+ 428 v. Chr., in Lampsakos
Anaxagoras (griech. /Anaxagóras) war ein griechischer Philosoph ("Vorsokratiker") aus Kleinasien.
Sein Werk ist uns nur in Fragmenten überliefert, hauptsächlich von Aristoteles.
Einige Interpreten sehen in seiner Philosophie eine Zusammenführung der Ansätze von Heraklit (Feuer, Werden) und der Eleaten (Sein).
Mit Anaxagoras gelangte die "ionische Aufklärung" nach Athen, wo er mehrere Jahrzehnte seines Lebens verbrachte. Anaxagoras stand dem attischen Staatsmann Perikles als Lehrer und Berater nahe. Auch zu Euripides unterhielt er Kontakte.
Anaxagoras beschäftigte sich auch mathematischen Problemen wie der "Quadratur des Kreises".
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LEBEN
Anaxagoras kam um 462 v. Chr. nach Athen.
Dort verbreitete er seine Lehren und erlebte den politischen Durchbruch der Attischen Demokratie - und auch, wenn man so will, des Attischen Vormachtstrebens ("Imperialismus").
Nach Plutarch brachte er Perikles Kraft, Mut und Weitsicht bei, das Volk zu leiten.
Perikles interessierte sich für menschliche und "überirdische" Dinge.
Auch in der Vortragsart soll Anaxagoras Perikles positiv beeinflusst haben. Perikles Redestil soll dadurch direkt und schnörkellos geworden sein.
Anaxagoras beeinflusste auch Euripides. Der Tragödiendichter, dem komplexes Denken und menschliches Einfühlungsvermögen zugeschrieben wurden, interessierte sich auch für philosophisches Denken und forschen.
Anaxagoras freigeistige Haltung geriet nach rund drei Jahrzehnten aber mit dem attischen Recht in Konflikt. Ca. 430 v. Chr. wurde Anaxagoras wegen der Leugnung der Göttlichkeit der Sonne der Gottlosigkeit angeklagt. Angeblich soll er erst durch Intervention des Perikles vor der Todesstrafe gerettet worden sein. Um eine dauerhafte Verbannung kam er aber nicht herum.
Anaxagoras verbrachte seine letzten Lebensjahre im Exil in Lampsakos. Sein Werk "Über die Natur" soll aber in Athen heimlich reproduziert und unter der Hand verkauft worden sein - angeblich für eine Drachme (antike Münz- und Gewichtseinheit, meist aus Silber).
Auch Sokrates soll von dem Werk beeindruckt gewesen sein.
WERK
Anaxagoras versuchte als einer der ersten griechischen Philosophen, Theologie mit Kosmologie und Ontologie zu verschmelzen. Damit stellte er aber traditionelle religiöse Dogmen in Frage. Heute sprechen wir von einer "Desakralisierung der Welt". Man sprach auch von einem "Rückzug der Götter".
Erklärungskategorien wie "Logos" (Wort, Berechnung, Analyse) und "Ethos" (moralische Lebensgestaltung, auch unabhängig von religiösen Dogmen) werden stärker.
Einige Forscher sehen den aus Ionien stammenden Anaxagoras durchaus in der Tradition ionischer Naturphilosophen wie Thales, Anaximander oder Anaximenes.
Doch es ist umstritten, ob dort eine einheitliche "Linie des Denkens" vorliegt.
Nach Carl-Friedrich Geyer war Anaxagoras wie diese auf der Suche nach den ersten Gründen der Welt.
Anaxagoras suchte gleichzeitig nach ordnenden Gesichtspunkten.
Er ging nach Carl-Friedrich Geyer von einer "Urmischung" aus, der unendlich viele kleine Bestandteile unterschiedlicher Art enthalten waren: Die Homoiomerien.
Andere Forscher ziehen das in Zweifel und vertreten die Ansicht, Aristoteles habe bei der Überlieferung der Gedanken des Anaxagoras sehr stark eigene Gedanken beigemengt (so z. B. Rapp). Laut Anaxagoras entstehe aber nichts aus etwas, das nicht ist.
Neben dem "vermischten Stoff" nahm Anaxagoras einen "unpersönlichen Weltgeist" (nous) an, der in Bewegung gesetzt und getrennt habe, was vordem zusammenruhte.
Er sei als einziges mit keiner anderen Sache vermischt und existiere nur für sich selbst.
Er ist außerdem unendlich, selbständig, rein und fein, allwissend und unendlich stark.
Er ist die Ursache der kosmischen Kreisbewegung, dier er auch selbst angetrieben habe.
Aristoteles (384- 322 v. Chr.) berichtet, dass Anaxagoras die Menschen für die klügsten Lebewesen gehalten habe.
Dabei sehe Anaxagoras die Hände als Ursache dafür, dass die Menschen so intelligent seien (aus heutiger Sicht eine materialistische Erklärung).
Aristoteles vertritt dagegen die Ansicht, dass die Menschen umgekehrt Hände hätten, weil sie die klügsten Lebewesen seien (eine teleologische Erklärung, also zweckmäßig/zielgerichtet/sinnvoll). Die Natur hätte sogesehen Hände dem Menschen zugewiesen, weil dieser sie als intelligentes Lebewesen habe gebrauchen können.
Anaxagoras' Erklärung kommt ohne eine solche Prämisse aus.
Auch die moderne Naturwissenschaft tendiert dazu, nach einer Wirkursache (causa efficiens) statt nach einer Zweckursache (causa finalis) zu suchen.
Aber wie ist dann der moderne Funktionalismus einzuordnen?
Anaxagoras untersuchte Naturphänomene auch auf experimenteller Basis.
Eine Wasseruhr (Klepsydra) diente ihm zum vermeintlichen Nachweis der Nichtexistenz des leeren Raumes.
In Platons Dialog "Phaidon" erzählt Sokrates, dass er sich in seiner Jugend sehr für Naturphilosophie/Naturwissenschaften interessiert habe. In Anaxagoras habe er einen guten Lehrer gefunden. Später habe sich Sokrates daran gestört, dass die Naturphilosophen die Vernunft, die diesen Einsichten in die Natur zugrunde liege, nicht erklären konnten.
Sokrates nennt auch ein Beispiel: Wenn man den Wechsel eines Menschen von einem Ort zum anderen mit seinen zwei Beinen erklärt, dann sei das nur eine Scheinerklärung.
Stattdessen müsse man die Gedanken untersuchen, die einen Menschen zu einem Ortswechsel veranlassen.
(Ausgangspunkt der "Sokratischen Revolution": Beschaffenheit der Natur vs. Beschaffenheit des Denkens.)
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