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Donnerstag, 3. August 2023

EXKURSION 2023: DAS KLOSTER MAULBRONN

Wegen Corona und diverser Verpflichtungen kamen wir lange nicht mehr zu einer Exkursion.
Erst vor einiger Zeit dachten wir darüber nach, dass mal wieder etwas passieren müsse.
Jetzt reichte es wenigstens zu einer Tagesexkursion zum Kloster Maulbronn - und die hat sich trotz Wechselwetter gelohnt. Am letzten Samstag, dem 29.07.2023, waren wir dort:

Klosterfront und Klosterkirche mit Vorhalle


Das Kloster Maulbronn ist eine ehemalige Zisterzienserabtei und liegt in der Ortsmitte von Maulbronn.
Maulbronn wiederum liegt in Baden-Württemberg im Kraichgau, einer Landschaft zwischen Odenwald im Norden und Schwarzwald im Süden. Es ist z. B. über Pforzheim erreichbar.

Maulbronn wurde im 12. Jhd. gegründet, wobei es zu logistischen Schwierigkeiten kam.
Sein Baustil hat noch romanische Elemente, ging aber dann in die Gotik und Spätgotik über.
Die Anlage ist von einer Mauer umschlossen. Heute befinden sich dort neben den Klostereinrichtungen und mehreren Restaurants und Souvenierläden (beide teuer!) diverse öffentliche Einrichtungen sowie ein evangelisches Gymnasium mit Internat (Ev. Seminare Maulbronn und Blaubeuren).

Seit Ende 1993 gehört das Kloster Maulbronn zum UNESCO-Welterbe.

Die Behauptung, dass das Kloster für den Film "Der Name der Rose" Pate stand, ist aber nicht richtig. Es war nur in der engeren Auswahl. Dafür war es aber einer der Drehorte des Filmes "Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen" (2009) von Margarethe von Trotta.


GESCHICHTE

Panoramablick über den Klosterhof


Hoch- und Spätmittelalter: Gründung und Aufbau

Der Zisterzienserorden erhielt unter dem Abt Bernhard von Clairvaux (Sanctus Bernardus; ca. 1090 - 1153) auch in Deutschland (noch kein Staat im modernen Sinne) regen Zulauf.
[Bernhard von Clairvaux war Abt, Kirchenlehrer, Kreuzzugsprediger und scholastischer Mystiker. Die Zisterzienser hatten sich im späten 10. Jhd. von der Benediktinerabtei Cluny in Burgund abgespaltet(-n) und ein neues Kloster in Cîteaux gegründet. Man warf der Abtei Cluny ein Leben in Luxus im Widerspruch zur Benediktsregel aus dem 6. Jhd. vor. Bernhard von Clairvaux sorgte in großem Ausmaß für die Verbreitung des neuen Ordens.]
Der Edelfreie Walter von Lomersheim unterstützte dies durch die Stiftung seines Erbgutes Eckenweiher zwischen Mühlacker und Lienzingen zur Gründung eines Klosters, in das er selber als Laienbruder eintreten wollte. Dazu entsandte das Kloster Neuburg im Elsass Abt Dieter und zwölf Mönche (symbolische Anzahl).
[Anm.: Aus den germ. Edelfreien entwickelten sich im Heiligen Römischen Reich die Dynastengeschlechter.]

1138 sollte der Abt Dieter von der Primarabtei Morimond das Kloster (neu) gründen. Es gab aber Versorgungsprobleme für das Kloster.
Deshalb erklärte 1146 der Bischof von Speyer, Günther von Henneberg, den Ort für untauglich und schenkte dem Kloster das Bischofslehen zu Mulenbrunnen beim Salzach-Tal. Man vermutet, dass das Kloster 1147 dorthin verlegt wurde. Häufig wird dieses Jahr heute als Gründungsdatum genannt.
1148 verlieh Papst Eugen III. dem neuen Kloster einen Schutzbrief.

Die Klosteranlage entwickelte sich trotz der holprigen Gründung zum politischen, sozialen und wirtschaftlichen Zentrum der Region.

