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Freitag, 11. Juli 2025

DIOGENES LAERTIOS - PROÖMIUM ZU "VON DEM LEBEN UND DEN MEINUNGEN BERÜHMTER PHILOSOPHEN"

11.07.2025

Vitae et sententiae philosophorum (1611)



Diogenes Laertios war ein antiker Philosophiehistoriker und Doxograph.
Hier geht es speziell um die Einleitung (Proömium) zu seinem Werk "Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen".

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Diogenes Laertios wirft am Anfang die Frage auf, wo die Philosophie ihren Anfang genommen hat. Einige sagen, bei den Barbaren, andere, bei den Griechen. [Antike Griechen unterschieden stark zwischen Griechen und Barbaren.]
Im folgenden werden Passagen über die Nicht-Griechen (NG) und über die Griechen (G) jeweils zusammengefasst dargestellt.

NG

Auf jeden Fall hatten viele Nicht-Griechen weise Menschen:

  • die Perser: Magier; der erste soll Zoroaster gewesen sein,
    dann kamen laut Xanthos Ostanes, Astrapsychos, Gobryas und Pazatas (bis Alexander d. Gr.);
    (Magier und Zoroaster 5.000 Jahre vor dem Fall von Troja laut Platoniker Hermodoros;
    Zoroaster 600 Jahre vor dem Übergang des Xerxes über den Hellespont laut Xanthos)
  • Babylonier und Assyrer: Chaldäer [Babylonier und Assyrer werden auch als Akkader bez.]
  • Inder: Gymnosophisten
  • Kelten/Gallier: Druiden und Semnotheen (Qu: Aristoteles, Sotion)
  • Einzelbeispiele:
    • Phönizier: Ochos
    • Thraker: Zamolxis
    • Libyer: Atlas
    • Ägypter: Hephaistos (Sohn des Nils); auf ihn berufen sich die Priester und Propheten
      (Ä. beanspruchen ihn für sich; 48863 Jahre vor Alexander d. Gr.) 

Quellen: 
Aristoteles - "Magisches Buch" (Magikos)
Hermodoros - "Buch von den Wissenschaften"
Sotion von Alexandria (2. Jhd. v.) - "Sukzession der Philosophen" (Diadochai)
Xanthos (Lydier)

G

Diogenes Laertios sieht aber den Anfang der Philosophie (und mithin der Bildung und der Menschheit selbst) bei den Griechen:

  • Athen: Musaios, Sohn des Eumolpos (=> Eumolpiden)
    • Theogonie, Himmelskugel (Sphäre)
    • alles entsteht aus einem und löst sich dahin wieder auf
    • Grabmahl mit Inschrift in Phaleron (Hafen von Athen, bevor Themistokles Piräus ausbaute)
  • Theben: Linos
    • Sohn des Hermes und der Urania (Muse)
    • Kosmogonie, Lauf der Sonne und des Mondes, Erzeugung der Tiere und Pflanzen
      These: einst gab es eine Zeit, die alles gleichzeitig erschaffen hat
    • die K. war Vorbild für Anaxagoras: ursprünglich sind alle Dinge zugleich entstanden, dann kam ein Verstand hinzu, der sie ordnete
    • Linux soll in Euböa gestorben sein, als ihn ein Pfeil Apollons traf;
      sein Grab trug eine Inschrift

Für Diogenes beweisen diese Beispiele und der Name "Philosophie", dass die Philosophie Griechischen Ursprungs ist.

NG

Diogenes gibt aber zu, dass es Gegner dieser These gibt (die den Nicht-Griechen die Erfindung der Philosophie zuschreiben), die z. B. den Thraker Orpheus für den ersten Philosophen halten. Diogenes zweifelt dessen Philosophentum an, weil Orpheus in seinen Reden (und Gesängen) den Göttern menschliche Leidenschaften zugeschrieben und sich oft abschätzig über ihr Verhalten und ihre Regeln geäußert habe.

Für Diogenes sind auch die Todesumstände des Orpheus mysteriös: Er sei entweder durch die Wut von Frauen umgekommen (Sage) oder bei Dios in Makedonien durch einen Blitz des Zeus.

