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Samstag, 4. November 2017

PETER PILZ

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/Peter_Pilz1.jpg



Peter Pilz ist ein österreichischer Politiker, Journalist und Aufdecker.


JUGEND

Peter wuchs in Kapfenberg in der Steiermark auf. Dort führte er ein naturverbundenes Leben mit Angeln, Waldwanderungen und Pilzesammeln.
Er wurde aber auch früh politisch beeinflusst durch seine gewerkschaftlich aktiven Eltern. Dabei lernte er auch schon betriebliche Machtkämpfe und Wahlmanipulationen kennen.


STUDENTEN- UND UNIZEIT

Von 1973 bis 1979 studierte Pilz Volkswirtschaft und Politikwissenschaft an der Universität Wien. Damals herrschte ein deutlich linkes Klima und Pilz betätigte sich in sozialistischen und trotzkistischen Gruppen.
Pilz war unter anderem in der Gruppe Revolutionärer Marxisten (GRM) tätig, einem österreichischen Pendant zur deutschen Gruppe Internationaler Marxisten (GIM). In solchen sogenannten K-Gruppen waren übrigens nicht wenige später bekannte Persönlichkeiten und stießen sich in der Jugend ihre "roten Hörner" ab: Bsp. der Medienmanager Georg Kofler.
Bei dem sozialistischen Studentenverband VSStÖ war Pilz vorher herausgeflogen. Herausgeworfen übrigens von Michael Häupl, einem ehemaligen Burschenschafter, der dann zur Sozialdemokratie ging und ein sehr mächtiger Parteifunktionär wurde.
1983 wurde er zum Dr. rer. soc. promoviert. Danach leistete er seinen Zivildienst. Seine beruflichen Anfänge hatte Pilz Sozialwissenschaftler und als freier Autor.


POLITISCHE TÄTIGKEIT 

Pilz zog es bald von der akademischen Lehrtätigkeit in die Politik.
In den 80er-Jahren änderte sich der politische Zeitgeist ein wenig. Die starke Dominanz der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) der 70er-Jahre wich zuerst einer sozial-liberalen Koalition mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die noch nicht ihre Rechts(rück)wende unter Jörg Haider gemacht hatte und noch von Norbert Steger angeführt wurde und dann für längere Zeit einer Großen Koalition mit der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Das Land hatte über viele Nachkriegsjahrzehnte längere Phasen einer Rot-Schwarzen Koalition.
Auf intellektueller Ebene und im Kulturbereich blieb man stattdessen weiter links, obwohl sich in der Bevölkerung bereits gewisse Rechtstrends abzeichneten, befasste sich aber zunehmend mit ökologischen Fragen, Fragen der Friedenspolitik angesichts der Atomkriegsgefahr und Fragen der aufkommenden Digitaltechnik.
Dementsprechend interessierte sich auch Pilz für die aufkommenden Grünen, die sich aber erst zu einer halbwegs geschlossenen Partei konstituieren mussten.

Privat heiratete Peter Pilz Mitte der 80er-Jahre seine Frau Gudrun.
Als Hobbys pflegte er neben seinen althergebrachten Naturhobbys die Musik und war in mehreren Bands. Berühmt wurden "Prinz Pezi und die Staatssekretäre" und "Lasso Brüder" (als Old Pezihand mit Titus Vadon als Trapper Gert, ursprl. von Russkaja kommend).
Pilz nutzte diese privaten Hobbys auch für öffentliche Inszenierungen und zur Entspannung von der politischen Arbeit. Generell sagte man ihm nach, dass er ein Mittelpunktsmensch sei und einen starken Einfluss habe, andererseits auch sehr egozentrisch aufträte.


