Die Geschichte des Jüdischen Krieges (gegen die Römer) oder der Jüdische Krieg, auf Altgriechisch "Περὶ τοῦ Ἰουδαϊκοῦ πολέμου/Perì toῦ Ioudaikoῦ polémou", auf Latein "De bello Iudaico" oder "Bellum Iudaicum", ist ein Werk des jüdisch-römischen Historikers Flavius Josephus. Das Werk behandelt den Aufstand der Juden gegen die Römer von 66 bis 74 sowie dessen Ursachen.
AUFBAU
Josephus beschreibt selber im Vorwort, dass sein Buch in sieben Bücher eingeteilt ist.
Das 1. Buch ist bei weitem das längste Buch. Die Bücher 1 und 2 machen zusammen 42 % des Gesamttextes aus.
Im 4. Buch wird die Ermordung der Hohepriester Ananus und Jesus als Wendepunkt der Handlung beschrieben. Der Untergang Jerusalems und des Tempels erscheint unvermeidlich.
Josephus geht auch in die Vergangenheit zurück und beschreibt, wie Römer und Judäer lange Zeit zusammengearbeitet haben. Er beschreibt aber auch, wie unter Nero und seinem Prokurator Gessius Florus dieses Verhältnis gestört wurde. Dieser stärkte einseitig die Samaritaner, was zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen geführt habe.
Vespasian und Titus stellt Flavius Josephus dagegen als integre Männer dar.
BUCH I (Makkabäerkämpfe bis Herodes' Tod)
Als der Seleukide Antiochos IV. Epiphanes herrschte, kam es in Jerusalem zu einem Konflikt zwischen Oniaden und Tobiaden. Der Hohepriester Onias flieht ins Ptolemäerreich und gründet dort in Heliopolis einen Tempel nach dem Muster des Jerusalemer Tempels.
In Judäa erhebt sich die Bevölkerung unter Führung der Makkabäer erfolgreich gegen die seleukidische Oberherrschaft. Dadurch entsteht ein unabhängiger jüdischer Staat. In Jerusalem herrschen jetzt die Priesterkönige der Hasmonäer und erweitern das Territorium Judäas durch Eroberungen. Erst durch Herodes werden die Hasmonäer entmachtet.
Flavius Josephus bewertet Herodes negativ: Außenpolitisch konnte er als Verbündeter Roms Erfolge verzeichnen, innenpolitisch agierte er paranoid und unbeherrscht und seine Familie war voller Intrigen. Das Buch endet mit seinem Tode.
BUCH II
Nach dem Tod des Herodes kam es zu Konflikten um seine Nachfolge. Rom wollte über Jerusalem und Caesarea Maritima seine Macht über Judäa festigen. Aus Sicht des Flavius Josephus ist es dem Prokurator Gessius Florus nicht gelungen, den Konflikt zwischen Judäern und Samaritanern zu schlichten (Josephus steht auf Seiten der Judäer). Es bildeten sich dann militante Gruppen, sogenannte "Räuber", heraus. Im von Herodes gegründeten Caesarea ringen jüdische und nicht-jüdische Einwohner um die Vorherrschaft. Die Region wird destabilisiert. Eine Strafexpedition von Gaius Cestius Gallus, des Statthalters von Syrien, endet mit einer römischen Niederlage bei Bet-Horon. Nun ist mit einem Vergeltungsangriff der Römer zu rechnen. Josephus wird Galiläa übertragen.
BUCH III
Vespasian soll für Kaiser Nero Judäa zurückerobern. Eine gewaltige Armee wird gegen Galiläa in Marsch gesetzt, kann jedoch durch Josephus eine Weile aufgehalten werden. Jotapata kann 47 Tage gegen die römische Belagerung gehalten werden, bis Josephus in Gefangenschaft gerät.
Josephus sagt Vespasian das Kaisertum voraus. Galiläa fällt aber der römischen Armee zu, weit die zentral gelegene Stadt Sepphoris im gesamten Konflikt pro-römisch ist.
BUCH IV
Vespasian und sein Sohn Titus erobern Galiläa durch die Zerschlagung der letzten Widerstandsnester in Gamla, auf dem Tabor und in Gischala. Der "Milizenführer" Johannes von Gischala zieht sich nach Jerusalem zurück und entwickelt sich dort zum Tyrannen. Johannes halt Idumäer in die Stadt, die populäre Angehörige der Priesteraristokratie ermorden. Die noch verbliebenen Oberschichtsangehörigen holen dagegen Simon bar Giora, den Gegenspieler des Johannes, in die Stadt. In Jerusalem eskaliert der Bürgerkrieg.
Doch währenddessen ist auch Rom durch Bürgerkrieg zerrissen (Ende Buch IV). Erst durch die Ausrufung Vespasians zum Kaiser kann er seinen Sohn Titus mit der Eroberung Jerusalems beauftragen, um den Feldzug zu beenden.
BUCH V
Die Bevölkerung von Jerusalem kann trotz des Bürgerkrieges in der Stadt die ersten Angriffsmaßnahmen der Römer abwehren. Flavius Josephus beschreibt die Militärtopographie Jerusalems genau. Die Stadt ist stark befestigt. Auch der Tempel wird beschrieben.
Der Kampf verläuft lange Zeit unentschieden. Josephus hält vor den Belagerten eine große Rede, in der er das Geschehen geschichtstheologisch deutet.
Währenddessen wurde Titus aufgrund der anfänglichen Misserfolge immer militanter.
