Internationale Buddhistische Flagge (seit 1885, seit 1950 internationales Symbol) |
Buddha-Statue |
Der Buddhismus gilt als eine der großen Weltreligionen, auch wenn es umstritten ist, ob man ihn eher als Religion oder als Philosophie bzw. Lebenslehre sehen soll. Genau genommen enthält er Elemente von beidem.
Auf jeden Fall ist er keine "theistische Religion", verehrt also keinen allmächtigen Gott oder eine Gruppe von Göttern.
Der Buddhismus basiert auf den Lehren Siddhartha Gautama, genannt Buddha. Die Lehren Buddhas und seiner Nachfolger stellen ein Sammelsurium von philosophischen Überlegungen und Vorschlägen zur Lebensführung dar. Manche vergleichen ihn mit dem Daoismus oder dem Konfuzianismus auch China.
Der gelebte Buddhismus befasst sich auch sehr viel mit Meditation.
Wie viele Religionen oder Philosophiesysteme hat der Buddhismus ein breites Spektrum an "Schulen" entwickelt. Man denke an griechische Philosophenschulen und ihre Richtungskämpfe oder an moderne Denksysteme wie den Marxismus.
Die Zwischenstellung zwischen Religion und Philosophie sieht man auch daran, dass einige Schulen Elemente der Volksfrömmigkeit aufgenommen haben und dass es ein buddhistisches Klosterwesen gibt.
Es gibt im Buddhismus aber keine zentrale Autorität wie im es im katholischen Christentum der Papst darstellt. Das heißt aber nicht, dass einzelne buddhistische Anführer nicht autoritär und dogmatisch auftreten können.
1. Der historische Buddha
Siddhartha Gautama (später "Buddha" genannt) gilt als historisch einigermaßen greifbare Person. Er soll im 6. Jhd. v. Chr. oder später im Norden/Nordosten Indiens gelebt haben. Es ist davon auszugehen, dass er Sohn eines Königs oder zumindest eines hohen Adeligen war. Wir nennen ihn hier Prinz.
Der Prinz Siddhartha Gautama wuchs in Wohlstand auf, stellte beim Verlassen des Palastes aber fest, dass viele Menschen in Armut und im Leiden lebten. Siddhartha Gautama reagierte auf diesen Schock sehr stark und lebte eine Zeit lang in Askese. Dabei stellte er aber fest, dass diese ihn nur schwächte und die Probleme der Welt nicht löste. Dann entschied er sich für einen Mittelweg zwischen Luxus (Hedonismus) und Askese und nahm diesen als Grundlage für seine Philosophie.
Als er zu höherer Erkenntnis "erwacht" war, erhielt er den Beinamen bzw. Ehrentitel "Buddha" (der Erwachte/Erleuchtete). Den Prozess von Erwachen/Erleuchtung nennt man "Bodhi".
Buddha war aufgrund seiner Herkunft natürlich sehr stark von den Denktraditionen der indischen Philosophie beeinflusst. Deren Schulen sahen das Leben meistens als eine Abfolge von Werden und Vergehen und hatten somit ein "zyklisches" (kreisförmiges) Weltbild, kein "lineares" wie das Judentum oder später das Christentum oder der Islam, die glaubten, dass sich das Weltgeschehen linear auf ein Ziel zubegwegt.
Das Dasein wird in vielen Schulen der indischen Philosophie auch gerne als leidhaft angesehen, obwohl sich Buddha durchaus Gedanken um Abhilfe machte. Eine dieser Abhilfen ist eben der angestrebte Mittlere Weg sowie die Absage an Radikalismus. Man soll vom Töten von Lebewesen absehen und armen Menschen helfen. Es ist aber nicht richtig, dass diese Lehren immer eingehalten wurden.
Über die Jahre wurde die Überlieferung von Buddhas Leben und Lehre immer mehr von Mythen überrankt, so dass es heute schwer ist, eine Unterscheidung zwischen dem historischen und dem mythischen Buddha zu erreichen.
2. Die Entwicklung des Buddhismus
Neben diversen Volksmythen wurde die Lehre Buddhas auch durch "offizielle" Konzile beeinflusst, in denen ein allgemeinverbindlicher Kanon an Schriften festgelegt und die Lehre strukturell gestrafft werden sollten.