Ab 1156 stand es unter der Schirmvogtei Kaiser Friedrichs I. "Barbarossa" (= Schutz des Reiches).
1178 weihte Erzbischof Arnold von Trier die Klosterkirche.
Ab dem Jahre 1201 wurde die Klosterfront gebaut. Dazu gehörte der Keller und das Laienrefektorium.
In den Folgejahren wurde die Anlage weiter ausgebaut: ca. 1210 Vorhalle (Paradies), ca. 1215 Südhalle des Kreuzgangs, ca. 1225 Bau des Herrenrefektoriums und des Kapitelsaals.
Im Jahr 1232 wurde die kaiserliche Vogtei bestätigt. Der Konvent wählte später jedoch den Bischof von Speyer zum Beschützer der Abtei. Sie wurde wahrscheinlich als Untervogtei seines Ministerialen Heinrich von Enzberg verliehen (ab 1236 urkundlich fassbar). Allerdings kam es in der Folge immer wieder zu Streitigkeiten mit den machtbewussten Herren von Enzberg.

Zu Beginn des 14. Jhd.s wurde die Westhalle des Kreuzganges gebaut (ca. 1300).
Ab 1325 waren die Pfalzgrafen bei Rhein mit der Schirmvogtei betraut.
Ca. 1350 wurde die Nordhalle des Kreuzganges mit der Brunnenkapelle, die Osthalle mit dem Kapitelsaal und die Johanneskapelle gebaut. 
1361 wurde Johann I. von Rottweil Abt und ummauerte das Kloster.
1424 begann ein gotischer Umbau der Kirche.
1430 wurde das Pfrundhaus gebaut.
1441 befestigte der Pfalzgraf als Schirmvogt das Kloster mit Mauern, Türmen und Zinnen.
1479 wurde die Vorhalle des Klosters gebaut, 1493 das Parlatorium (Sprechzimmer/Empfangsz.
1495 wurde das Oratorium (Bethaus) vollendet.


Frühe Neuzeit: Angriffe Herzog Ulrichs, Reformation und Deutscher Bauernkrieg


Im frühen 16. wurden zunächst die Bautätigkeiten des vergangenen Jahrhunderts fortgesetzt, doch dann wurden die Zeiten kriegerischer.
1501 wurde der Steinbaldachin (hier: festes Zierdach; sonst auch tragbar) im Mittelschiff der Laienkirche errichtet.

Während des bayerisch-pfälzischen Erbfolgekrieges wurde das Kloster 1504 von Herzog Ulrich von Württemberg belagert. Es fiel nach siebentägiger Belagerung. Die Herzöge von Württemberg waren bekannt durch ihre Expansionspolitik und beschädigten dadurch einige Festungsanlagen, die deshalb rund zwei Jahrzehnte später im Bauernkrieg leichter den Bauern in die Hände fielen.

Der Deutsche Bauernkrieg von 1525 ff erreichte dann auch das Kloster. Insbesondere der Neckartal-Haufen von Jäcklein Rohrbach aus Böckingen tat sich hierbei hervor. Rohrbach beklagte sich bei Hans Wunderer über die Unordnung unter den Rebellen. Einige wollten die anlage Verkaufen, andere verbrennen oder abreißen. Rohrbach sätze sich für die Erhaltung der Gebäude ein.
(Am Ende des Bauernkrieges wurde Rohrbach an einen Baum gekettet und verbrannt. Einigen Quellen zufolge soll er sich dabei an einer Kette auf einer Kreisbahn um den Baum herum unter Feuerqualen bewegt haben.)

Durch die Reformation wurde das Herzogtum Württemberg protestantisch. Das brachte Probleme für die Mönche des Klosters mit sich.
Zuerst war das Kloster als Sammelkloster für renitente Mönche aus württembergischen Männerklöstern vorgesehen. Abt und Konvent gingen 1537 in das Priorat Pairis im Elsass.
Nach der Niederlage der Protestanten gegen die kaiserlichen und katholischen Truppen im Schmalkaldischen Krieg musste der Herzog das Kloster im Jahr 1546/47 dem Konvent zurückgeben.
1550 wurde das Gesindehaus gebaut.

