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Montag, 27. Januar 2014

STEFAN HENTSCHEL



* 30.09.1948 in Chemnitz-Gablenz
+ 18.12.2006 in Hamburg

Stefan Hentschel war ein deutscher Geschäftsmann, Zuhälter und Boxer.

Anhang:
Crime-Pool
Die Banden auf St. Pauli



JUGEND

Stefan Hentschel wurde in der Nachkriegszeit im sächsischen Chemnitz-Gablenz geboren.
Dort wuchs er unter erschwerten Bedingungen in einer ländlichen Umgebung auf. Seine Eltern mussten sich hart vorankämpfen und liessen ihren Frust auch an den Kindern aus. Als sich das DDR-Regime konsoldierte, flohen Hentschels Eltern ohne ihn nach Hamburg. Hentschel wuchs bei seiner Grossmutter auf, zu der er ein Leben lang ein gutes Verhältnis haben sollte und wurde in der Schule als Kind von "Republikflüchtlingen" schickaniert. Man isolierte ihn in der Pause sozial und griff ihn für das Tragen von Nietenhosen (Jeans) an.

Hentschel zeigte früh soziale Auffälligkeiten und lernte zur Selbstverteidigung das Boxen.
Als er neun Jahre alt war, zog er zu seinen Eltern nach Hamburg. Seine Grossmutter zog später nach.
Dort fühlte er sich in der Schule nicht gerade wohl und trieb sich viel in der Natur herum. Dort traf er schon früh den jungen Werner Pinzner, der später einmal als Killer auf ihn angesetzt werden sollte.
Hentschel war in der Schule schlecht in Mathematik und verwüstete in Wutanfällen manchmal Räume. Problematisch erwies sich in der Schule auch sein anfänglicher sächsischer Dialekt, der später hanseatisch überlagert werden sollte.

Hentschel orientierte sich zunächst beruflich in Richtung Kfz-Technik. Sein Vater hielt das für das beste. Innerlich war er aber sehr freiheitsliebend. Später sollte er als Lkw-Fahrer arbeiten und wenig verdienen.
Dann wurde er zur Bundeswehr eingezogen. Einerseits störte es ihn, dass er seine gerade errungene finanzielle Unabhängigkeit schon wieder verlieren sollte, andererseits war die Bundeswehr für ihn eine sportliche Herausforderung. Auch hier reagierte er auf Schikanen mit Gegengewalt. Als ihn ein Vorgesetzter mit Toilettensteinen bewarf und auch seinen Kopf traf, schlug er diesen zusammen.
Gleichzeitig stellten sich hier schon die ersten Weichen für seine spätere Karriere. Als ihn die Kameraden auf seiner Stube, die im Gros aus dem Ruhrgebiet kamen, aufforderten, ihnen einmal die Reeperbahn zu zeigen, fühlte er sich aufgerufen und gab den Kenner. Ihm gefiel die Freiheit des Reeperbahnmilieus, aber er sah die Gefahren nicht.


KONTAKT ZUR REEPERBAHN

Nach der Wehrdienstzeit und einigen kurzen Jobs beschloss Hentschel, sich auf der Reeperbahn niederzulassen und eröffnete ein Boxstudio. Hier bildete sich früh ein Freundeskreis heraus.
Auch privat verlief Hentschels Leben ziemlich sprunghaft. Mit seiner ersten Frau hatte er eine Tochter gezeugt, ist von ihr bald darauf wegen seiner Untreue aber verlassen worden.
Hentschel betrat auch schon die Kiezkneipe "Die Ritze" des Wirtes Hanne Kleine, die schnell so etwas wie ein soziaeler (soziologischer) Netzwerkknoten für das Milieu wurde. Die Ritze entstand durch Umbau eines Wohnhauses und einer Garage und war von Hanne Kleine strategisch geschickt in der Nähe des Grossbordells "Palais d'Amour platziert worden (das keine Schanklizenz besass). Ihre Untergliederund war interessant: Vorne war sie eine gewöhnliche Kneipe mit Pornofilmen auf den Bildschirmen, unten war sie ein Boxstudio und im Hinterzimmer wurden geheime Geschäftsbesprechungen getätigt.
Hier sollte Hentschel aber auch auf seine späteren Gegner treffen. Das Palais d'Amour war neben dem Eros-Center eines der beiden Grosspuffs ("Nuttensilos"), die in den späten 60er-Jahren gebaut worden waren, um die grassierende Strassenprostitution einzudämmen.