Das erste Konzil fand der Überlieferung nach drei Monate nach dem Tod des Buddha in Rahagarha statt. Hier ging es um den Dharma/Dhamma (Lehre, Gesetz) und den Vinaya (Mönchsregeln).
Rund 100 Jahre später fand das zweiten Konzil in Vesali statt. Um diese Zeit kam es zur Bildung von bis zu 18 verschiedenen Schulen (Nikaya-Schulen), von denen die Mahasanghika die Vorläuferin des Mahayana-Buddhismus war.
Die ersten beiden Konzile sind von allen buddhistischen Schulen anerkannt. Ihre Historizität ist aber umstritten. Ein drittes Konzil in Pataliputra (heute: Patna) sollte unter der Schirmherrschaft des Königs Ashoka die buddhistische Lehre vereinheitlicht und "Häretiker" ausgeschlossen werden.
Auch wenn sich in der Folgezeit verschiedene Arten der Buddhaverehrung etabliert haben - auch gegenüber errichteten Buddhastatuen, so wurde der Buddhismus nicht im strengen Sinne zu einer dogmatischen Offenbarungsreligion.
Der Buddhismus hat sich zwar über Indien und über Ostasien bis nach Südostasien ausbreiten können, er veränderte dabei aber z. T. sein Gesicht und verlor später auch Gebiete.
Die Ausbreitung nach Westen wurde durch das Perserreich und nach der persischen Niederlage gegen Alexander den Großen durch das Alexanderreich und seine Nachfolgereiche blockiert. Es kam aber in den östlichen Nachfolgereichen zur Bildung einer "graeco-baktrischen Mischkultur" (vg. Gandhara-Kultur).
Nach Norden breitete sich der Buddhismus nach Zentralasien aus, geriet dort aber in Konkurrenz mit den Anschauungen diverser Reitervölker und später mit dem Islam.
Nach China konnte sich der Buddhismus ausbreiten, wurde aber "sinisiert". Es kam zum Austausch mit Daoismus und Konfuzianismus. Buddhistische Statuen bekamen chinesische Züge. Trotzdem blieb der Buddhismus hier stark vertreten. Selbst nach der Machtübernahme durch die Kommunisten 1949 konnten Atheisierungskampagnen seine Stärke nur bedingt reduzieren. Heute lebt ca. die Hälfte aller Buddhisten der Welt in China.
Von China aus gelangte der Buddhismus nach Japan (ab 5. Jhd. n. Chr. nachweisbar). Auch hier verschmolz er z. B. mit einheimischen Traditionen wie dem Shinto. Manche Forscher meinen allerdings, dass der Buddhismus erst den Shinto(ismus) dazu gebracht habe, eine festes Denksystem auszubauen. Der Buddhismus teilte sich auf in Strömungen und Schulen (shu; auch "Sekten" genannt).
Frühe Schulen waren die "Sechs Schulen der Südlichen Hauptstadt", die in der Nara-Zeit (8. Jhd.) ihren Höhepunkt erlebten: 1. Risshu (Vinaya), 2. Jojitsu-shu (Satyasiddhi), 3. Kusha-shu (Abhidharma), 4. Sanron-shu (Madhyamika), 5. Hosso-shu (Yogacara), 6. Kegon-shu (Hua-yen).
In der frühen Heian-Zeit gelang der "esoterische/tantrische Buddhismus" nach Japan.
In der Kamakura-Zeit (12. - 14. Jhd.) legten die Lehren des Reinen Landes ihren Schwerpunkt auf die Verehrung Amitabhas, eines transzendenten Buddhas, der die Bevölkerung erretten sollte. Es gab "Vier neue buddhistische Schulen": 1. Zen (chin. Chan; für die Ritter und Bauernkrieger), 2. Jodo-shu von Honen (amidistisch, Erlösung durch Glauben statt Taten, Kritik an gelehrten Sutras), 3. Joso-Shinshu/Ikko-shu von Shinran (amidistisch, kein Priestertum mehr, für einfache Menschen), 4. Nichiren-Buddhismus von Nichiren (Abgrenzung zu den anderen 3 Schulen, religiöses Schrifttum wichtig).
