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Samstag, 15. November 2025

NACHTGEDANKEN

15.11.2025

Marcus Aurelius - Politiker und Philosoph (AI)

NACHTGEDANKEN

 

DAS CHRISTENTUM UND DAS RÖMISCHE REICH 

Das Christentum wurde im Römischen Reich massiv verfolgt, viele Christen sogar umgebracht.

Im 4. Jahrhundert wurde das Christentum aber zuerst anerkannt und dann sogar zu einer Art Staatsreligion. Den entscheidenden Todesstoß sollen das Heidentum und die heidnische Philosophie aber erst im 6. Jahrhundert unter Kaiser Justianian I. erhalten.

So "verewigte" das im Römischen Reich lange verfolgte Christentum dieses Reich erstaunlicherweise. Besonders die römisch-katholische Kirche hielt das Römische Reich am Leben, indem sie an Latein als "Heiliger Sprache" festhielt und die Päpste in Rom residierten.

Im Osten bewahrte das griechisch-orthodoxe Christentum das Koine-Griechisch, das auf das Altgriechische folgte.

Ambivalent war die Haltung der Christen zur heidnischen Philosophie.
Nachdem sie die heidnische Religion gewaltsam unterdrückt haben, drängten sie auch heidnische Philosophenschulen zurück und zwangen im 6. Jhd. unter Justinian I. sogar die Platonische Akademie in Athen dazu, zu schließen (der Platonismus war in der Spätantike aber längst auch in anderen Städten wie Alexandria und Rom stark).
Gleichzeitig übernahmen christliche Autoren wie Augustinus aber selber viele Philosopheme der Heiden (Augustinus' Familie war selber gespalten: Sein Vater war Heide, seine Mutter Monica Christin). 

 

IDENTITÄT UND VERRAT

Menschen neigen dazu, sich eine individuelle Identität und eine Gruppenidentität verschaffen zu wollen.

Obwohl manche an dieser Identität starr festhalten, kann sie auch erstaunlich volatil sein.

Läuft einer zu einer anderen Gruppe über, spricht man von "Verrat".

Interessanterweise kommt so ein vermeintlicher oder wirklicher Verrat, also ein Identitätswechsel, in der Geschichte relativ häufig vor.

BEISPIEL: UNABHÄNGIGKEIT DER USA VOM BRITISCHEN EMPIRE

Die Unabhängigkeitserklärung der USA von 1776 wird dort als großen Schritt zur Freiheit gefeiert.

Interessanterweise kämpften aber die Siedler nur wenige Jahre zuvor mit regulären britischen Truppen gegen die Franzosen und mit denen verbündete Indianerstämme (sog. "French and Indian Wars").

Damals kam kaum einer auf die Idee, zwischen "Briten" und "(US-)Amerikanern" zu unterscheiden.

Nur wenige Jahre später kam es - u. a. aufgrund von Streitigkeiten über die Besteuerung - zum Unabhängigkeitskrieg, der aus britischer Sicht ein illegaler Sezessionskrieg war.

Es gab übrigens auch nicht wenige Loyalisten, die weiter zur britischen Seite hielten. Viele wurden schikaniert und mussten nach Boston, dem Hauptquartier der Briten, oder in den Süden fliehen. Die britischen Siedler im späteren Kanada blieben sowieso mehrheitlich loyal.

Man sprach ursprünglich von British America und nach dem Abfall der (späteren) USA von British North America.

Für viele Indianer war die Freiheit der Siedler sowieso das Todesurteil. Es ist allerdings umstritten, ob sie ein Opfer speziell des Liberalismus und der Ideen der Aufklärungen waren, denn auch unter der Spanischen Krone in Mittel- und Südamerika, die monarchistisch und keineswegs liberal war, wurden viele Indigene massakriert.

 
BEISPIEL: DER BÜRGERKRIEG ZWISCHEN USA UND CSA

Der US-Bürgerkrieg zwischen Nordstaaten und Südstaaten von 1860 - 1865 war ein äußerst blutig in in frühen Zügen industriell geführter Krieg bzw. Bürgerkrieg.
Es ging dabei auch um die Sklavenbefreiung. Wie stark dieses Motiv war und welche anderen Motive es noch gab, ist bis heute umstritten.

Man weiß, dass auch einige Nordstaaten damals noch Sklavenhalterstaaten waren. Man weiß auch, dass die Industrie des Nordens die aus dem Süden stammende Baumwolle verarbeitet hat, obwohl sie von Sklaven gepflückt wurde.

Interessant ist, dass dieser Nord-Süd-Gegensatz zwar schon eine Zeit lang schwelte, aber trotzdem relativ plötzlich ausbrach.