Hentschel betrat aber noch ein anderes wichtiges Etablissement: Aufgrund der Einladung eines wohlhabenden Besuchers seines Boxstudios ging Stefan Hentschel mit seinen Boxkumpels in das Edelbordell "Café Cherie", das zum Imperium des "Paten von St. Pauli" Wilfried Schulz gehörte. Dort verliebte er sich in eine der Prostituierten, was wiederum dazu führte, dass sie zu ihm überwechseln wollte. Auf dem Kiez ging das ohne sog. "Abstecke" nicht. Als Ergebnis kam die Dame mit blaugeschlagenem Auge bei Hentschel an und teilte ihm mit, ihr "Macker" Zuhälter wolle ihn sehen und Abstecke haben. Hentschel, der weder zahlen konnte noch wollte, rückte mit seiner ganzen Boxtruppe bei "Luden-Schorsch", ihrem steil geföhnten Zuhälter an. Hentschel gab Anweisung, gleich einmal den Billardtisch vor die Tür zu rücken, damit Schorsch nicht abhauen konnte, gab dem am Tisch sitzenden Zuhälter eine klare Ansage und erwirkte mit Druck die Unterzeichnung der Abtretung seiner Prostituierten. Die Leibwächter Luden-Schorschs trauten sich nicht, einzugreifen. Wären sie mit Pistolen bewaffnet und bereit gewesen, diese einzusetzen, hätte es für Hentschel und seine Anhänger auch Kopfschüsse geben können, wie er später in seiner Autobiographie einräumte.
Dieser extreme Auftritt sprach sich auf der Reeperbahn gleich herum. Auch Wilfried Schulz, der Pate von St. Pauli, bekam davon Wind. Er lud Hentschel ein und bot ihm gleich das Du an. Dann bot er ihm an, bei seinen Geschäften und einer möglichen Boxerkarriere behilflich zu sein. Der Pakt mit dem Milieu war geschlossen.

Hentschel, der schon Jahre lang Kraft trainiert hatte, wollte nun auch offiziell Boxer werden. Ihm fehlte jedoch noch die Schnelligkeit. Sein erster Boxkampf sollte jedoch auch sein letzter werden: Am 21.09.1973 trat er gegen Erwin "Big Ali" Josefa an, ging jedoch schon in der zweiten Runde K. O. Nach dieser Niederlage vor der 6. Minute brauchte Hentschel im Milieu für den Spott nicht zu sorgen. Als Reaktion schlug er mehrere Spötter behandlungsreif, so dass sie mit dem Schubkarren nach Hause gefahren werden mussten.

Nicht nur die Boxkarriere war ausgeträumt, sondern auch das Boxstudio geriet durch Konkurrenzangebote in Schieflage. Deshalb baute Hentschel parallel dazu eine Existenz als Gastronom auf. Sein erster bekannter Laden war das Mic-Mac. Hier trafen sich abends auch Prominente, darunter der Tagesschau-Sprecher Werner Veigl, um einen Absacker zu nehmen. Daneben stieg er in das Geschäft mit Prostitution ein.
Hentschel zeigte also schon hier, dass er durchaus geschäftlichen Erfolgswillen hatte, wusste aber auch, dass sein Status bedroht war und besorgte sich die erste kleine Schusswaffe.



DIE 80ER UND DER KIEZKRIEG

Bei der Wende zu den 80er-Jahren wurde das Leben auf dem Kiez gefährlich. Die Geschäfte waren intensiver geworden: Durch Wirtschaftskrise und AIDS-Angst drohten Verluste, durch Glücksspiel und v. a. durch Drogenhandel lockten dagegen Gewinne. Schon früher wurde auf dem Kiez mit illegalen Aufputschmitteln wie Pervitin und Captagon gehandelt. Jetzt schwappte die Kokainwelle aus den USA nach Europa.
In diesem riskanten "Mischgeschäft" wollten mehrere Gruppierungen mitverdienen. Wilfried Schulz war immer noch im Geschäft aktiv, zog sich aber bald schrittweise zurück. In den 70ern war mit der GMBH eine grosse Bande gegründet worden, die über viele Prostituierte und ein grosses Finanzimperium verfügte. Weitere Gruppen wie die Nutella und die Chikago-Gruppe um das Café Chikago am Hans-Albers-Platz südlich der Reeperbahn gingen in Stellung und meldeten sich zu Wort.
Daneben gab es kleinere Gruppen, Rocker wie die Hells Angels und diverse Jugendbanden wie die Street Boys.

Für Hentschel öffneten sich neue Geschäftswege, aber zuerst wurde er "abgegriffen". Eine Prostituierte, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie ihrem Geschäft weiter nachgehen sollte oder nicht und von ihm zusammengeschlagen wurde, zeugte ihn wegen Vergewaltigung an. Das Gericht, dass ihn dafür und auch wegen seiner Partnerschaft mit Wilfried Schulz abstrafen wollte, zog ihn daraufhin aus dem Verkehr. Im ersten Anlauf hatte die Polizei sogar irrtümlich das Haus seines Bruders gestürmt und diesen verhaftet.
Hentschel war über die ungefähr dreijährige Haftstrafe zunächst geknickt, erkannte dann aber seine geschäftlichen Chancen. Als er in eine etwas mildere Strafanstalt verlegt wurde, schmuggelte er in Reinigungskanistern Alkoholika für seine Mithäftlinge. Er liess sich diesen Kurierdienst, für den er extra seine Freunde in der Ritze als Versorger aktivierte, zünftig bezahlen. Und er wurde, anders als sein Noch-Freund Werner Pinzner, der es im Knast mit Haschischschmuggel versuchte, nicht erwischt.