Der Zen-Buddhismus baute meist auf die Sitzmeditation, die zu ihm gehörende Fuke-Sekte betrieb dagegen Wandermeditation: Ihre Komosu-/Komuso-Mönche wandermeditierten mit Hilfe der Shakuhachi-Flöte durch Japan (chinesische Vorgänger hatten noch andere Instrumente eingesetzt). Selbst in der strengen Tokugawa-Zeit (17. - 19. Jhd.), als Japan absolutistisch regiert wurde, ließ man den Anhängern der Fuke-shu lange Zeit ihr Recht auf Bewegungsfreiheit, bis man sie im 19. Jhd. nach Spionageverdacht zuerst eingeschränkt und dann auflöste.
In Südostasien breitete sich der Buddhismus ebenfalls stark aus und vermischte sich dort mit schon bestehenden Traditionen.
Wie erwähnt verlor der Buddhismus aber auch Gebiete:
In Indien hat die "hinduistische Renaissance" den Buddhismus fast ganz vom Subkontinent verdrängt (nicht aus Sri Lanka/Ceylon, nicht aus Nepal).
In Teilen Südostasiens wie z. B. Indonesien hat der durch arabisch-islamische Händler importierte Islam den Buddhismus ebenfalls stark zurückgedrängt. Man sieht das heute daran, dass in vielen Gebieten buddhistische Tempel von einer muslimischen Bevölkerung umgeben sind.
Im Westen (Europa, Nordamerika, z. T. Australien) gewann der Buddhismus erst im 19. und 20. Jhd. an Boden.
Durch Philosophen wie Arthur Schopenhauer gelangte der Buddhismus im 19. Jhd. nach Europa und in andere "westliche" Gebiete.
Stärkere Impulse für eine Hinwendung zum Buddhismus kamen im 20. Jhd. (besonders nach den Weltkriegen) durch westliche "Sinnsucher", Anti- und Postmaterialisten und Prominente.
Der Buddhismus wurde dabei als "Geistesphilosophie"gegen einen als übertriebenen empfundenen westlichen Materialismus angesehen. Ob asiatische Länder generell mehr geistlich als materiell denken, ist aber umstritten.
So war die Verbreitung des Buddhismus in Europa, Nordamerika und Australien auch von Klischees, Idealisierungen und Halbwahrheiten begleitet. Es ist erstaunlich, dass viele "autoritätskritische" junge Menschen der späten 60er-Jahre recht kritiklos östlichen Autoritäten folgten.
Auf jeden Fall existieren in als westlich geltenden Ländern verschiedene Strömungen des Buddhismus nebeneinander.
Komuso-Mönche (nach Neugründung der Schule) |
3. Die buddhistische(n) Lehre(n)
Wir haben gesehen, dass der Buddhismus intensive Entwicklungen durchmachte. Trotzdem können einige zentrale Inhalte der Lehre(n) dargestellt werden.
Das Dharma (Sanskrit)/Dhamma (Pali), "Gesetz":
- die Lehre Buddhas
- die Gesamtheit aller weltlichen Phänomene und ihrer Gesetze
- eine Kette von 12 ineinander verwobener Elemente
- "dieses ist, weil jenes ist"
- sinnliches Begehren und Anhaften an weltliche Erscheinungen
- es gibt gutes, schlechtes und neutrales Karma
- dieser Begriff besteht in vielen indischen Glaubenssystemen
- Samsara ist das "ständige Wandern", der Kreislauf des Lebens aus Werden und Vergehen
- in der indischen Philosophie glauben Astika-Schulen an das Selbst ("atman"/"atta")
- der Buddhismus glaubt als Nastika-Schule an das Nicht-Selbst ("anatman"/"anatta")
- Voraussetzung: u. a. geist. Erfassen der "Vier edlen Wahrheiten", Überwindung der Daseinsbindungen und Vergehen aller karmischen Kräfte
- Samsara, der Kreislauf des Lebens und Leidens wird verlassen und Nirwana erlangt
- höchste Verwirklichungsstufe des Bewusstseins
- das endgültige Verlöschen im Tod wird als Parinirwana bezeichnet
- Atembetrachtung, Liebende-Güte-Meditation ("metta"), Mantra-Rezitation, Sitzmeditation, Gehmeditation, Visualisierung, thematisch gebundene Kontemplation
- Zielung: Sammlung und Beruhigung des Geistes ("samatha"), tiefes Sehen ("vipassana"), Auflösung der Ich-Verhaftung, Kultivierung von Empathie
Das Rad des Lebens als Dhamma. |
4. Die buddhistischen Schulen
Der Buddhismus hat drei Hauptrichtungen: Hinayana ("Kleines Fahrzeug"; heute: Theravada, die "Lehre der Älteren"), Mahayana ("Großes Fahrzeug") und Vajrayana ("Diamant-Fahrzeug"; oft als Tibetischer Buddhismus oder Lamaismus bezeichnet, obwohl diese Schule nicht nur dort existiert).
