrieben, dass die USA zur Wahrung ihrer führenden geopolitischen Stellung nach dem Kalten Krieg Russland überall um das Land herum reizen müssten. Eine besondere Rolle komme dabei der Ukraine zu, über die Russland seine Kontrolle verlieren müsse.
Brzezinski sah Eurasien als geopolitisches Schachbrett (Buchtitel!), auf dem die kommenden Machtkämpfe ausgetragen würden. Auf diesem sah er Russland mehr als Gegner als China (was viele Strategen in den USA anders sehen).
Europa und Japan sah er politisch-millitärisch nur als semi-autonom und als von den USA abhängig an. Südamerika und Afrika widmete er nur wenig Beachtung.

Brzezinski war ein Hardliner, eine Art demokratisches Pendant zum Republikaner Kissinger.
Biographisch hatte er subjektiv Gründe dafür: Sein Vater war polnischer Diplomat und wusste, wozu die frühe Sowjetunion gegenüber Polen fähig war. Daher kam sein Russland-Hass.

Man kann durchaus sagen, das Brzezinski die US-Außenpolitik für polnische Zwecke umfunktionieren wollte, so wie es die Neocons für Israel tun.
Dies brachte ihm besonders die Kritik der isolationistische Rechte in den USA ein, nämlich dass US-Blut für ein anderes Land geopfert werde.
Auf Seiten der Linken hat dies Michael Moore benannt.

Brzezinski hat schon im Kalten Krieg die Idee propagiert (wenn auch nicht er alleine), um die Sowjetunion herum einen islamischen "Green Belt" zu legen (und das Land im Westen durch Solidarnocs im katholischen Polen zu provozieren), um es zu schwächen.

Diese Strategie hat im Sinne eines Zusammenbruchs der Sowjetunion zwar funktioniert, aber über eine Million Menschenleben gekostet, riesige Gebiete verwüstet und den USA den antikommunistischen Zauberlehring beschehrt, der danach in Form von Bin Laden und anderen gegen seinen Meister USA selbst ziehen und schließlich das World Trade Center zum Einsturz bringen sollte.
Schon als die Sowjets sich aus Afghanistan zurückzogen, skandierten einige Rebellen, jetzt werde man auch die USA angreifen.

Der späte Brzezinski hat die Fehler seiner Politik, zumindest den "Imperial Overstretch", wenigstens etwas erkannt und in seinem Buch "Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power" (2012) fünf Jahre vor seinem Tod 2017 auch benannt.

Man kann es selber daran sehen, dass in Teilen der USA (nicht im ganzen Land) die Infrastruktur verkommt, während man gleichzeitig in fast jedes Land der Erde einmarschieren kann (ob man es halten kann, steht auf einem anderen Blatt).


Die russische Seite

Auch auf Russland gibt es Hardliner und Propagandisten einer imperialen Politik.
Der Kreis um Putin ist bekannt dafür.
Das geopolitische "Pendant" zu Zbigniew Brzezinski ist Alexander Dugin.

Der Punkt ist, dass Russland sich zwar einerseits durch die NATO-Erweiterungen bedroht fühlt, andererseits aber selber Provokationen inszeniert, um einen Kriegsvorwand zu haben.

Im Jahre 1999, als Putin noch Präsidentschaftskandidat und kaum bekannt war, explodierten in und um Moskau Wohnhäuser. Dadurch starben ungefähr 300 Menschen.
Zusätzlich kam es zu Zwischenfällen in Dagestan.
Putin wurde dadurch zum einen Präsident und hatte zum anderen einen vermeintlichen Kriegsgrund, Tschetschenien anzugreifen, dass nach dem vorangegangenen Ersten Tschetschenienkrieg zwar autonom, aber nicht unabhängig war.

