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Dienstag, 2. September 2014
ARYAN BROTHERHOOD
Die Aryan Brotherhood ist eine weiße Gefängnisgang, die ihrem Selbstverständnis nach rassistische Ziele verfolgt, in der Praxis aber vor allem kriminellen Aktivitäten wie Drogenhandel, Diebstahl, Prostitution, Raub und Gewaltkriminalität nachgeht.
Die Aryan Brotherhood verwendet gerne germanische oder keltische Symbole und verwendet oft Abkürzungen oder Tarnnamen wie AB, 12/One-Two, The Brand, Alice Baker u. ä.
Oft werden FBI-Analysen zitiert, nach denen nur 0,1 % der Häftlinge AB-Mitglieder sind, von ihnen aber 18 % der Morde ausgehen. Diese Zahlen sind aber umstritten.
DIE GRÜNDUNG IN DEN 60er-JAHREN
Auf jeden Fall entstammt die Aryan Brotherhood einer Situation der 60er-Jahre und hat sich danach verselbständigt. In den 60er-Jahren kamen in den USA immer mehr nicht-Weiße in die Gefängnisse und waren immer besser organisiert, während gleichzeitig die Forderung erhoben und umgesetzt wurde, wie überall im Land die Rassentrennung aufzuheben.
Das hatte zur Folge, dass weiße Gefangene, die zuvor die Oberhoheit hatten und z. B. durch bestimmte Schübe wie in Wirtschaftskrisen und nach Kriegen die Gefängnisse stark popularisiert hatten, in die Minderheit zu geraten drohten. Das bedeutete, dass die AB am Anfang sogar defensiven Charakter hatte, danach aber schnell in die Offensive überging.
Entstanden sein soll die AB im Jahre 1967 im Staatsgefängnis St. Quentin in Kalifornien. Einige Quellen datieren sie auch noch früher (z. B. 1964).
An der Gründung waren aber nicht nur angelsächsische Weiße beteiligt, die einen "Germanenkult" betrieben, sondern auch Iren, die einen "Keltenkult" mitbrachten. So wurde auch das irische Kleeblatt und das Keltenkreuz neben Nazisymbolen wie Hakenkreuz (Swastika) und SS-Runen bzw. -Blitzen Erkennungszeichen der AB.
Namentlich ging die frühe AB auf die Blue Bird Gang zurück, die v. a. aus irischstämmigen Rockern bestand. Da das ganze damals noch nicht in geregelten Bahnen verlief, waren zunächst Namen wie Diamond Tooth Gang und Nazi Gang im Gebrauch.
DIE KONSOLIDIERUNG DER 70er-JAHRE
Die Aryan Brotherhood gewann durch ihre gute Organisation und ihre Härte in den Gefängnissen schnell an Einfluss. Durch erste Haftentlassungen fasste sie auch außerhalb der Gefängnisse schnell Fuß.
Weiterhin begann etwas, das man später nicht mehr so sah und was einen aufgrund der klassischen Links-Rechts-Verhältnisse wundert: In den frühen 70er Jahren gab es eine Zeit lang Verknüpfungen zwischen teilen der linken Gegenkultur und Gefangenengangs, die meist rechts standen und z. B. für den Vietnamkrieg waren.
Das kam daher, dass die politische (Neue) Linke damals immer frustrierter mit der Gesellschaft wurde und nicht mehr auf friedliche politische Veränderungen hoffte. Außerdem glaubte man, dass die Arbeiterklasse, wenigstens die weiße, zu systemfreundlich geworden sei, und dass man daher auf soziale Randgruppen setzen müsse. Eine Untermauerung dieser Vorstellungen lieferten die Theorien von Herbert Marcuse.
Umgekehrt standen die eigentlich rechten Brüder auf die rebellische Musik der linken Protestkultur dieser Tage. Und nicht zuletzt der Drogenhandel erreichte durch die "Couter Culture" ein ungeahntes Ausmaß. Neben dem allgemeinen Zeitgeist wirkten speziell Filme wie "Easy Rider" nachfragefördernd.
In der Praxis zeigte sich aber, dass Gefangenengangs wenig Interesse an sozial-progressiven Ideen haben.
Einige AB-Veteranen, die diese Zeit noch erlebt haben, berichteten später wortreich über diese Zeit der bedingten Koalitionen.
Ein besonderer Vertreter dieser rebellischen Zeit war Charles Manson mit seiner sog. Family. Manson selber (Jahrgang 1934) hatte schon vor seiner Politisierung Knasterfahrung gesammelt. Daher wusste er, dass mit den Black Panthers und ähnlichen Gruppen in den Zellen nicht zu scherzen war. Manson schloss also einen vorübergehenden Pakt mit der Aryan Brotherhood, der ihn im Gefängnis vor Schikanen schützen und die AB-Mitglieder außen mit Waren und Frauen versorgen sollte. Diese Allianz brachte der Family jedoch auch Probleme ein. Kenneth Como von der AB erwies sich als äußerst Machtbewusst und zog einige Anhänger der Family zu sich herüber (Spaltung in Comoites und Mansonites).
Schließlich kam der endgültige Bruch dadurch, dass Manson sich weigerte, einfach nur als Loyalitätsbeweis einen Schwarzen umzubringen (Quelle: Lynette Fromme).