So konnte er, trotz der Demütigung durch den Knastaufenthalt, in dem er sich mit Gewaltverbrechern und Rockern mit tätowiertem Glied herumschlagen musste, nach seiner Freilassung als Sieger fühlen.
Hentschel stieg mit dem selbst verdienten (wenn auch nicht legal) Geld gleich in das Puffgeschäft ein und kaufte sich im Eros-Center ein. Dazu fand er als begabten Geschäftspartner Axel Gantwurzel. Mit diesem stieg er in das "Dick & Doof" ein, das Hentschel aber in "Salon Mademoiselle" umbenannte, weil sein Geschäftspartner dick war und er nicht doof sein wollte. Zu Beginn dieser Partnerschaft vertrieb Hentschel aber Gantwurzels bisherigen Geschäftspartner "Diddi". Der Salon wurde vor der Neueinweihung durch den Kiez-Maler ("Kiez-Rubens") Erwin Ross kostenintensiv neu hergerichtet. Das Geschäft konnte beginnen.
Hentschel wirkte in seinem jugendlichen Charme so anziehend auf die Frauen, dass er mit 4 Frauen in der Tagesschicht anfing und nach kurzer Zeit 27 hatte, die für ihn anschaffen wollten. Die Geschäfte liefen schnell so gut, dass Hentschel auch in das Bel-Ami investieren konnte, wobei er sich aber damit auch in die bald aufkommenden Kiezstreitereien einkaufte. Hentschel hatte noch diverse andere Investitionen und mietete für sich später eine schöne Wohnung in der Annenstrasse.
Das Eros-Center entwickelte sich für Hentschel so eher zu einem freundschaftlichen Terrain, das Palais d'amour war hingegen das Terrain, auf dem sich neben dem Chikago seine Gegner sammelten.

Besonders heikel war, dass sich zu Anfang der 80er-Jahre Kiezauseinandersetzungen zwischen den Banden GMBH, Nutella und später auch Chikago abzeichneten, aber mit der Zeit auch innerhalb der Banden selbst.
Die Allianzbildung war sehr unstet und viele Luden wechselten schnell die Seite.
Stefan Hentschel selbst achtete auf seine Unabhängigkeit, hatte aber eine gewisse Nähe zur späten GMBH.

Im Jahre 1981 wurde bereits Friedrich "Chinesen-Fritz" Schroer in der Ritze erschossen. Ermittler vermuteten, dass er von seinem ebenfalls anwesenden Puffpartner Josef Peter "Wiener Peter" Nusser dorthin gelockt wurde. Nachgewiesen werden konnte das aber nicht. Schroer fiel durch die Schüsse eines in die Ritze tretenden Killers vom Hocker.
Ebenfalls in diese Zeit fallen mehrere Morde an V-Männern, die wohl darauf zurückzuführen waren, dass eine undichte Stelle im Polizeipräsidium (Hans Zühlsdorf?) sie über das Café Cherie an andere Milieuakteure weiterverkaufte.
Im Jahre 1982 wurde es noch schlimmer. Die GMBH verlor ihr M, Michael Luchting. Sein Ego war durch den Kokainkonsum etwas übermütig geworden und in Gran Canaria war er nach dem Versuch, Touristinnen zur Prostitution zu "poussieren", im Gefängnis gelandet und musste mühsam freigekauft werden (Kaution). Und noch vor seiner Beerdigung kam es zu einer Schiesserei im Eros-Center, bei der Jürgen "Angie" Becker und Klaus "SS-Klaus" Breitenreicher von der Nutella starben.
Beim Tod von Michael Luchting ist nicht ganz klar, ob es sich um Mord oder Selbstmord handelte. Er wurde erhängt bei einem Hamburger Hochsitz aufgefunden. Einige Umstände der Tat sind mysteriös. Es wurden zwei seltsam formulierte Briefe des Toten in seinem Auto gefunden, in seine Wohnung wurde eingebrochen und zwei Personen aus seinem Umfeld sind vorher ermordet worden. Als Verdächtige wurden die GMBH selber, Werner Pinzner oder sogar beide genannt.
Bei der Schiesserei wollte die Nutella nach einer vorangegangenen Streiterei unter zwei Huren der GMBH zeigen, "wo der Bertel seinen Most holt". Nachdem sie das Personal im Salon Bel-Ami vor Konsequenzen gewarnt hat, um diese einzuschüchtern, waren die Luden vorbereitet und empfingen die drei Angreifer der Nutella (angeblich warteten noch mehrere als Reserve in der Tiefgarage) mit Pistolen. Diesen Angriff überlebte von der GMBH nur Thomas Born, der sich gerade noch mit einem Bauchschuss und einem Sprung durch die Tür retten und ins Krankenhaus fliehen konnte.
Stefan Hentschel sind keine Verbindungen zum möglichen Luchting-Mord nachzuweisen, obwohl er eine Nähe zur späten GMBH hatte. Zur Tat im Bel-Ami hatte er nur indirekt Bezug, weil er die Bordellbetreiber kannte und selber dort investiert hatte.
Auf jeden Fall war durch diese anfangs durch zufällige Aktionen ausgelöste Eskalation klar, dass wieder eine generelle Neuordnung der Machtverhältnisse am Kiez anstand. Der Kiez-Krieg hatte begonnen.