1555 wurde der Augsburger Religionsfrieden geschlossen. Die Kurzformel lautet: Cuius regio, eius religio; wörtlich übersetzt: Wessen Region, dessen Religion. Danach war es so, dass der Territorialherr bestimmen durfte, welcher Religion seine Untertanen anzugehören hatten.
1556 erließ Herzog Christoph von Württemberg die "Klosterordnung", die den Grundstein für ein geregeltes Schulwesen in den verbliebenen Männerklöstern legte.
Der Herzog wollte auch seinen Einfluss auf das Kloster Maulbronn wieder stärken, dass seit 1547 voröbergehend wieder unter der Kontrolle der Zisterzienser gestanden hatte und reichsunmittelbar war.
1556 wurde aber eine evangelische Klosterschule gegründet. 1558 Valentin Vannius der erste evangelische Abt.
Bezüglich des Klosters Maulbronn gab es einen bis ins 17. Jhd. andauernden Rechtsstreit, ob die Umwandlung in eine (evangelische) Schule richtig war oder ob wieder (katholische) Mönche in das Kloster einziehen sollten (zweimal gelang dies für kurze Zeit: 1548 - 1555 und 1630 - 1649).
1586 ff wird Johannes Kepler aus Weil der Stadt Klosterschüler.
Währenddessen erfolgten umfangreiche Bautätigkeiten: 1580 wurde der Fruchtkasten erweitert, 1588 wurde der Bau des Herzoglichen Jagdschlosses begonnen und um 1600 wurde der Hörsaal über der Brunnenkapelle gebaut.


Wirtschaftliche Lage

Trotz diverser politischer Wirren konnte das Kloster seine wirtschaftliche Position ausbauen. Am Anfang profitierte es durch fromme Schenkungen und Stiftungen des edelfreien Adels und der Ministerialität. Im 14. und 15. Jhd. wurde der Besitz durch gezielte Güterkäufe arrondiert (abgerundet). Am Ende entstand ein geschlossenes Klosterterritorium mit über zwanzig Dörfern ("Klosterflecken").

Die Eigenbewirtschaftung unmittelbar um den Kloster herum erfolgte mit dem Elfinger Hof. In Illingen, Knittlingen und Unteröwisheim gab es auch Eigenbetriebe. Auch wurden ca. 2500 Hektar klösterlichen Waldes bewirtschaftet.

Durch diese Wirtschaftstätigkeit, durch die Verpachtung von Gütern und Privilegien und durch die Zehnteinnahmen erhielt das Kloster erhebliche Einkünfte (vgl. klösterlicher Fruchtkasten). Die Verwaltung der Einkünfte erfolgte durch mehrere "Klosterpflegen", die der Konvent eingerichtet hatte.
Es gab Pfleghöfe in Illingen, Kirchheim/Neckar, Knittlingen, Ötisheim, Speyer, Unteröwisheim und Wiernsheim.


17. Jhd.: Dreißigjähriger Krieg, pfälzische Erbfolgekriege

Auch der Dreißigjährige Krieg (1618 - 48) drang bis nach Südwestdeutschland vor. Hier wurde ein Sammelsurium von Konflikten aus staatspolitischen, religiösen und Klassenkonflikten ausgetragen.
Der Krieg bestand aus mehreren Phasen, so dass ihn einige Historiker sogar als eine Folge separater Kriege ansehen.
1632 war der schwedische König Gustav-Adolf vorübergehend siegreich und stärkte die protestantische Seite. Im November desselben Jahres starb er jedoch von einer Kugel getroffen und sein Kanzler Axel Oxiensterna versuchte, sein politisches Erbe zu retten.
Die Protestanten witterten auch im Kloster Maulbronn vorübergehend Morgenluft.
Aber erst 1648 wurde Maulbronn im Westfälischen Frieden (vorerst) endgültig dem Protestantismus zugesprochen. In den Folgejahren wurden entsprechend diverse Machtpositionen wieder mit Protestanten besetzt.
Gegen Ende des Jahrhunderts droht aber wieder Gefahr: Diesmal durch das geeint auftretende Frankreich.
1688 griffen französische Truppen die Kurpfalz und speziell dessen Hauptstadt Heidelberg an. Die Angriffe wurden dann weitergetragen bis nach Heilbronn, das als Basis für weitergehende Angriffe umfunktioniert wurde.
Ezéchiel (Comte) de Mélac und der Comte de Tessé ließen im Februar 1689 auf Befehl des franz. Kriegsministers Louvois durch ihre Truppen das Heidelberger Schloss sprengen. Heidelberg wurde angezündet. In der Folgezeit wurden viele deutsche Städte - insbesondere auf westrheinischem Gebiet - zerstört. Mélac galt daraufhin als "Mordbrenner". 1692 mussten die Klosterschüler von Maulbronn vor den Truppen de Mélacs in Sicherheit gebracht werden.