PARLAMENTARISCHE ARBEIT BEI DEN GRÜNEN

Nachdem die Grünen durch mangelnde Geschlossenheit erst 1986 in den Nationalrat (das österreichische Parlament) einziehen konnten - vorher waren sie mit 2 Parteien angetreten und sahen sich noch mehr als Bewegung - suchte er dort nach einer für sich geeigneten Rolle.
1986 - 1991 war er ausgerechnet Mitglied des österreichischen Landesverteidigungsrates, obwohl er vorher noch Flugblätter gegen das österreichische Bundesheer verteilt und mehrfach Soldaten zur Desertation aufgerufen hatte. Pilz gab später zu, dass er da erst die Bedeutung des Begriff Sicherheit für ein Land erkannt habe.
Seine eigentliche Rolle im Parlament und später in der Publizistik fand Pilz allerdings als Kontrolleur und Aufdecker.
Die 1980er-Jahre waren wie geschaffen dafür, ging es doch um die beiden großen Skandale der Lucona-Affäre und den Noricum-Skandal.
Bei der Lucona Affäre hatte der Unternehmer und Selbstdarsteller Udo Proksch schon 1977 zusammen mit Komplizen seinen eigenen Frachter versenkt, um an die Versicherungssumme zu kommen. Dabei war nicht nur die Ladung gefälscht, sondern er nahm den Tod der 12 Besatzungsmitglieder billigend in Kauf. Nur durch ein sich in der Nähe befindendes Schiff konnten 6 der 12 Besatzungsmitglieder gerettet werden.
Beim Noricum-Skandal ging es um illegale Lieferungen von Waffenlieferungen an beide Seiten im Golfkrieg zwischen dem Iran und dem Irak. Noricum war eine VOEST-Tochter (ehem. Hermann-Göring-Werke) und musste sich mitten in der Stahlkrise der 80er-Jahre behaupten.
Bei den Lieferungen ging es besonders um Artilleriegeschütze vom Typ GHN-45 (Gun Howitzer Noricum), die eine Verbesserung der Entwicklung GC-45 des berühmten kanadischen Kanonenkonstrukteurs Gerald Bull darstellten (vgl. auch G5 in Südafrika). Mit diesen Geschützen konnte man für damalige Zeit große Distanzen überbrücken.
Als der Iran erfahren hatte, dass der Irak entsprechende Waffenlieferungen erhält (Tarnland: Jordanien), verlangte er diese auch und beschoss damit u. a. auf große Distanz die südirakische Stadt Basra (Tarnland: Libyen).
Im Fall Noricum gab es mehrere mysteriöse Todesfälle, darunter Herbert Amry, der österreichische Botschafter in Athen.
Bei der Aufdeckung sowohl von Lucona als auch Noricum halfen journalistische Enthüllungen (Wolfgang Fellner), die dann das Parlament auf den Plan riefen und die Oppositionsparteien motivierten, Untersuchungsausschüsse zu fordern. Jetzt war Peter Pilz gefordert: Er musste mit seinen Mitarbeitern nicht nur eine Menge Aufdeckungsarbeit leisten, sondern auch versuchen zu verhindern, dass der U-Ausschuss wieder abgedreht wird. Die Gerichtsverfahren in beiden Fällen dauerten noch bis in die 90er-Jahre. Es kam zu extremen Verschleppungsversuchen.
Ein hohes Strafmaß, nämlich Lebenslänglich, traf aber Udo Proksch, der dann im Gefängnis an einer mißglückten Herzoperation verstarb.


1991 legte Pilz sein Nationalratsmandat zurück. Stattdessen zog er als grüner Spitzenkandidat in den Wiener Landtag ein. Dort war er bis 1997 Klubobmann (Fraktionsvorsitzender) der Grünen im Wiener Rathaus.
Gleichzeitig war er von 1992 bis 1994 Bundessprecher der Grünen Partei.
Später warf man ihm, wenn er Kritik an der Führung seiner Partei äußerte, vor, dass er selber nur so kurz und angeblich wenig erfolgreich Bundessprecher gewesen sei.
1997 kritisierte Pilz Regierung und Justiz, weil diese 1989, nach der Ermordung dreier kurdisch-iranischer Oppositioneller, Tatverdächtige unter Polizeischutz hat ausreisen lassen. Er warf den Verantwortlichen Feigheit und politischen Opportunismus vor. In den Mordanschlag soll auch der von 2005 - 2013 amtierende iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad gewesen sein.