Auf der Beerdigung in Ohlsdorf, der von vielen Journalisten und selbstverständlich von der Polizei als "Ludenschau" gesehen und abgefilmt wurde, zeigte er sich mit Vertretern der GMBH.
Die GMBH selber stand schon unter einem hohen Fahndungsdruck und war bald gezwungen, sich selbst aufzulösen. Mit solchen Mitteln versuchen Banden, Ermittlungen gegen eine "kriminelle Vereinigung" zuvorzukommen, was strafverschärfend wirken kann. Der Ökonom der GMBH, Gerd Glissmann, gab einige Anteile an Rocker-Gruppen weiter.
Die Bildung einer kriminellen Vereinigung ist eine opferlose Straftat und gegen Organisationsdelikte wie Bandenkriminalität und Terrorismus gerichtet. Unabhängig von solchen Vorwürfen aber versuchen Fahnder Banden wie die genannten über die einzelnen begangenen Delikte wie Körperverletzung und Nötigung zu belangen. Kann man die Banden so nicht direkt packen, versucht man es über Ermittlungen wegen Steuervergehen. 

Die Gruppe um Hentschel setzte sich in etwa wie folgt zusammen: Hentschel verfügte aus der Zeit seines Boxstudios über einen festen Freundeskreis von Boxern und Bodybuildern, der den ganzen Kiezkrieg über ziemlich konstant blieb. Darunter waren Männer mit Spitznamen wie "Goldlocke", "Ditsche" und der Holländer "Henk".
Daneben arbeitete er mit seinem Hauptgeschäftspartner Axel Gantwurzel zusammen.
Als sich die GMBH in der Endphase befand, begann Hentschel darüber hinaus noch eine Zusammenarbeit mit Gerd Glissmann und Uwe Schwensen, einem Halbbruder von Kalle Schwensen, der in der GMBH der Nachfolger des Verstorbenen Michael Luchting war.
Weiterhin arbeitete Hentschel gerne mit "Halbschwarzen" zusammen, die oft Kinder von schwarzen US-GIs waren. Der berühmteste darunter war Waldemar "Neger-Waldi" Dammer, dem im Eros-Center u. a. das Hollywood gehörte. Hentschel hielt sich in seinen ausgiebigen Urlauben auch gerne in Gegenden mit schwarzem Kultureinfluss auf.

Als nächstes stand eine Mordserie auf dem Kiez an, die erst nach einigen Recherchen dem Killer Werner "Mucki" Pinzner zugeschrieben werden konnte. Mit diesem gerade erst aus der Haft entlassenen Mörder wollten Akteure aus dem Feld des Chikago in ihren eigenen Reihen und beim Gegner "für Ordnung sorgen".
Werner Pinzner erledigte mit seinem .38er-Revolver der Marke Arminius spezial (10 Züge Rechtsdrall) mehrere Männer. Wahrscheinlich sind bis heute nicht alle Morde nachweisbar.
Die Spezialanfertigung seiner Waffe stabilisierte zwar die Kugel, hinterliess aber an den Leichen auch die unverwechselbaren Spuren. Daran konnten die Fahnder aber auch erkennen, dass nicht alle Schüsse aus seiner Waffe und wahrscheinlich auch nicht von ihm abgefeuert worden waren. Pinzner hatte Komplizen.
Mindestens Armin Hockauf aus Württemberg und Siegfried "Siggi" Träger aus Franken.
Ein weiteres Zeichen Pinzners waren seine temporär getragenen Handschuhe oder Handmanschetten. Er hatte wahrscheinlich eine Kontaktallergie. Solche Symptome können aber auch durch Stress verstärkt werden.

Die Pinzner-Morde sollen hier nicht mehr einzeln aufgeführt werden. Das ist schon an anderer Stelle detailliert geschehen und dieser Artikel soll nicht zu redundant sein.
Am 07.07.1984 wurde Jehuda Arzi in seinem Wohnungsversteck in Kiel ermordet, ein deutsch-jüdischer Zuhälter mit geschäftlichen Schwerpunkten in Konstanz, Frankfurt und Kiel. Hier machte er mehreren anderen Zuhältern Konkurrenz. Arzi war auch im Drogengeschäft aktiv und erpresste noch seine Familie, weil er enorme Spielschulden hatte. Es kamen also mehrere Dinge zusammen, ihn einzuschüchtern oder gleich zu erledigen. Das übernahmen dann Werner Pinzner und Armin Hockauf.
Am 13.09.1984 wurde Peter Pfeilmeier in seinem Auto erschossen. Pfeilmeier verlor durch Kokainkonsum die Kontrolle über die Geschäfte, beleidigte häufiger die Gäste und wusste zuviel. Er war auch bei einem Überfall auf einen ADAC-Geldboten beteiligt. Die Täter waren wieder Werner Pinzner und Armin Hockauf.
Im November 1984 starb der Zuhälter, Diskobesitzer und Drogenhändler Charly Lienau aus Kiel. Hier wird eine Tatbeteiligung Pinzners diskutiert, gilt aber nicht als sicher. Einer der beiden Täter, die das Fass kauften, in das Lienau nach seiner Hinrichtung eingegossen werden sollte, trug seine Hand in einer Manschette. Die Täter berücksichtigten nicht, wie lange das Material brauchte, um auszuhärten, so dass der Tote im Ölfass in der Alster oben schwamm und von einem Kran aus dem Wasser gehievt werden konnte.
Der nächste Fall war Dietmar "Lackschuh" Traub, der am 14.11.1984 in einem Wald bei München erschossen wurde. Täter waren diesmal Werner Pinzner und Siegfried Träger. Traub hatte durch seinen exzessiven Kokainkonsum ähnlich wie Pfeilmeier die Geschäfte schleifen lassen und zuviel Geld verbraucht. Ausserdem machte er Andeutungen, sich vom Hamburger Kiez zurückzuziehen und verlegte seine Geschäfte wieder stärker in seine Schwäbische Heimat und nach Bayern. Die Kiezianer legten ihm das als Untreue aus.
Er wurde deshalb von den Menschen getötet, mit denen er noch kurz zuvor in Hamburg und auf den Balearen gefeiert hatte. Möglicherweise hat Traub etwas von der Schlinge geahnt, die sich um seinen Hals herum zuzog, vielleicht war es auch nur eine übliche Paranoia bei übermässigem Konsum. Oder beides.