18. Jahrhundert: Reorganisation, Französische Revolution

Erst 1702 wurde die Klosterschule wiedereröffnet.
1751 wurde das Abtshaus abgerissen.
1786 - 88 war Friedrich Hölderlin Schüler der Klosterschule.
Gegen Ende des Jahrhunderts dämmerten jedoch neue Verhältnisse auf: 1789 begann die Französische Revolution, die ähnlich wie der Dreißigjährige Krieg von einigen Historikern als einheitliches Ereignis und von anderen als Abfolge verschiedener Revolutionen verstanden wird.
Die Revolution stellte althergebrachte Vorstellungen auf den Kopf und führte zu einem Hinterfragen traditioneller Herrschaftsrechte von Adel und Klerus. Allerdings hat es schon im Vorfeld von 1789 rebellisches Gedankengut (z. B. Ideen der Aufklärungsphilosophie) und erste Unruhen gegeben.
Gleichzeitig führten die Ereignisse aber auch zu einem erneuten französischen Expansionismus, der erst 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig und 1815 in der Schlacht von Waterloo beendet wurden.


19. Jahrhundert: Säkularisierung

Die Ergebnisse der Französischen Revolution führten auch im sterbenden Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu einer Säkularisierung.
1803 kam es zum Reichsdeputationshauptschluss.
Der noch starke Napoleon wollte Deutschland "mediatisieren", d. h. die mittleren Mächte/Territorien stärken. Damit wollte er im Gegenzug die großen Mächte/Territorien wie Preußen und Österreich schwächen, aber auch die Kleinstaaterei im Reich beenden.
Viele kirchliche Güter gingen an weltliche Herrschaften über. Dabei spielte aber nicht nur eine Kritik an kirchlichem Machtmissbrauch eine Rolle, sondern auch die Möglichkeit zur Bereicherung der neuen Herren. So wurde das Kloster Maulbronn von König Friedrich I. von Württemberg säkularisiert.
1806 ging dann das Heilige Römische Reich Deutscher Nation unter.
1818 wurde Maulbronn ein "Evangelisch-theologisches Seminar". 1823 wurde aber die Generalsuperintendenz von Maulbronn nach Ludwigsburg verlegt.
1892 brannte das Pfrundhaus des Klosters. 1893 - 99 wurden das Professorhaus vor der Klosterfront und das "Schlösschen" (Famulus-Wohnung) abgebrochen.


20. und 21. Jahrhundert

Der Erste Weltkrieg von 1914 - 1918 stellte auch für die Gegend eine schwere Belastung dar. Anders als beim Zweiten Weltkrieg erlebte das Reich aber keine großflächigen Bombardements.

1928 ging das Evangelisch-theologische Seminar in die Evangelische Seminarstiftung über.

1933 kamen die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht und führten von 1939 - 1945 den Zweiten Weltkrieg.
1941 beschlagnahmten die neuen Herren das Kloster und schlossen die Seminarschule.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1945 das Evangelisch-Theologische Seminar wiedereröffnet.
Ab 1972 sind dort auch Mädchen zugelassen.
Die Klosteranlage erhielt nach dem Weltkrieg eine immer größere touristische Bedeutung. Ende 1993 wurde sie in die UNESCO-Liste Weltkulturerbe aufgenommen. Im Inneren des Klosters finden regelmäßig Kulturveranstaltung einschließlich von Konzerten statt.

Wirtschaftlich ist die Klosteranlage fast ausschließlich im Besitz des Landes Baden-Württemberg (Einrichtug "Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg"). Der ehemalige Marstall wird von der Stadt Maulbronn als Rathaus benutzt.

Grundriss: Klosterklausur in Maulbronn


QUELLEN UND LITERATUR:

Wiki
-
Informationen der UNESCO
Informationsmaterial des Klosters Maulbronn
eigene Beobachtungen und Fotos


















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