BUCH VI
Die vom bisherigen Misserfolg erbitterte römische Armee setzt die
Belagerung mit ihrer charakteristischen Technik fort. In der Stadt wird
das Elend immer größer. Maria, eine aristokratische Jerusalemerin,
schlachtet ihr Kind und isst es. Als Titus von diesem Akt des
Kannibalismus erfährt, gelobt er, Jerusalem zu zerstören. Allerdings
will er den Tempel erhalten. Die Kriegsereignisse gehen darüber hinweg. Nachdem die römische Armee in die Stadt und auf das Tempelgelände
vordringt, legt ein einzelner Soldat dort Feuer. Dem Feldherrn
gelingt es nicht, eine Löschaktion zu veranlassen. Da der Tempel also
verloren ist, sieht sich Titus dort alles selbst genau an.
Für Flavius Josephus ist die Zerstörung des Tempels aufgrund der Frevel der Tyrannen Gottes Wille.
BUCH VII
Die Niederlage im Jüdischen Krieg hat auch für die jüdische Bevölkerung in Syrien und Ägypten negative Folgen.
Die Flavier feiern in Rom ihren Triumph über Judäa. Die erbeuteten Tempelgeräte werden beim Triumphzug mitgeführt und danach im Templum Pacis aufgestellt.
Die letzten Festungen in Judäa fallen in römische Hand. Die Verteidiger von Machaerus kämpfen heroisch und erreichen freien Abzug (nicht für die Zivilbevölkerung). Die Verteidiger von Masada begehen kollektiven Selbstmord. Das Buch endet mit der Zerstörung des Oniastempels in Ägypten und mit der Entlastung des Josephus von Vorwürfen antirömischer Aktivitäten.
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TEXTAUSZUG
Buch I
Ἐπειδὴ τὸν Ἰουδαίων πρὸς Ῥωμαίους πόλεμον συστάντα μέγιστον οὐ μόνον τῶν
καθ' ἡμᾶς, σχεδὸν δὲ καὶ ὧν ἀκοῇ παρειλήφαμεν ἢ πόλεων πρὸς πόλεις ἢ
ἐθνῶν ἔθνεσι συῤῥαγέντων, οἱ μὲν οὐ παρατυχόντες τοῖς πράγμασιν, ἀλλ'
ἀκοῇ συλλέγοντες εἰκαῖα καὶ ἀσύμφωνα διηγήματα σοφιστικῶς ἀναγράφουσιν,
[2] οἱ παραγενόμενοι δὲ ἢ κολακείᾳ τῇ πρὸς Ῥωμαίους ἢ μίσει τῷ πρὸς
Ἰουδαίους καταψεύδονται τῶν πραγμάτων, περιέχει δὲ αὐτοῖς ὅπου μὲν
κατηγορίαν ὅπου δὲ ἐγκώμιον τὰ συγγράμματα, τὸ δ' ἀκριβὲς τῆς ἱστορίας
οὐδαμοῦ, [3] προυθέμην ἐγὼ τοῖς κατὰ τὴν Ῥωμαίων ἡγεμονίαν Ἑλλάδι γλώσσῃ
μεταβαλὼν ἃ τοῖς ἄνω βαρβάροις τῇ πατρίῳ συντάξας ἀνέπεμψα πρότερον
ἀφηγήσασθαι Ἰώσηπος Ματθίου παῖς ἐξ Ἱεροσολύμων ἱερεύς, αὐτός τε
Ῥωμαίους πολεμήσας τὰ πρῶτα καὶ τοῖς ὕστερον παρατυχὼν ἐξ ἀνάγκης:
(Da ja der Krieg der Juden gegen die Römer nicht nur der grösste aller Kriege unserer Zeit war, sondern - sofern uns Erzählungen erreicht haben - der grösste aller, die jemals zwischen Städten und Völker ausgebrochen sind, hat er nicht an Historikern Mangel gehabt.)
(1.) Da der zwischen den Juden und Römern ausgefochtene Krieg, welcher
nicht bloß unter den Kriegen der Jetztzeit, sondern, fast möchte ich
sagen, auch unter allen blutigen Zusammenstößen einzelner kleinerer
Staaten oder ganzer Nationen, von denen uns überhaupt die Geschichte
Kunde gibt, der gewaltigste ist, von dem einen Theile der
Geschichtschreiber nur zu einem Gegenstande der Schönrednerei gemacht
wird, weil sie ja keine Augenzeugen jener Ereignisse waren, sondern bloß
vom Hörensagen die erstbesten und widerspruchsvollsten Geschichten
zusammentragen, 2 während die Augenzeugen theils aus Schmeichelei
gegen die Römer, theils aus Hass gegen die Juden der Wahrheit geradezu
absichtlich ins Angesicht schlagen, so dass ihre Schriften hier nur
einseitigen Tadel, dort wieder die reinste Lobhudelei, nirgends aber das
enthalten, was man zuverlässige Geschichte nennt, 3 so habe ich,
Josephus, des Matthias Sohn, ein gebürtiger Hebräer aus Jerusalem und
priesterlicher Abstammung, nachdem ich persönlich beim Beginn des
Krieges den Römern gegenüber gestanden, dem späteren Verlaufe aber
wenigstens als Zuschauer wider Willen nahegestanden bin, mir
vorgenommen, den Bewohnern des römischen Reiches in griechischer
Ueberarbeitung dasselbe Geschichtswerk zu bieten, das ich früher für die
Barbaren im oberen Asien in meiner Muttersprache abgefasst und
herausgegeben habe.
ÜBERSETZUNG: Philipp Kohout, 1900/01 (Wikisource)
QUELLEN:
Wikipedia
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