Im Nationalrats-Wahlkampf 1999 startete Pilz eine Vorzugsstimmen-Initiative, die ihm ca. 10.000 Stimmen einbrachte. Aufgrund des guten Ergebnisses der Grünen mit 7,1 % konnte Pilz wieder ins Parlament einziehen.

Für Pilz war es wieder Zeit, als Aufdecker zu arbeiten. Beireits seit April 1998 hatte er sich mit der Aufdeckung des österreichischen "Baukartells" beteiligt. Dabei wurde er von der Baufirma Teerag-Asdag auf 100 Mio. Schilling verklagt. Pilz gewann das Verfahren und die Baumanager wurden
rechtskräftig verurteilt.

Zu neuer Fahrt kam Pilz zwischen November 2006 und Juli 2007 im ersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss. Diese "G'schicht" versprach aber länger zu werden als dieser eine Ausschuss. Der offizielle Ausschussname war "Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen".

Im Dezember 2010 kündigte Pilz an, den Verein "Freiheit" und eine "Freiheit GmbH" zu gründen. Er wolle damit Initiativen wie WikiLeaks unterstützen.

Mit der Zeit verschärfte sich Pilz' Haltung zum radikalen Islam, er spricht vom politischen Islam. Einer der Anlässe waren die Vorgänge in der Türkei unter der Regierung Erdogans und seiner AKP, ein anderer die Flüchtlingskrise nach 2015, ein dritter generelle Radikalisierungstendenzen in einigen islamischen Gemeinden - ob vom Ausland gesteuert oder nicht. 

Im Kontext der Proteste in der Türkei 2013 sagte Pilz im Hinblick auf demonstrierende türkische Erdogan-Anhänger in Wien, dass bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft an türkische Immigranten deren politische Einstellung zu prüfen sei. Außerdem erklärte er im Februar 2017, dass türkische staatliche Agenten Exil-Türken, bis ins Privatleben hinein bespitzelten und dadurch zu Verhaftungen in der Türkei beitrügen.
Diese verschärfte Einstellung steht nicht nur im
Pilz vertrat im Gegensatz zu seiner politischen Partei eine immer restriktivere Migrationspolitik.
Dabei hatte er sicher nicht nur die migrationspolitische Lage im Auge, sondern auch die vorgezogenen Neuwahlen im Oktober 2017.


TRENNUNG VON DEN GRÜNEN UND GRÜNDUNG EINER EIGENEN LISTE

Im Vorfeld der vorgezogenen Nationalrats-Wahl 2017 ging Peter Pilz in eine Kampfkandidatur um Platz 4 und unterlag dort Julian Schmid.
Das sorgte für Freude und Empörung bei Grünen und bei politischen Beobachtern. Es wurde gemunkelt, dass die Kandidatur Schmids absichtlich von Pilz-Gegnern lanciert worden sei, um ihn abzuschießen. Bewiesen ist das aber nicht. Kritikern von Pilz warfen ihm dagegen vor, auf dem Listenplatz 4 zu beharren und die Angebote der Parteiführung auf andere Wege der Kandidatur auszuschlagen. Einige unterstellten auch, dass er in Wirklichkeit schon länger an einen Ausstieg bei den Grünen gedacht habe.
Bei dieser Auseinandersetzung kam heraus, dass es zwischen Pilz und der Führung der Grünen Partei schon länger gekracht hat, und zwar stärker, als das bereits medial bekannt war.