Irgendwann geriet auch Hentschel mit seinem Clan ins Visier der Auftraggeber von Werner Pinzner.
Hentschel war sehr erfolgreich und hatte nicht gerade ein leises Auftreten. Eskalierend hinzu kam noch seine Allianz mit dem Aufstrebenden Zuhälter Waldemar Dammer vom Hollywood im Eros-Center, der aber auch Bordelle im Hammer Deich hatte und noch in andere Richtung expandierte. Auch im Kokain-Geschäft fand er sich ein und knüpfte Kontakte in die USA.
Hentschel stellt die Lage in seiner Autobiographie so dar, dass sich um das "Eis-Café" Chikago (in Wirklichkeit ein Hauptquartier) ein dunkles Imperium aufgebaut hatte, das ihn und seine Freunde als erfolgreiche Geschäftsleute loshaben wollte. Er gibt aber auch an einigen Stellen zu, dass auch seine eigene Gruppe eskalierend gewirkt hat. Eine tiefere eigene Verwicklung in den Kokainhandel streitet Hentschel ab.
Dagobert Lindlau nuanciert die Geschichte in seinem Pinzner-Buch "Der Lohn-Killer" etwas anders.
Hiernach trat die Gruppe um Hentschel mehrfach äusserst aggressiv auf und Hentschel drohte seinen Gegnern an, sie "auf dem Zettel" zu haben. Den Chef des Chikago, Reinhard "Ringo" Klemm, soll er mit belastendem Material unter Druck gesetzt haben, das er bei seinem Anwalt deponiert hatte.

Wie dem auch sei: Im Jahre 1985 stand zwischen der Gruppe um Hentschel und dem Chikago ein Showdown an. Der letzte Anlass gab ein Auftritt im Palais d'Amour, bei dem Hentschel und Waldemar Dammer mit dem Zuhälter Peter Nusser in Streit gerieten und es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung kam. Dammer nahm den Wiener in die "Hummerzange" und drückte ihn an die Wand, während Hentschel den zur Hilfe kommenden Armin Hockauf mit einem Magenschwinger ausschaltete. Dabei sahen einige Prostituierte zu.
Für Peter Nusser und das mit ihm partiell verbündete Chikago war das Mass voll. Es kam im Frühjahr 1985 zu "Krisensitzungen", an denen viele Luden teilnahmen. Darin wurde beschlossen, dass man Hentschel und Dammer endgültig loswerden müsse. Gegebenenfalls müsse man auch gegen seine Hintermänner einschliesslich Axel Gantwurzel vorgehen. Angeblich soll Pinzner bei einigen dieser Sitzungen dabeigewesen sein und heimlich Tonbandaufnahmen gemacht haben. Die Kassetten sind auf jeden Fall später nicht mehr aufgetaucht. Nachdem man sich Gedanken machte, wie welche Waffe zu besorgen sei und Pinzner seine Zielpersonen wieder lange beschattet hatte, beschloss man nun, Nägel mit Köpfen zu machen. Beim Hit gegen Dietmar Traub hatte sich Pinzner sehr viel Zeit gelassen. Im Notfall standen Killer aus dem Balkan bereit.
Dann fand man für Ostern 1985 doch noch eine passende Gelegenheit. Waldemar Dammer versammelte seine Komplizen in Stefan Hentschels Haus. Es ging dabei um eine Geschäftsbesprechung, wahrscheinlich auch um einen Kokain-Deal mit den USA.
Dazu sollten sich neben Waldemar Dammer Stefan Hentschel und Guido Birke in Dammers Haus einfinden. Für die Gegner des Trios war der Ort ideal für einen Hit. Man musste nur aufpassen, dass Dammers Frau gerade nicht im Haus zugegen war und stellte Pinzner einen "Package-Deal" in Aussicht. Für die drei Personen sollte 60.000 DM erhalten.
Als es dann zum Treffen kam, verliefen die Dinge aber anders als geplant: Stefan Hentschel hatte sich schon vor dem Treffen in den Urlaub verabschiedet. Er wollte sich seiner Freundin widmen. Wahrscheinlich ist er aber auch von Freunden aus dem Milieu gewarnt worden. "Stefan, pass auf, für dich sammeln die auch schon!", soll man ihm gesagt haben. Unklar ist, warum er Dammer dann nicht gewarnt hat. Wahrscheinlich hat er den Plan der Gegenseite nicht ganz durchschaut, da kaum davon auszugehen ist, dass er Dammer gezielt ins Messer laufen lassen wollte.
Vor Ort fehlte auch noch ein anderer Komplize, Guido Birke. Er war angeblich im Stau steckengeblieben.
Die Ehefrau Dammers war gerade beim Bäcker. Es ist unklar, ob sie, ihr Mann oder Pinzner & Co. diesen Versorgungsgang angeregt haben.
Von den drei Zielpersonen des Package-Deals war also nur eine, Waldemar Dammer, anwesend. Dafür trat noch sein Wirtschafter Ralf "Korvetten-Ralf" Kühne auf den Plan.
Pinzner und sein Begleiter Siggi Träger läuteten und betraten das Haus. Dammer hatte es mit vielen US-Devotionalien geschmückt. Dammer wusste nicht, dass Träger, der eigentlich aus Dammers Kreisen stammte aber zwischen den Lagern schwankte, nun seine Schulden von der Gegenseite beglichen bekommen hatte und jetzt als Türöffner diente. Dammer begleitete die beiden die Treppe hinunter, um unten "Geschäftliches" besprechen zu können. Da dauerte es bis zur Eskalation nicht lange.
Ralf Kühne hatte keine Lust, dass Dammer seinen wankelmütigen Kompagnon Träger, der ausserdem dessen Frau poussierte, nun wieder von seinem ehemaligen Mentor aufgenommen werden könnte und in der Hierarchie wohlmöglich noch vor ihm selbst stünde. Es kam sehr schnell zum Streit.