Die Aryan Brotherhood kümmerte dieses Intermezzo wenig. Sie erhielt dadurch ein wenig Popularität, kümmerte sich an sonsten aber vor allem um die Drogengeschäfte, die inzwischen äußerst blutig ausgetragen wurden. Es kam bei Drogenkämpfen zu vielen Toten auf seiten verschiedener Gangs und der Polizei.
Aus taktischen Gründen konnte man aber auch mit ideologischen Feinden zusammenarbeiten, wie z. B. mit der mexikanischen Gang "La Eme".
Erbitterte Feinde über lange Zeit waren und sind aber die Kämpfer der "Black Guerilla Family".
DIE NEUSTRUKTURIERUNG DER 80er-JAHRE
Die Konsolidierung der Machtstrukturen wirkte bis in die 80er-Jahre. Die Aryan Brotherhood hatte inzwischen ein Netz fast über die ganzen Vereinigten Staaten gespannt und war jetzt in Chapter aufgeteilt. Die Zusammenarbeit zwischen Untergruppen innerhalb und außerhalb der Gefängnisse funktionierte inzwischen auch prächtig. Neben dem Drogenhandel waren der Überfall auf Geldtransporte und Geldfälschungen "Highlights" der Verbrecherorganisation.
Die Organisation drängte auch zunehmend in den Waffen- und Sprengstoffhandel vor, was aber erst in den 90er-Jahren und später deutliche Auswirkungen hatte.
Trotz der bisherigen Erfolge musste man aufgrund der gewonnenen Größe und aufgrund der neuen Herausforderungen seine innere Struktur anpassen. Die Aryan Brotherhood teilte sich intern in eine Gruppe für Bundesgefängnisse und eine Gruppe für Staatsgefängnisse (der Einzelstaaten). Die Aryan Brotherhood wurde jetzt von einem Dreiergremium gelenkt.
Nach außen hin versuchte die Aryan Brotherhood, Kontakte zu White-Supremacy-Gruppen wie der Aryan Nation herzustellen. In einigen Fällen gelang das und traf auf Gegenliebe, in anderen Fällen war die Reaktion ablehnend.
WEITERE ENTWICKLUNG: 90er-JAHRE, 00er-JAHRE
Die Aryan Brotherhood setzte im folgenden ihren Kurs fort und intensivierte ihn noch. In den 90er-Jahren kam es nicht nur zu einer langen Reihe von Straftaten, Machtkämpfen und Morden im illegalen Geschäftsleben, sondern auch zu ideologisch motivierten Morden an Nicht-Weißen. Berühmt wurde ein Fall in Jasper (Texas), in dem drei Ex-Häftlinge den Schwarzen James Byrd (Jr.) am Heck ihres Pick-Ups zu Tode schleiften.
Auch der Handel mit Waffen und Sprengstoff wurde intensiviert. Das FBI deckte 2000 auf, dass die AB nicht nur mit Sprengstoff handele, sondern sogar Anschläge auf Bundesbehörden in großem Stil plane.
Gleichzeitig gelangen den Behörden aber auch einige Erfolge gegen führende Mitglieder der AB. Sie konnten einige aus der Zelle (Isolationshaft!) geschmuggelte Kassiber entschlüsseln und so den Führern der AB Mordabsichten nachweisen. Damit waren viele der Anführer in Schwierigkeiten.
Im Jahre 2002 wurden in einer Großaktion viele AB-Köpfe abgegriffen und auf der Grundlage des RICO-Aktes angeklagt.
In einer Reihe von Großprozessen ab 2006 konnte zwar die Todesstrafe abgewendet werden, aber viele der Gefangenen müssen nun für immer hinter Gittern bleiben. In einigen Fällen macht die Haftverlängerung aber nichts mehr aus, weil die Häftlinge sowieso schon lebenslänglich ohne Chance auf Bewährung haben.
Zum Leidwesen der AB sagten auch einige ihrer Bundesbrüder gegen die Führung aus. Motive mögen einerseits in Haftminderung gelegen haben, andererseits aber auch darin, dass die Führung der AB nicht nur einzelne Mordaufträge erteilt hat, sondern gleich ganze Familien ausrotten wollte.
Da bekamen selbst einige erfahrene Killer Gewissensbisse (z. B. Michael Thompson).
Die Verfolgungsmassnahmen des Staates trafen insbesondere Barry Byron Mills und Tyler "The Hulk" Bingham.
Im Juni 2005 gingen die Fahnder auch gegen den verbündeten "Order of the Blood" vor, der besonders in Ohio Hauptquartiere unterhielt.
Ein weiteres Problem ist die Aryan Brotherhood of Texas (ABT). Dabei handelt es sich um eine Abspaltung von AB-Anhängern, die vom Führungsgremium der AB nicht in der Organisation geduldet wurde - aus welchen Gründen auch immer.
Neben ihren Bandenkriegen machte die Gruppe Anfang 2014 von sich reden, als sie aller Wahrscheinlichkeit nach für Morde an Staatsanwälten verantwortlich war.
Im Januar 2014 erschoss sie Mark Hasse (Leitender Oberstaatsanwalt) und im März Mike McLelland (Bezirksstaatsanwalt) und seine Frau Cynthia.
Unklar ist, ob auch ein Zusammenhang mit dem Mord am Gefängnisdirektor Tom Clement aus Colorado besteht. Der mutmassliche Täter Evan Ebel starb 2 Tage später in Dallas bei einer Schießerei mit Polizisten.
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