Nach seinem Scheitern bei der Listenwahl um Platz 4 kündigte Peter Pilz Ende Juni 2017 also seinen Rückzug aus dem Nationalrat an. Am 17. Juli trat er aus dem Parlamentsklub der Grünen aus. Doch schien dieses Ausscheiden aus der politischen Arbeit nicht so ganz entschieden zu sein.
Peter Pilz deutete immer mehr an, dass er nach dem Scheitern um Platz 4 plötzlich immer mehr Zuschriften und elektronische Nachrichten bekommen habe und da etwas im Gange sei, das man ernst nehmen müsse. Es könne also sein, dass er mit Freunden etwas ganz Neues aufstellen werde, aber keine Partei. Er griff in Pilz-Manier zum Hörer und telefonierte herum. Dabei stand sein langjähriger Anwalt Alfred Noll hinter ihm. Unklar ist aber, ob derartige Pläne schon länger in der Schublade lagen.
Am 25. Juli gab Peter Pilz bekannt, mit der Liste Peter Pilz zur Nationalratswahl 2017 antreten zu wollen. Insider haben schon lange gemunkelt, dass Pilz es zwar spannend mache - er stellte das Projekt lange als unsicher hin - aber nach so vielen Vorbereitungen nicht auf seine neue Liste verzichten würde. Formell war diese Liste - nach dem Vorbild Macrons in Frankreich waren gerade Listen en vogue - trotz gegenteiliger Ankündigungen aber dann doch eine Partei!
Der medial erfahrene Pilz ließ neue Informationen schrittweise an die Öffentlichkeit gelangen.

Zusätzlich veröffentlichte er noch ein Buch, nämlich "Heimat Österreich: Ein Aufruf zur Selbstverteidigung".

Bei der Nationalrats-Wahl im Oktober kam dann die Riesenüberraschung:
Als chancenreich galten die drei großen Parteien ÖVP, FPÖ und SPÖ und bei den kleinen Parteien die liberalen Neos, die Grünen und die Liste Pilz.

Während sich bei den großen Parteien das Ergebnis in etwa wie erwartet darstelle, die ÖVP gewann wie erwartet und SPÖ und FPÖ waren in etwa gleich auf (die SPÖ etwas vor der FPÖ), gab es bei den Kleinen eine handfeste Überraschung: Die Neos konnten noch ihr Ergebnis noch knapp verbessern (5,1 %), die Liste Pilz kam nach anfänglicher Unsicherheit am Wahlabend ins Parlament (4,4 %), ABER die Grünen erreichten mit 3,8 % die 4 %-Hürde zum ersten Mal seit Jahrzehnten nicht!
Auch das Warten auf die Briefwahlstimmen und Wahlkarten konnte daran nichts mehr ändern.

Für die Partei war das ein Volltreffer, den sie nicht erwartet hat. Sie ist jetzt für mindestens 5 Jahre nicht mehr im Nationalrat und verliert sehr viele staatliche Gelder. Durch die langwierige Präsidentenwahl von 2016 war sie sowieso schon wirtschaftlich angeschlagen.
Der Grüne Klubobmann Albert Steinhauser, der vorher noch die Trennungsverhandlungen mit Peter Pilz geführt hatte und dabei sehr resolut aufgetreten war, sagte nun: „Hätten wir den Peter Pilz auf Platz vier gewählt, dann wären die Grünen jetzt mit Sicherheit im Nationalrat.“

Das ist sicher so, aber die Mehrheit der ehemaligen Grünwähler ging zur SPÖ - wohl um eine schwarz-blaue Regierung zu verhindern, die zweitgrößte Gruppe dann aber zur Liste Pilz.

Doch die Angelegenheit nahm NOCH eine überraschende Wende:
Noch bevor Peter Pilz für den Nationalrat angelobt werden konnte, erklärte er am 4. November auf einer Pressekonferenz, sein Mandat nicht annehmen zu wollen.
Kurz vorher war es zu schweren Vorwürfen der sexuellen Belästigung gekommen.
Man muss (Sicht Nov. 2017) abwarten, ob an den Vorwürfen etwas dran ist und/oder ob es sich um eine gezielte Intrige der Grünen handelt, nachdem Pilz ihnen gerade einen so schweren politischen Schaden zugefügt hat.
Peter Pilz machte auf der Pressekonferenz dazu einige Andeutungen.




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