Den entschied Träger für sich, in dem er einen .38er-Revolver zog und Kühne erschoss. Als Dammer, der hinter dem Schreibtisch Platz genommen hatte, aufstehen wollte, erhielt er einen Kopfschuss, von dem er in den Stuhl zurückgedrückt wurde und sich dort noch etwas drehte. Seine geschlossenen Augenlieder liefen durch den inneren Blutdruck dunkel an, so dass es später für die Fahnder so aussehen sollte, als ob er geschminkt worden sei.
Die beiden Hitmen flohen schnell aus dem Haus und wechselten unterwegs noch einmal das Fluchtauto. Ein alternatives Auto war vorausschauend bereitgestellt worden. Als Zeichen, dass der Hit erfolgreich abgelaufen war, sollen sie Joe Marx noch die leeren Hülsen gezeigt haben (vgl. Dagobert Lindlau: Der Lohn-Killer). Die Auftraggeber waren aber nicht begeistert davon, dass nur eine von drei Zielpersonen ausgeschaltet wurde, zahlten dann aber widerwillig etwas mehr als 1/3 der versprochenen Summe.
Angeblich soll Pinzner nach dem Hit, wie er es auch sonst gerne tat, über die Reeperbahn gefahren sein in einer Mischung aus Stolz und Suche nach falschem Alibi.

Stefan Hentschel wusste nun, was auf ihn wartete. Er wusste nur noch nicht, wer auf ihn wartete. Deshalb zermarterte er sich mit seinen Kompagnons das Hirn, wer der Mörder von Dammer gewesen sein konnte.
In der Aufregung über das Thema rief er sogar bei den Auftraggebern an, die damals noch nicht bekannt waren.
Dammer hatte ihm vorher noch gesagt, dass er das Gefühl hatte, beschattet worden zu sein, aber er kannte Pinzner nicht. Er sagte Hentschel: "Du kannst mir in den Schuh scheissen - der wollte mich killen!"
Hentschel, der auch als Risikosucher die Gefahr nicht unterschätzte, beschloss, seine eh schon zahlreichen Urlaube noch einmal zu verlängern. Für die Geschäfte auf St. Pauli erwies sich das jedoch als abträglich und Gantwurzel musste alleine die Stellung halten. Hentschel fuhr bei seinen Reisen nicht nur nach Spanien, sondern auch in die Karibik oder nach Brasilien und liess es sich gutgehen. Einige Freunde meinten auch, er sei auch auf der Flucht vor sich selbst gewesen. Für seine Grossmutter führte er ein Reisetagebuch.
Wenn er dann doch wieder in St. Pauli auftauchte, nahm er überall hin eine Waffe mit. Beim Boxen bandagierte er seine rechte Hand nicht mehr, um schneller ziehen zu können. In seiner Autobiographie vermutete er, dass die Polizei seinen illegalen Waffenbesitz tolerierte, damit das labile Gleichgewicht auf dem Kiez nicht weiter gefährdet würde.