Das Problem ist aber folgendes: Es bestehen größte Zweifel, ob die Anschläge auf Moskauer Hochhäuser und die Zwischenfälle in Dagestan wirklich von Tschetschenen ausgingen.
Folgendes ist zu beachten:

  • in einem Fall ging eine Hochhausbombe nicht hoch, weil ein aufmerksamer Anwohner drei Personen beobachtete, die Sprenggranulat in Säcken in den Keller des Hauses trugen;
    der Anwohner informierte die Polizei
  • die Polizei nahm aber keine Tschetschenen fest, sondern zwei Männer und eine Frau, die sich als Mitarbeiter des Geheimdienstes FSB herausstellten
  • die Sprengstoffgranulat-Säcke für die Hochhaussprengungen waren als Zuckersäcke gekennzeichnet (später auch "Ryazan Sugar" genannt);
    in Kasernen gab es Soldaten, die an diesen angeblichen Zuckersäcken naschten, das Granulat ausspuckten und dann im Labor untersuchen ließen;
    dadurch kam heraus, was es wirklich war
  • Alexander Litwinienko, der selber Insiderinformationen hatte und um sein Leben fürchtend nach Großbritannien flüchtete, veröffentlichte über diverse False-Flag-Operationen das Buch "Blowing Up Russia"
  • danach wurde er mit radioaktivem Polonium vergiftet 

Man sieht an solchen Dingen, dass auch Russland falsch spielt.
Es reagiert nicht nur auf ausländische Provokationen, sondern schafft selber welche, die dann als Vorwand dienen, in Nachbarländer einzuwirken (z. B. durch Bestechung, Bedrohung und Geheimdienstmorde) und notfalls auch einzumarschieren.









Sonntag, 7. September 2025

MEINUNG/KOMMENTAR: DIE MENSCHHEITSGESCHICHTE AN SICH

07.09.2025

pixabay.com (Piyapong Saydaung)


Wenn man sich die Menschheitsgeschichte anschaut, dann war es auch immer eine Geschichte der Instabilität.

Immer wieder wollten macht- und ruhmsüchtige Herrscher etwas erobern und an sich reißen. Manchmal gelang es, manchmal überschätzten sie sich dabei.

Das "einfache Volk" war manchmal unwillig, ihnen zu folgen, weil für die einzelnen Menschen und die Familien viel auf dem Spiel stand, manchmal ließ sich das Volk auch mitreißen.

Selten gelang es, einfach einen ruhig funktionierenden Status Quo zu halten.
Manchmal gelang es auf Zeit und in einer begrenzten Region.

Man mag auch an den berühmten Satz aus Blaise Pascals "Gedanken" denken:
"Alle Probleme der Weltgeschichte kommen nur daher, dass die Menschen nicht ruhig hinter ihrem Tisch sitzen können (in einem Zimmer bleiben)."

In großen Teilen Europas gab es nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1945 eine lang anhaltende Friedensperiode, in der eine große Infrastruktur aufgebaut werden konnte.
Doch diese Phase des Friedens wirkte nicht übrerall:

  • auf den Zweiten Weltkrieg folgte der Kalte Krieg mit der ständigen Gefahr atomarer Zerstörung
  • weltweit gesehen war die Zeit nach 1945 keineswegs überall eine Friedenszeit
  • auch in Europa selbst herrschte nicht überall Frieden:
    in Teilen Osteuropas gingen die Kampfhandlungen nach 1945 weiter (ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg);
    das Ende des Kalten Krieges wäre auch in Europa beinahe blutig geworden;
    nach dem Ende des Kalten Krieges brach auf dem Balkan der Yugoslawienkrieg aus

Insgesamt gesehen wäre es "normativ" besser, wenn man andere Ziele formulieren und angehen würde:

  • weltweite Verbesserung des Wohlstandes
  • Weiterentwicklung der Medizin zum Wohle aller
  • Vermeidung von "Modernisierungsfallen" wie Übertechnisierung, Überkomplexität, Entfremdung und unsinniger Beschleunigung
    (das bedeutuet nicht: Technikfeindlichkeit)
  • gegebenenfalls Besiedlung anderer Planeten oder Monde
  • Freibier für alle!