Die Anhänger des barbarischen Ursprungs der Philosophie untersuchen auch die Art zu philosophieren und weisen auf weitere Unterschiede hin:

  • Gymnosophisten und Druiden:
    • rätselhafte Sprüche
    • Götterverehrung (Ehrfurcht)
    • Moral
    • Tapferkeit/Mannhaftigkeit
    • über die Gymnosophisten behauptet Kleitarchos, dass sie selbst den Tod verachteten (12. Buch, Das Leben Alexanders des Großen)
  •  Chaldäer:
    • Astronomie
  • Magier:
    • Gottesdienst
    • Opfer und Gebete
    • Monopolisierung der Kommunikation mit den Göttern
    • Vorträge über das Wesen und die Erzeugung der Götter 
    • Götter bestehen aus Feuer, Erde und Wasser
    • Götterbilder oder die Unterscheidung in männliche und weibliche Götter seien falsch
    • Vorträge über Gerechtigkeit 
    • Feuerbestattung gilt als gottlos
    • Sexualität mit Müttern und Töchtern ist erlaubt laut Sotion (23. Buch der Diadochai)
    • Seherkunst und Prophetie: Götter erscheinen leibhaftig
    • Luft: mit geistigen Wesen 
    • Kleidung: ein weißes Gewand, keine aufwändige Kleidung und kein Goldschmuck
    • Schlafstätte: auf dem Boden 
    • Nahrung: einfach; Gemüse, Käse und Brot
    • Stab: Rohr, auf das man Käse stecken kann 
    • kein Zauberspuk/magische Weissagungen (vgl. Aristoteles; Deinon)
    • Zoroaster = Verehrer der Gestirne (Deinon, Hermodoros)
    • laut Aristoteles (Philosophie, 1. Buch) sollen die Magier älter als die Ägypter sein (!)
    • Aristoteles, Hermippos (Magier, 1. Buch), Eudoxos (Periodos) und Theopompos (Philippika, 8. Buch):
      die Magier kannten zwei Urwesen, einen guten Dämon (Zeus/Oromasdes) und einen bösen Dämen (Hades/Ariman(ios))
    • Theopompos (Philippika, 8. Buch) und Eudemos: die Menschen werden wiedergeboren und erlangen Unsterblichkeit; alle Dinge behalten ihre Benennungen
    • Hekaitos: auch die Götter werden erzeugt
    • Klearchos von Soli (Unterweisung): auch die Gymnosophisten und vielleicht die Juden stammen von den Magiern ab
    • Magier-Schriftsteller tadeln Herodot: Xerxes hat weder Pfeile gegen die Sonne abgeschossen noch Fesseln ins Meer geworfen (die wurden nämlich für Götter gehalten); die Götterbilder hat er jedoch zerstört
  •  Ägypter:
    • erste Materie
      => vier Elemente
      => einige Lebewesen
    • Sonne (Osiris) und Mond (Isis) sind Götter;
      Erscheinungen als Tier: Käfer, Drachen, Habicht usw.
    • Quellen: Manetho(n): Naturlehre; Hekaitos: ägyptische Philosophie (1. Buch)
    • die Gestalt der Gottheiten ist unbekannt, deshalb werden Bilder und Heiligtümer errichtet
    • die Welt ist erzeugt, zerstörbar und kugelförmig (!)
    • Sterne: Feuer; dadurch wurde alles auf der Erde hervorgebracht
    • Mond: im Schatten der Erde verfinstert
    • Seele: unsterblich; Seelenwanderung
    • Regen: Umwandlung der Luft
    • Quellen: Hekaetos, Aristagoras
    • Gerechtigkeitsgesetze: dem Hermes zugeschrieben
    • auch die Nutztiere gelten den Ägyptern als göttlich
    • Innovation (angeblich): Sterndeutung, Rechnungskunde und Erdmesskunst 


Quellen:

Aristagoras - 
Aristoteles - Magisches Buch
Dinon - Geschichten, 5. Buch
Eudemos
Eudoxos - Periodos
Hekaitos - 
Hermippos - Magier, 1. Buch
Hermodoros -
Klearchos von Soli - Unterweisung
Kleitarchos -
Manetho(n) -
Sotion - Diadochai, 23. Buch
Theopompos - Philippika, 8. Buch



G

Diogenes beschäftigt sich nun mit der Frage, wer den Namen "Philosophie" zuerst gebraucht hat.

