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Biologie-Lexikon
Nervengifte (Neurotoxine) sind Gifte, die auf Nervenzellen und das Nervengewebe wirken. Sie stören v. a. Membranproteine und damit die Wechselwirkung in den Ionenkanälen. Die meisten bekannten Nervengifte sind Feststoffe wie Schwermetalle (Arsen, Cadmium, Blei, Quecksilber) und Flüssigkeiten wie Ethanol oder Formalin. Es gibt aber auch Gase wie Monophosphan.
Aus dem Alltag bekannt sind neben "Alkohol" (Ethanol) auch Atropin (Gift der Schwarzen Tollkirsche), Botulinumtoxin (Botox), Koffein, Kokain oder Nikotin.
Nervenzelle (Neuron) mit Axon |
Übliche toxische Wirkungen erfolgen über die "schlaffe Lähmung" und die "starke Lähmung". Sie wirken dabei auf den Neurotransmitter Acetylcholin (ACh, Summenformel: C7H16NO2), einen der wichtigsten Neurotransmitter überhaupt, ein. Acetylcholin reagiert mit den Rezeptoren der subsynaptischen Membran und sorgt für eine Öffnung der Ionenkanäle. Diese wiederum sind wichtig für die Informationsübertragungen an Nervenzellen. Innerhalb eines Axons der Nervenzelle ist nämlich die Konzentration an Kaliumionen (und organischer Anionen) grösser und die der Natrium- und Chloridionen kleiner als im Aussenraum (extrazellulär).
Strukturformel von ACh |
- schlaffe Lähmung:
Das indianische "Pfeilgift" Curare besetzt Rezeptoren der subsynaptischen Membran von neuromuskulären Synapsen. Der dort wirksame Transmitter ist Acetylcholin, das die Ionenkanäle an der subsynaptischen Membran öffnen soll. Curare ist molekular ähnlich aufgebaut wie Acetylcholin und konkurriert mit diesem. Anders als Acetylcholin werden seine Ionenkanäle jedoch nicht geöffnet und es kommt zu keiner Erregungsübertragung. Die Skelettmuskulatur wird ebenso gelähmt wie die Atemmuskulatur und es kann der Tod durch Atemlähmung eintreten. Die Herzmuskulatur wird jedoch nicht gelähmt.
Bei einigen Operationen kann Curare zur Entspannung bestimmter Muskelgruppen eingesetzt werden.
Eine ähnliche Wirkungsweise hat das in verderbendem Fleisch entstehende Botulinumtoxin ("Botox"). Es hemmt allerdings schon die Ausschüttung von Acetylcholin aus den synaptischen Bläschen, anstatt erst die Aufnahme von Ionen an den Synapsen zu blockieren. In der kosmetischen Medizin wird es in minimalen Dosen zur Faltenbekämpfung eingesetzt.
- starre Lähmung:
Nikotin wirkt ähnlich wie Acetylcholin und verstärkt damit dessen Wirkung. Es reagiert mit den Rezeptoren der subsynaptischen Membran und die Ionenkanäle werden geöffnet. Nikotin kann aber anders als Acetylcholin von der Acetylcholinesterase nicht gespalten werden. Die Muskulatur wird übermässig erregt und es kann zu Muskelzittern kommen. Würde man Nikotin direkt ins Blut geben, anstatt es z. B. zu rauchen, könnte es zu tödlichen Krämpfen der Atemmuskulatur führen.
Eine ähnliche Wirkung hat E 605, ein Insektizid, das aber auch als Mord- und Selbstmordgift bekannt ist. E 605 hemmt die Acetylcholinesterase, die Acetylcholin abbauen soll. Die Ionenkanäle sind nun durch das länger vorhandene Acetylcholin länger bzw. immer wieder geöffnet, so dass durch einen übermässigen Na+-Einstrom eine Übererregung ausgelöst wird. Vergiftungen mit E 605 oder ähnlichen Mitteln können zu starken Krämpfen und zum Tod durch (starre) Atemlähmung führen.
Vergleiche hierzu: Giftmorde (Murmillo-Blog)
Hallo, ich bin Schülerin in der 12. Klasse und muss einen Vortrag zu Synapsengiften halten.
AntwortenLöschenAlso habe ich mir wirklich viele Artikel und Beiträge zu Synapsengiften angechaut und gelesen.
Aber hier habe ich es erst wirklich verstanden!
Vielen Dank dafür!