Vorher ging es in der US-Innenpolitik um andere Themen, wie wichtiger waren, z. B. um die Frage, ob oder wie der Katholizismus im Land bekämpft werden sollte.
Durch Einwanderer aus katholischen Gebieten Deutschlands und aus Irland entstand in den USA eine relativ zahlreiche nicht-protestantische Bevölkerungsgruppe. Später kamen noch katholische Südeuropäer hinzu.

Auch da sieht man, wie stark kollektive Identitäten wirken, sich aber auch verändern können. 

  

WECHSELNDE SYSTEME - BEISPIEL: FRANKREICH UND DEUTSCHLAND

Wenn in einem Land ein "politisches System" herrscht, dann tut man oft so, als sei dies auf alle Ewigkeit konstituiert.

Dies ist seltsam. Man denke nur an die Revolutionen in Frankreich. Viele glauben, 1789 wurde die Monarchie abgeschafft und damit war sie weg. Danach herrschte die Republik.

Aber so war es nicht. Schon nach 1789 gab es ein langes Ringen, bis die Republik 1792 ausgerufen wurde und danach war sie noch lange umstritten. Es kam zum Bürgerkrieg, auch unter den Republikanern selbst.
Der radikale Republikaner Robespierre hatte übrigens noch als Schüler am Lycée Henri IV. eine Lobrede auf den König Ludwig XVI. gehalten!

Nach den Napoleonischen Kriegen, die anfangs siegreich waren und dann für das bonapartistische Frankreich verloren gingen, wurde von 1815 - 1830 die Monarchie wiederhergestellt bzw. "restauriert".

Die Machtkämpfe zwischen Anhängern und Gegnern der Republik verliefen das ganze 19. Jhd. hindurch bis in das 20. Jhd. hinein.

Es gab dabei mehrere aktive Gruppen:

  • Anhänger der Republik (linke, zentristische, rechte)
  • linke Gegner der Republik
  • rechte Monarchisten
  • rechte Bonapartisten (Vorbild: Napoleon I. Bonaparte)
  • rechte Faschisten (im 20. Jhd. nach dem Vorbild der Faschisten und Nazis) 

Noch die Gründung des "État francais" (Vichy-Frankreich) nach 1940 war eine Manifestation von Anti-Republikanern. Den Anhängern des État francais wurde später ihre partielle Nazi-Kollaboration vorgeworfen. Aber in Wirklichkeit war zumindest zu Beginn des neuen Regimes die Zustimmung groß. Die Machtübergabe an Pétain war sogar von einer großen Mehrheit des französischen Parlaments abgesegnet.
Erst mit dem Ende des État francais und der Wiedererrichtung der Republik wurde die antirepublikanische Rechte marginalisiert. Trotzdem existierte sie auch nach 1945 weiter. Dies merkte man zuerst sehr stark in den Kolonialkriegen, besonders im Algerienkrieg. Später gab es die Bewegung der Poujadisten (bereits mit Jean-Marie LePen), das Unterstützungskommittee für Tixiers-Vignancours Bewerbung auf das Präsidentenamt und schließlich mit der Gründung des Front National in den frühen 1970er-Jahren.

Der Front National war zunächst eine fast unbedeutende Kleinpartei, die aber seit den 1980ern zu einem bedeutenden Machtfaktor der Rechten wurde. Die Partei ist sich trotzdem weiter uneins - auch als Rassemblement National -  ob sie autoritär-republikanisch, monarchistisch, bonapartistisch oder faschistisch auftreten soll.


Ein ähnliches Theater gab es auch in Deutschland.

Während der Märzrevolution 1948 scheiterte der Versuch, nach französischem Vorbild eine Republik zu errichten.

1871 kam es dann doch zu einer deutschen Einheit, aber unter autoritärer Führung Preußens und unter Ausschluss der deutschsprachigen Teile Österreichs.

Im 20. Jhd. gab es in Deutschland 5 - 6 verschiedene politische Systeme:

  • Zweites Kaiserreich
  • Weimarer Republik (formell: Deutsches Reich)
  • NS-Reich (formell: Deutsches Reich oder Großdeutsches Reich)
  • Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik
  • Bundesrepublik Deutschland 

Zu bedenken ist:
JEDES dieser Systeme hatte seine Anhänger (einige sollten es später leugnen), JEDES hielt sich selbst für gut und überlegen, JEDES hatte seine Lehrer, die es vor Schülern rechtfertigten und JEDES hatte seine Justiz, die es verteidigte.

Seltsam nur, dass manche Personen für verschiedene Systeme arbeiteten und alle verteidigten.