Hinayana-Buddhismus: "Kleines Fahrzeug":
- Der Hinayana ist neben dem Mahayana eine der beiden Hauptströmungen des Buddhismus und von beiden die ältere.
- Im Hinayana strebt der/ein Mensch nach dem Erwachen (Erlösung vom Leiden), nicht aber andere Lebewesen.
- Der Theravada-Buddhismus (Lehre der Älteren/Ordensälteren [die Buddha noch erlebt haben]) ist die einzige noch bestehende Lehre des Hinayana.
- Der Mahayana geht auf die Mahāsāṅghika (Große Gemeinde) zurück, die sich nach dem zweiten buddhistischen Konzil entwickelt hat.
- Der Mahayana verwendet neben dem Tripitaka den Sanskrit-Kanon (mit den Sutras). Zu diesen Sutras/Sutren gehören das Diamant-Sutra, das Herz-Sutra, das Lotos-Sutra und das Sutra vom reinen Land.
- Im Unterschied zum Theravada-Buddhismus, in der das Erreichen von Bodhi durch eigenes Bemühen im Vordergrund steht, nimmt im Mahayana das Bodhisattva-Ideal eine zentrale Rolle ein. Bodhisattvas sind Wesen, die als Menschen bereits Bodhi erfuhren, jedoch auf das Eingehen in das Parinirvana verzichteten, um stattdessen allen anderen Menschen (und allen Wesen) bei der Erreichung dieses Ziels zu helfen.
- Der Mahayana umfasst auch den Amitabha-Buddhismus, den Nichiren-Buddhismus und den Zen-Buddhismus, die besonders in Japan stark vertreten sind.
- Der Vajrayana ist im Kern ein Teil des Mahayana, ergänzt diesen aber durch tantrische Techniken, die den Pfad zum Erwachen beschleunigen sollen (Meditation, Visualisierung, Mantras, Guruyoga [Einswerden mit dem Geist des Lehrers] usw. gehören).
- Der Vajrayana gilt auch als "esoterische Lehre", weil er stark auf Ritualisierung und "Geheimniskrämerei" setzt. Der Mahayana gilt dagegen als "exoterische Lehre".
Im Zentrum des Vajrayana steht die direkte Unterweisung/Übertragung von Lehrer zu Schüler. - Im tibetischen Buddhismus ist der Dalai Lama eine wichtige (nicht die einzige!) Autorität.
Es gibt im hier vier Hauptschulen: Nyingma (die Alten), Kagyü (Linie der mündlichen Überlieferung), Sakya (Graue Erde), Gelug (die Tugendhaften; "Gelbmützen"). - In Japan wird der Vajrayana von der Shingon-Schule weitergeführt.
5. Der moderne Buddhismus
Der Buddhismus nimmt derzeit (2020er) unter den Weltreligionen den
vierten Platz ein (nach Christentum, Islam und Hinduismus. Es ist aber
umstritten, wie viele Buddhisten es weltweit gibt, weil nicht alle
Anhänger gezählt wurden und es auch "Doppelmitgliedschaften" in
verschiedenen Philosophien/Religionen geben kann.
Als wichtiger Vertreter des tibetischen Buddhismus (genaugenommen einer Stilrichtung, der Gelug-Schule) und mit der Zeit des Buddhismus insgesamt gilt seit der 2. Hälfte des 20. Jhd.s Tenzin Gyatso (* 1935), der 14. Dalai Lama. International wird er manchmal auch als "der Dalai Lama" wahrgenommen. Seine formelle Bezeichnung ist: "Seine Heiligkeit".