Für ihn hat der Grieche Pythagoras sich zuerst als Philosophen bezeichnet.

Pythagoras habe sich mit Leon (von Sikyon) und Philiastros unterhalten und festgestellt, dass kein Mensch weise sein könne, sondern nur Gott (Qu: Heraklides von Pontos).

Ursprünglich hätte man weise Männer "Sophoi", also Weise, genannt und ihr Betätigungsziel "Sophia", also Weisheit. "Philosophen" hätten dagegen ihre Schüler geheißen.
Daneben habe es für Weise auch den Namen "Sophisten" gegeben. Dieser Name sei auch für Dichter wie Homer und Hesiod verwendet worden.
Beispiel für diese Verwendung: Kratin, Archilochos

Weise Männer:

  • Thales
  • Solon
  • Periandros
  • Kleobulos
  • Chilon
  • Bias
  • Pittakos

Weitere Vorschläge:

  • Anacharsis (Skythe)
  • Myson (Cheneer)
  • Pherekydes (Syrer)
  • Epimenides (Kreter)
  • ggf. Peisistratos (Athener) 


Nach Thales spaltete sich die Philosophie in 2 Lager:

  1. Anaximander begründete die Ionische Philosophie
    Lehrer: Thales
    Ende: Klitomachos, Chrysippos und Theophrastos
  2. Pythagoras begründete die Italische Philosophie
    Lehrer: Thales und Pherekydes
    Ende: Epikuros


Die Ionische Philosophenschule
: (Ursprung wie bei der Italischen: Thales)

  • Anaximander

  • Anaximenes
  • Anaxagoras
  • Archelaos
  • Sokrates (Moralphilosophie) => Sokratiker
  • Alte Akademie:
    • Platon (Stifter; Schüler des Sokrates)
    • Speusippos
    • Xenokrates
    • Polemon
    • Krantor (von Soloi?)
    • Krates
  • Mittlere Akademie:

    • Arkesilaos (Stifter; Schüler des Krates)

    • Lakydes

    • Karneades

    • Klitomachos

  • Kyniker und Stoiker:

    • Antisthenes (Schüler des Sokrates)

    • Diogenes (der Hund/der Kyniker)

    • Krates (der Thebaner)

    • Zenon von Kition

    • Kleanthes

    • Chrysippos

  • Ende der Sokratiker:

    • Klitomachos (Akademie)

    • Chrysippos

    • Theophrastos


Die Italische Philosophenschule: (Ursprung wie bei der Ionischen: Thales)

  • Pythagoras (Lehrer: Thales und Pherekydes)

  • Telauges (Sohn des Pythagoras)

  • Xenophanes

  • Parmenides

  • Zenon von Elea

  • Leukippos

  • Demokritos

  • Nausphanes

  • Naukydes

  • Epikuros



Es gibt eine weitere Unterteilungsmöglichkeit:

  • Dogmatiker: die Dinge werden so bestimmt, als ob sie begriffen werden könnten

  • Ephektiker: die Dinge werden nicht bestimmt, weil sie als nicht begreifbar angesehen werden




Einige haben Schriften hinterlassen, andere nicht.


Philosophen ohne veröffentlichte Schriften:

  • Sokrates

  • Sti(l)pon

  • Philippos

  • Menedemos

  • Pyrron

  • Theodoros

  • Karneades

  • Bryson

  • Pythagoras ?

  • Ariston von Chios ? (einige Briefe)


Philosophen, die ein Buch veröffentlicht haben:

  • Melissos

  • Parmenides

  • Anaxagoras


Philosophen, die mehrere Bücher veröffentlicht haben (aufsteigend sortiert):

  • Zenon

  • Xenophanes

  • Demokrit

  • Aristoteles

  • Epikuros

  • Chrysippos


Es gibt noch mehrere weitere Möglichkeiten, Philosophen zu unterteilen:

  • Städte: Elis, Megara, Eretria, Kyrene

  • Lehrorte: Akademie, Stoa

  • zufällige Dinge: Peripatos/Peripatetiker

  • Spottnamen: Kyniker (von „ho kynos“ – der Hund)