Doch mit der Zeit kam man doch auf den mutmasslichen Killer. Die Luden versuchten genauso wie die Polizei, die Puzzleteile zusammenzulegen. Wer das Rätsel letztlich löste, ist umstritten. Die Polizei, die mit verdeckten Ermittlern immer weiter in das Milieu vorgedrungen war, beanspruchte die Trophäe für sich.
Es wurde spekuliert, dass die "Schmiere", wie man die Polizei im Milieu nannte, nicht nur die Ritze als wichtigen Treffpunkt der Unterwelt im Visier hatte (genauer gesagt ihr Hinterzimmer), sondern auch einen Informanten im Chikago platziert hatte.
Das Milieu selber behauptete, die Polizei zuerst auf den Trichter gebracht zu haben. Die Gruppe informierte die Staatsmacht, der sie immer zu entkommen trachtete.
Pinzner hatte Glück im Unglück, dass ihn die Polizei mit einem Einsatzteam aus dem Verkehr zog. Inzwischen war nämlich das Milieu hinter ihm her, weil weitere Aufträge gegen Kiezkonkurrenten nicht mehr umsetzen wollte, sowieso zuviel wusste und zuviel Drogen nahm. Er selber dachte sogar an Selbstmord.
Als die Polizisten einen Unfall inszenierten und bei Pinzner unter falschem Vorwand klingelten, merkte er irgendwann, dass er gelinkt worden war und wehrte sich noch. Ein Polizist schlug ihm dabei heftig aufs Kinn.
Erst nach langem Gerangel und mit sehr spät eingetroffenen Helfern konnte er dingfest gemacht werden.
Auch andere Kiezianer aus Pinzners Umgebung wurden eingesackt.

Der Polizei war mit dieser Festnahme im Sommer 1986 scheinbar ein grosser Coup gelungen. Die Dammer-Kühne-Morde waren ein gutes Jahr vergangen.
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NACH PINZNERS VERHAFTUNG

Für Hentschel hatten die Probleme gerade erst begonnen. Der auf ihn angesetzte Killer war zwar aus dem Verkehr gezogen, aber seine lange Abwesenheit von St. Pauli hatte seinen Geschäften nicht gut getan. Insgesamt schienen die Geschäfte im Eros-Center nicht mehr rundzulaufen.
Axel Ganztwurzel hatte eine neue Geschäftsidee. Er wollte mit dem "Relax" ein Edelbordell samt Disko eröffnen. Auch wenn seine Geschäftspartner skeptisch waren, so sollte sich diese Idee als Treffer erweisen.
Das Relax besteht heute noch. Nur Hentschel fehlte das nötige Kleingeld, dass er zum Einstand brauchte!

Hentschel musste also umdisponieren und investierte in das Etablissement Base. Hierfür legte er mit einem iranischen Partner zusammen, der allerdings bei diesem Deal der Chef war. Hentschels Freundin warnte ihn noch vor dem Deal, weil sie sein Auftreten für hinterlistig hielt.
Im Jahre 1994 sollte sich zeigen, dass sie recht hatte. Das Base brannte völlig nieder. Genauere Recherchen von Polizei und Feuerwehr ergaben, dass Brandbeschleuniger gelegt wurden. Der Geschäftspartner von Hentschel hatte Versicherungsbetrug begehen wollen. Danach verzog er sich ins Ausland.

Hentschel hatte nicht nur im Geschäftsleben Pech. Den Kiezkrieg der 80er hatte er mit Mühe und Not überlebt und dabei mehrere Mordanschläge überstanden. Über einige hat er wohlmöglich nie gesprochen. Auf ihn soll auch mehrmals geschossen worden sein. Ein besonderer Einschnitt war für ihn eine Verwicklung in einem Lokal, in dem ein Bekannter von ihm seine Begleiterin anmachte. Hentschel reagierte sofort und ohrfeigte den Angreifer. Der reagierte zunächst gar nicht und verhielt sich dann ambivalent. Später jagte er Hentschel aber sein Weizenglas ins Gesicht und zerstörte ihm damit ein Auge. Trotz sofortiger Behandlung im Krankenhaus konnte es nicht mehr gerettet werden. Angebote aus dem Milieu, dem Gegner auch ein Auge "herauszudrücken", lehnte Hentschel nach anfänglichem Überlegen ab.

Hentschel hatte nun das Problem, wieder eine neue Geschäftsidee finden zu müssen. Er ging auf das Arbeitsamt und hatte Angst, dort von Menschen aus dem Milieu gesehen zu werden. Aber sein Alter und seine fehlende Computerqualifikation machten ihm einen Strich durch die Rechnung.
Nachdem er sich in seiner Manier das Leben zunächst schöntrank und schönrauchte, traf er auf einen Geschäftsmann, der ihm möglicherweise helfen konnte: Michael Fuchs (CDU). Fuchs war in Hamburg Politiker und Unternehmer und besass mehrere Pflegeheime. Er bot Hentschel an, für ihn den Reinigungsdienst in diesem Bereich zu führen.

Leider wurde Hentschel auch hier Opfer unglücklicher Umstände. Als ein Betriebswirt den Heimbetrieb auf seine Wirtschaftlichkeit untersuchte, rechnete er aus, dass Hentschel wegrationalisiert werden könnte. Damit verlor dieser wieder seinen Job.

Danach hatte er Schwierigkeiten, wieder auf die Beine zu kommen. Er traf die Spiegel-Journalistin Ariane Barth und schrieb mit ihr seine Autobiographie, die als "Im Rotlicht" erschien. Er sammelte auch ehemalige Bilder und vergrösserte sie für Videoreportagen. Heraus kamen verschiedene TV-Dokus.
Neben Dokus für Spiegel TV ist hier ein Auftritt in "Hamburg St. Pauli - da, wo die Kontraste knallen" zu nennen.