Tenzin Gyatso wurde 1940 inthronisiert und herrschte bis 1959 im Potala-Palast in Lhasa. Anfangs hatte der chinesische Kommunistenführer Mao Zedong Zugeständnisse an ethnische Minderheiten einschließlich der Tibeter gemacht - auch um im Bürgerkrieg gegen seinen Kontrahenten Tschiang Kai-shek siegen zu können. Als die Kommunisten dann 1949 die Macht errungen hatten, sah das schon anders aus. Die Tibeter um Tenzin Gyatso dachten anfangs, dass sie mit Mao einen "Deal" machen könnten, merkten aber dann, dass Rotchina es auf das Leben des Dalai Lama abgesehen hatte. Deshalb musste dieser 1959/60 nach Indien fliehen und lebte von da an im Exil in Dharamsala.
Der Dalai Lama gilt als Vertreter des Prinzips der Gewaltfreiheit und wehrt sich ohne Waffeneinsatz gegen die Assimilierung seiner tibetischen Heimat durch China. In religiös-philosophischen Auseinandersetzungen wird im indischen Exil aber auch zu rabiaten Maßnahmen gegriffen. Es kam in der Community auch schon zu Mordfällen.
Kritiker der tibetischen Exilregierung weisen darauf hin, dass die alte tibetische Herrscherelite der Lamas durchaus als Gruppe feudalistischer Unterdrücker angesehen werden könne. Der Widerstand gegen die chinesischen Truppen war anfangs auch nicht gewaltlos, sondern man baute mit Hilfe US-amerikanischer Geheimdienste Guerillatruppen aus, die aber trotz einiger Nadelstiche am Ende erfolglos waren und deren Unterstützung von den USA schließlich im Namen einer Annäherung an die VR China eingestellt wurde.
Diese Kritik der Rückschrittlichkeit ist z. T. richtig. Allerdings wäre es naiv zu glauben, dass die VR China Tibet militärisch in die Zange genommen hat, um "den Feudalismus zu besiegen" und "das Land zu modernisieren". In Wirklichkeit geht es natürlich um eine Sinisierung der Region, um eine politisch-militärische Stärkung zum Rivalen Indien hin und um eine Ausbeutung der Ressourcen.
Einige Organisationen des heutigen Buddhismus werden auch kritisch gesehen:
- Der Diamantweg(-Buddhismus):
Der Diamantweg ist eine vom Dänen Ole Nydahl (* 1941) und seiner Frau Hannah Nydahl (* 1946 - 2007) initiierte Schule des Buddhismus, die sich auf den 16. Karmapa der Karma-Kagyü-Linie des tibetischen Buddhismus beruft und Thaye Dorje als den 17. Karmapa betrachtet.
Er gehört damit nicht zur tibetisch-buddhistischen Tradition des Dalai Lama Tenzin Gyatso.
Der Name Diamantweg wurde deshalb gewählt, weil die Schule sich zur Richtung des Vajrayana bekennt. Dieses Sanskritwort bedeutet Diamant-Weg oder Diamant-Fahrzeug.
Ole Nydahls Vorgehen ist sehr eigenwillig und daher umstritten:
Kritiker werfen ihm Selbstherrlichkeit und Personenkult vor.
Anhänger weisen dagegen darauf hin, dass er Dinge voranbringe und nicht nur rede.
So hat Nydahl in der Tat viele Diamantweg-Zentren weltweit aufbauen können. Im Jahre 2007 ließ der oft aus Deutschland heraus agierende Däne in Immenstadt im Allgäu ein "Europazentrum" aufbauen. Im selben Jahr starb seine Frau.
Ole Nydahl ist wie seine Frau bürgerlich in Kopenhagen aufgewachsen. Dann nahmen beide aber in den 1960ern exzessiv an der "Hippiebewegung" teilgenommen. Beide wollten sich von bürgerlichen Zwängen befreien, Abenteuer erleben und Drogen nehmen.
Angeblich plante Hannah Nydahl in einem dänischen Gefängnis, in dem sie wegen Drogendelikten einsaß, über der dänischen Hauptstadt Kopenhagen LSD an Fallschirmen abzuwerfen, um das Bewusstsein der Menschen zu befreien.
Beide merkten aber mit der Zeit, dass diese Form der Bewusstseinserweiterung auch Nachteile hatte und für einige ihrer Freunde sogar tödlich ausging. So reisten sie dann auf ihrer Hochzeitsreise nach Asien, um dort neue Formen der Bewusstseinserweiterung zu kennenzulernen. Dort trafen sie auf buddhistische Geistliche, waren beeindruckt und wollten deren Lehre nach Europa bringen. Das Ehepaar kehrte mehrmals nach Asien zurück, studierte weiter buddhistische Lehrinhalte und auch diverse Abenteuer wie das Entkommen vor chinesischen Verfolgern.