  • Gegenstände/Themen: Eudämoniker

  • Einbildungen: Philalethen (Wahrheitsfreunde), Elenchtiker (Frager, Prüfer), Analogiker

  • Lehrer: Sokratiker, Epikureer

  • Forschungsbereich:

    • Naturforscher: Physiker

    • Moral: Ethiker

  • Vortragsart: Dialektiker (präzise und scharfe Ausdrücke)


Die Philosophie selber kann aber auch eingeteilt werden:


1. Physik:


  • Beschäftigung mit der ganzen Welt und was sich auf derselben befindet

  • die Physik bzw. die Naturphilosophie hat bis zu Sokrates weitgehend die Philosophie dominiert;
    Ausnahme: Archelaos


2. Ethik:

  • menschliches Leben und Dinge, die sich auf den Menschen beziehen

  • Begründer: Sokrates

  • 10 Schulen („Sekten“):

    • Akademiker: Platon etc.

    • Kyrenaiker: Aristippos

    • Eleische Schule (Eleaten?): Phaidon der Eleer

    • Megariker: Euklides von Megara

    • Kyniker: Antisthenes von Athen

    • Eretrische Schule: Menedem von Eretria

    • Dialektiker: Klitomachos von Karthago

    • Peripatetiker: Aristoteles der Stagirit

    • Stoiker: Zenon von Kition

    • Epikureer: Epikuros

  • Akademie (detailliert):

    • Ältere Akademie: Platon

    • Mittlere Akademie: Arkesilaos [Skepsis, methodischer Zweifel]

    • Neuere Akademie: Lakydes

  • 9 Schulen („Sekten“) nach Hippobot.:

    • Megariker

    • Eretrische Schule

    • Kyrenaiker

    • Epikureer

    • Annikerische Schule

    • Tyedorische Schule

    • Stoiker/Zenonische Schule

    • (ältere) Akademiker

    • Peripatetiker

    • nicht erwähnt: Kyniker, Eleische Schule, Dialektiker

  • es ist umstritten, ob die pyrrhonische Skepsis auch als Schule gewertet werden soll;
    Diogenes Laertios plädiert aber für „ja“;
    das Problem: ist eine Schule durch Anschauungen über das Erscheinende gekennzeichnet, dann „ja“, ist eine Schule durch Lehrsätze gekennzeichnet, dann „nein“

  • Potamon von Alexandria:

    • „neue Schule“

    • Eklektiker: man sucht sich aus bestehenden Lehren das „Passende“ heraus

    • es gebe Kennzeichen von Wahrheit: eines, von dem das Urteil ausgeht (das Anführende) und eines, durch welches geurteilt wird (die genaueste Vorstellung)

    • die Materie sei der Anfang aller Dinge, von deren Beschaffenheit, Wirkung und Ort

    • Ziel: ein in allen Tugenden vollkommenes Leben;
      ohne die körperlichen, natürlichen und äußeren Güter


3. Dialektik:

  • Gründe für beide Seiten einer Sache

  • als Pionier gilt Zenon von Elea


Quellen:

Hippobot – Philosophenschulen („-sekten“)

Potamon von Alexandria - Handbuch


Am Ende der Einleitung schreibt Diogenes Laertios, dass er nun von den Männern selbst reden und mit Thales beginnen möchte.




QUELLEN:

Quellen (Magier):
Aristoteles: Magikos
Deinon: Geschichtsforschungen, 5. Buch
(...)

-

Zum Thema "Kultpersonal" der Kelten...
Maier, Bernhard: Die Religion der Kelten
"Kultpersonal": Druiden, Semnotheen, Gutuater, Vates

  • Druiden: oberste Priester und Gelehrte
  • Semnotheen: werden oft im Zusammenhang mit Druiden genannt;
    eigene Gruppe oder Untergruppe der Druiden?
  • Gutuater: Priester, die für bestimmte Gottheiten und Kulte (Rituale) zuständig waren
  • Vates: "Seher", zuständig für Weissagungen und Mantik;
    die Abgrenzungen zu den Druiden ist nicht ganz klar

Auch den Barden kam bei den Kelten eine wichtige Rolle zu. 

siehe auch: http://www.woenge.de/wing/kelten/bmaier.html

 

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