Besonders berühmt wurde Hentschels Auftritt in "Der Boxprinz" von Gerd Kroske aus dem Jahre 2000 (Kinostart 2002). Eigentlich handelte der Film vom Boxer und Wrestler Norbert Grupe, der nach seiner sportlichen Karriere mit dem Hamburger Kiez anbandelte und als stiller Teilhaber ins Eros-Center investierte. Grupe begann seine Karriere unter erschwerten Bedingungen mit seinem Vater in den USA als Wrestler, musste als Deutscher den Bösen spielen und nahm den Kampfnahmen "Prinz Wilhelm von Homburg" an, weil der amerikanisch ausgesprochene Name Grupe wie "groupie" klingt.
Zwischendurch nahm er immer wieder Filmrollen an, schaffte aber nie den Durchbruch. Auf dem Kiez wurde Grupe zwar herumgezeigt, schaffte aber weder den Durchbruch als Zuhälter noch als Drogendealer. Bei einem grösseren Deal lief er einem Zivilfahnder in die Falle. National trat Grupe z. B. im Film Stroszek auf, international in Ghostbusters 2 und Die Hard.
Der Film zeigt Interviews mit dem inzwischen gesundheitlich angeschlagenen in den USA lebenden Grupe, einige seiner Boxkämpfe, darunter den verlorenen Kampf gegen Oscar Bonavena (+ 1976 in einem Drogenkonflikt), nach dem Grupe sich durch die Frage im Aktuellen Sportstudio gestört fühlte und den Interviewer ins Leere laufen liess, kleine Ausschitte aus Filmen mit Grupe und verschiedene Interviews mit ehemaligen Weggefährten und Gegnern.
Darunter sind Stefan Hentschel, Hanne Kleine, Wolli Köhler, Jürgen Blin, der Prostituierten Domenica und dem erfolgreichen Milieuunternehmer Walter Staudinger.
Berühmt ist der Film aber v. a. wegen Hentschel: In mehreren Einstellungen gibt Hentschel in und um die Grosse Freiheit gegenüber Kroske den Erklärer, wobei ihm am Anfang der Grossen Freiheit (Seitenstrasse der Reeperbahn) einige ausländische Mitbürger die Filmszene vermiesen. Darauf haut er mit dem Satz "Hast du 'n Problem oder was? Geh weida!" ohne die Antwort abzuwarten einem der Störer mit einem Schlag mit der offenen rechten Hand fast den Kopf weg und fragt dann: "Noch 'n Problem? Bessa isses!"
Danach ging Hentschel unbeeindruckt weiter, sagte "So, komm weida! Ich hab' hier keinen Bock, mit den Arsch löchern weiter herumzureden!" und grüsste dann frohen Mutes einen ihm bekannten Türsteher "Hallo, Wernaaa!"
Diese Szene wurde danach bei tv total mit Stefan Raab und später international auf Youtube ein Klassiker und ist es bis heute geblieben.

Der Boxprinz (Realistfilm)

Hentschel wirkte auch bei dem Buch "Hamburgs Nachtjargon. Die Sprache auf dem Kiez in St. Pauli" von Klaus Siewert mit. Von dem Gesprächen des Sprachforschers mit ihm existierten auch Tonbandaufnahmen.
Eine erhoffte Karriere als Schauspieler, wie sie Thomas Born mit Einschränkungen gelang, schaffte Hentschel nicht.

Als die Lage dann ökonomisch immer brenzliger wurde, Hentschel seine geliebte Wohnung in der Annenstrasse verlor, auf seine geliebten Fernreisen verzichten musste und statt Luden-Porsche nur noch Fahrrad fuhr, verlor er allmählich seinen Lebensmut. Er kannte noch einige Ehemalige aus der Kiezzeit, ging in einige Kneipen, trank, boxte und kiffte sich auf Zeit die Sorgen weg und äusserte "Abwanderungsgedanken".
Als ihm dann auch noch seine letzte Freundin die Koffer vor die Tür gestellt hat, kündigte er seinen "schwersten Kampf" an, ging in den Boxkeller der Ritze und hängte sich an einem Boxhaken auf. Dort wurde er dann am nächsten Morgen von einer Putzfrau gefunden.
Stefan Hentschel wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf in einer beeindruckenden Zeremonie verabschiedet und seine Urne im Grab seiner Eltern beigesetzt.


LITERATUR:

Barth, Ariane: Diee Reeperbahn. Der Kampf um Hamburgs sündige Meile; 1999
Barth, Ariane: Im Rotlicht. Das explosive Leben des Stefan Hentschel; Berlin 2005
Jüttner, Julia: Die letzte Party des Bordellkönigs; in: Der Spiegel, 28.12. 2006
Jüttner, Julia: Das irre Leben des Paten von St. Pauli; in: Der Spiegel, 28.12. 2006
Jüttner, Julia: Milieu-Studie. Der Kiez und Hentschels Selbstmord; in: Der Spiegel, 15.06.2007


FILM (nach Erscheinungsjahr):

Kroske, Gerd: Der Boxprinz; 2000 (Realistfilm)
Hamburg-St. Pauli - da, wo die Kontraste knallen; 2005 (NDR)
dctp: Tod eines Zuhälters - das exzessive Leben einer Hamburger Kiezlegende; 2007 (Vox)
Spiegel TV: "Ich bin ein göttlicher Zuhälter" - Leben und Sterben einer Kiezlegende; 2008 (Vox)
Als die Killer auf den Kiez kamen; 2011 (NDR)



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