Dieses Leben ist gut dokumentiert im 2018 erschienen Film "Hannah - Ein buddhistischer Weg zur Freiheit", auch wenn der Film bisweilen hagiographische Züge hat.
Nydahls Persönlichkeit ist auch deshalb umstritten, weil er trotz postmaterieller Einflüsse der Hippiezeit an klassisch-männlichen Verhaltensweisen wie Boxtraining, Fallschirmspringen, schnellen Autos, Motorrädern, Karrierismus (wenn auch auf eine andere Art) und Egozentrismus festhält. Außerdem vertritt er eine positive Haltung zu sexueller Freizügigkeit.
Aufgrund zunehmender Einwanderung in Mitteleuropa aus islamischen Ländern fiel Nydahl auch durch anti-islamische Sprüche auf.
Nydahls Aussagen sind insgesamt sehr direkt: So sagt er, dass der Westen gerade durch die Hippiezeit (an der Nydahl selbst exzessiv teilgenommen hat) Vorsprünge an weltweite Konkurrenten verschenkt habe und dies auch der Grund sei, warum gute Chips jetzt in Asien hergestellt würden.
2020 verließ der Diamantweg nach längeren Querelen dann die Deutsche Buddhistische Union (DBU) und kam so einem Rauswurf aus selbiger zuvor.
Es ist bislang unklar, wer nach Nydahl den Diamantweg weiterführen wird. Seine Art ist zwar umstritten, Erfolge beim Aufbau von Infrastruktur lassen sich aber nicht leugnen. - Die Soka Gakkai:
In Japan existierten entsprechend der Tradition des Landes viele buddhistische Schulen nebeneinander. Im 20. Jhd. entwickelte sich aber eine Schule, die Soka Gakkai (Werteschaffende Gesellschaft), besonders stark.
Die Soka Gakkai berief sich auf den Nichiren-Buddhismus, wurde aber nach einigen Jahrzehnten 1991/97 aus der Nichiren-Shoshu "hinausgeworfen". Was war passiert?
Die Soka Gakkai entstand schon in den 1930er-Jahren (offiziell 1937) und nahm für sich in Anspruch, Widerstand gegen den japanischen Imperialismus/Expansionismus dieser Zeit geleistet zu haben. Tatsächlich wurden Vertreter von ihr eingesperrt oder hingerichtet. Ihr Gründer und Präsident Makiguchi Tsunesaburo starb 1944 im Gefängnis.
Allerdings weisen kritische Historiker darauf hin, dass die Soka Gakkai nicht per se gegen den japanischen Imperialismus war, sondern eher eine geistigere Variante davon bevorzugt hätte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die Soka Gakkai die neuen Freiheiten Japans - besonders im religiösen Bereich - und baute eine gigantische Organisationsstruktur auf. Ihr zweiter Präsident wurde Toda Josei, der noch mit Makiguchi im Gefängnis gesessen und überlebt hatte.
Die Soka Gakkai baute mit der Komeito sogar eine eigene Partei auf. Offiziell müssen beide Entitäten aber getrennt auftreten, weil dies die japanische Nachkriegsverfassung so vorsieht.
Die Komeito ist zwar keine Großpartei, diente den regierenden Liberal-Demokraten aber oft als zuverlässiger Mehrheitsbeschaffer und handelte somit aus Sicht von Kritikern gegen die Interessen der Arbeiterbewegung.
Der dritte Präsident der Soka Gakkai war von 1960 - 1979 Ikeda Daisaku. 1975 wurde er Präsident der Soka Gakkai International (SGI), die heute in vielen Ländern der Welt operiert.
Unklar ist, woher die Soka Gakkai ihre enormen Finanzreserven hat. Die Soka Gakkai wirbt ihre Mitglieder recht offensiv ("Shakubuku" - brechen und unterwerfen) und fordert von ihnen dann hohe Geldbeträge. Diverse Großspenden soll es auch geben.
Der japanische Filmemacher Juzo Itami vermutete sogar Verbindungen zur Yakuza (Organisierte Kriminalität in Japan), konnte 1997 seinen geplanten Film über dieses Thema aber nicht beenden, weil er vorher von einem Hochhaus stürzte (wahrscheinlich ein Mord der Yakuza).
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