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Sonntag, 24. August 2025

PIER PAOLO PASOLINI

17.08.2025 - 24.08.2025

Pier Paolo Pasolini (Quelle: pixabay.com; hafteh7)

Pier Paolo Pasolini war ein italienischer Regisseur von Weltruhm und gleichzeitig investigativer Journalist und Gesellschaftskritiker.
Er fand unter mysteriösen Umständen in Ostia den Tod.

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JUGEND IN BOLOGNA

Pier Paolo Pasolini wurde 1922 in Bologna geboren.
Zu seinem Vater, einem italienischen Offizier, hatte er kein gutes Verhältnis. Zu seiner künstlerisch interessierten Mutter schon eher.

Pasolini wuchs in Bologna in einer Stadt voller Bildung und Kunst auf.

Pasolini interessierte sich früh für Kunstgeschichte und schrieb sich nach der Schule für dieses Fach ein. Sehr früh betätigte er sich auch als Journalist und Schriftsteller.
Die Filmemacherei, für die er später berühmt werden sollte, wurde erst spät sein Metier.


ERSTE SCHRIFTSTELLERISCHE WERKE

Pasolini dichtete schon in den 1940er-Jahren Gedichte im friaulischen Dialekt (publiziert 1954 als "La meglio gioventù"/"Die beste Jugend").
1950 siedelte er nach Rom über und veröffentlichte den Gedichtband "Le ceneri die Gramsci"/"Gramsci's Asche" (1957).
1955 veröffentlichte Pasolini den erfolgreichen Roman "Ragazzi di vita" (auf dt. bei Wagenbach). Der auch sprachlich experimentelle Roman enthält Erzählungen über Jugendliche aus dem römischen Subproletariat. Der Nachfolgeroman über diese Schicht von 1959 hieß "La vita violenta".
Der archaische Kampf ums Überleben dieser subalternen Klassen, in denen Pasolini aber auch sprachliche und körperliche Vitalität erkennen wollte, faszinierte den Autor. Er beschrieb den Kampf vor den Kulissen des traditionellen wie auch des modernen Roms. Die "ewige Stadt" wird als Metropole wahrgenommen, die aber auch mit ihrer Peripherie kommuniziert.
Pasolini sah diese Welt nicht nur aus seiner eigenen subjektiven Erfahrung, sondern auch durch das Schema eines Marxismus und Neorealismus.


EINSTIEG IN DIE FILMBRANCHE

Anfang der 1960er-Jahre geriet Pasolini jedoch in eine Schaffenskrise. Viele schriftstellerischen Ansätze waren erschöpft. Die Lösung des Problems bestand für ihn in der Hinwendung zum Film.
Er wollte jetzt "Die Realität mit der Realität ausdrücken". 1961 drehte er den Film "Accattone". Pasolini ging autodidaktisch vor. Er hatte wertvolle Ideen, musste sich die Beherrschung der Filmtechnik aber erst aneignen. Accattone war ein Überraschungserfolg.
1962 folgte "Mamma Roma" (mit Anna Magnani), 1964 "Das 1. Evangelium - Matthäus" und 1967 "Edipo Re - Bett der Gewalt" (mit Silvana Mangano). Daneben entstanden weitere kleine Produktionen.

In der 2. Hälfte der 1960er-Jahre veränderte sich allmählich Pasolinis Betrachtungsschwerpunkt: Er sah, dass sich die italinische Gesellschaft von einer Agargesellschaft zu einer "neokapitalistischen" Industriegesellschaft verändert hat.
Pasolini bekannte eine bourgeoisen Vereinheitlichung hin zu einer modernen Arbeits- und Konsumgesellschaft. Auch althergebrachte politische Gegensätze sah er zunehmend vor diesem Hintergrund: Neofaschisten wie junge Antifaschisten schienen beide im Konsumismus vereint zu sein. Es ging nicht mehr wirklich darum, ob man zu Mussolinis Zeiten zurückkehren wollte oder nicht.
1968 erschien "Teorema" ("Teorema - Geometrie der Liebe"), 1969 "Porcile" ("Der Schweinestall"), 1970 - 1974  die "Trilogie des Lebens" und 1975 der hochumstrittene Film "Salò - oder die 120 Tage von Sodom". Mit Salò war die Republik von Salò gemeint, ein umgangssprachlicher Begriff für die Italienische Sozialrepublik (RSI) in Norditalien. Im Jahre 1943 wurde Diktator Mussolini von seinem eigenen Rat für abgesetzt erklärt und auf dem Gran Sasso festgesetzt. Dort wurde er durch ein Kommanduunternehmen der SS befreit und zum Staatsoberhaupt der RSI in Norditalien erklärt. Süditalien war schrittweise von den Alliierten erobert worden. Die Führung des Deutschen Reichs und der mit ihr noch verbündete Teil der italienischen Faschisten hofften so - letztendlich vergeblich - das Vordringen der Alliierten aufhalten zu können.


HÖHEPUNKT DES SCHAFFENS UND TOD

Der Film "Salò - oder die 120 Tage von Sodom" beschriebt verschiedene Formen des menschlichen Sadismus und der Repression:
Einmal den Sadismus der bereits erwähnten Republik von Salò (RSI).
Dann den Sadismus, wie er im Werk "Die 120 Tage von Sodom" von Marquis de Sade beschrieben wird.
Und drittens den Sadismus der bereits aufziehenden modernen Konsumgesellschaft.
Pasolini greift besonders die Bourgeoisie an, der er die Verwirklichung eines neuen Systems der Repression und die Vernichtung soziokultureller Vielfalt vorwirft.

Es ist wahrscheinlich, dass dieser Film zusammen mit Pasolinis neu erwachter Begeisterung für den politisch-kritischen Journalismus sein Ende besiegelte.

Pasolini veröffnete in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre eine Reihe hochbrisanter Schriften, von denen einige aber erst nach seinem Tod erschienen sind:

  • Scritti corsari (Freibeuterschriften), 1975 (dt. bei Wagenbach)
  • Lettere Luterane (Lutherbriefe), 1976 posthum
  • Petrolio, 1976 zur Veröffentlichung angedacht, unvollendet 

Besonders mit seinem letzten Film und mit der geplanten Schrift "Petrolio" verärgerte Pasolini die Mächtigen Italiens. Die Werke zielten auf die Bourgeoisie, aber damit auch auf ihr willfährige Politiker und beider Netzwerkbeziehungen zum Sicherheitsapparat und zur Mafia.
Petrolio sollte die genauen Beziehungen der italienischen Energiewirtschaft zu anderen mächtigen und oft kriminellen Akteuren aufzeigen.


Pasolini starb in der Nacht vom 1. auf den 2.11.1975 in Ostia. Er wurde körperlich angegriffen und wohl mehrfach mit einem Auto angefahren. Zuerst vermutete man entweder einen Unfall oder einen Streit im Strichermilieu. Ein junger Mann bekannte sich der Tat bald schuldig.
Es deutet aber vieles darauf hin, dass Pasolini in Ostia in eine Falle gelockt und dann von mehreren Männern getötet wurde. Im Auto fand man auch später diverse Genspuren, als die entsprechenden Tests dafür zur Verfügung standen.

QUELLEN UND LITERATUR:

Wikipedia
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Naldini, Nico: Pier Paolo Pasolini. Eine Biographie; 2012 (Wagenbach)
Pasolini, Pier Paolo: Freibeuterschriften: Die Zerstörung der Kultur des Einzelnen durch die Konsumgesellschaft; 1998 (Wagenbach)
de Sade, Marquis Donatien-Alphonse-Francois: Die 120 Tage von Sodom oder die Schule der Libertinage/Ausschweifung
Schweitzer, Otto: Pier Paolo Pasolini; Rowohlts Monographien
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Galerie der abseitigen Künste - https://www.interview-mit-pasolini.de/pasolini

 

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