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Samstag, 4. Mai 2024

KEPOS (EPIKUREER, EPIKUREISMUS) - GRIECHISCHE PHILOSOPHENSCHULEN

Epikur

Unter der Epikureischen Schule versteht man die Schule und Lehre des griechischen Philosophen Epikurs. 
Da es aus der Antike keine prägnante ("knackige") Eigenbezeichnung gab, kann man auch von Epikureern, Epikureismus oder Kepos sprechen. Kepos (κῆπος) bedeutet Garten oder in diesem Fall philosophischer Garten. Epikur galt auch als Gartenphilosoph. 
Der Epikureismus galt als eine der vier grossen Philosophenschulen der Antike, obwohl es auch weitere bedeutende gab. Die vier Schulen wären: Akademie, Peripatos (Lykeion), Stoa, Kepos. 


Epikurs Leben

Über den Begründer der Schule, Epikur, legen nur unvollständige biographische Daten vor. Viele stammen von Diogenes Laertios. 
Epikur wurde um 341 v. Chr. auf der Insel Samos in der Ägäis geboren. Die Schule feierte nach seinem Tod jedes Jahr seinen Geburtstag, den 20. Tag des Gamelion. 
Sein Vater war der athenische Kolonist (Kleruch) Neokles und arbeitete in Samos als einfacher Lehrer und Landwirt. 
Mit 14 Jahren begann Epikur, sich mit der Philosophie zu beschäftigen, weil er sich angeblich mit der Beschaffenheit des Chaos beschäftigte. Seit Hesiod sah man das Chaos als gähnenden Abgrund an, von dem alle Dinge abgeleitet seien. 
Die ersten Lehrer Epikurs waren der Platoniker Pamphiles und der Demokriteer Nausiphanes. Pamphiles trat für Epikur aber zu prahlerisch auf und entfremdete ihm die Rhetorik mit ihren Tricksereien. 
Die Lehre des Demokrit sagte ihm dagegen mehr zu, besonders dessen Atomlehre (Atomismus). 

Mit 18 Jahren ging Epikur nach Athen, wo er als Ephebe im Gymnasion an einer zweijährigen vormilitärischen Ausbildung teilnahm. Danach wurde er in die athenische Bürgerliste aufgenommen. 
Kurz danach starb im Jahre 323 v. Chr. Alexander der Grosse, was zu Aufständen gegen die makedonische Herrschaft führte. Der Athener Aufstand gegen die Makedonen schlug fehl und so musste auch Neokles, der Vater Epikurs, seinen Besitz auf Samos an die Makedonen unter Perdikkas abgeben. Neokles musste nach Kolophon fliehen, wohin Epikur ihm bald nachfolgte. 319 v. Chr. wurden einige der Entscheidungen wieder rückgängig gemacht und Neokles erhielt eine finanzielle Entschädigung. 

Über die folgenden Lebensjahre des Epikur kann man nur spekulieren. Einige Forscher meinen, er sei aber 311 v. Chr. Philosophielehrer auf Mytilene (Lesbos) und Lampsakos (Hellespont) gewesen und habe dort die Jünger Metrodoros von Lampsakos, dessen Bruder Timokrates, Hermarchos von Mytilene, Idomeneus, Leonteus, dessen Frau Themista, Kolotes und Polyainos gewonnen. 306. v. Chr. zog Epikur auf jeden Fall nach Athen, wo nach dem Sturz des Demetrios von Phaleron die Attische Demokratie für einige Zeit wieder auflebte. 
In Athen erwarb Epikur für 80 Minen einen Garten (Kepos), der das Symbol seiner entstehenden Schule werden sollte und für Epikur Lehr- und Lebensort werden sollte. Dort versammelten sich Menschen aus verschiedenen Regionen und Schichten. Angeblich hatte Epikur an die 200 Schüler, darunter auch Frauen und Sklaven. 

Im Garten Epikurs versuchte man, die Lebensmaximen der eigenen Lehre umzusetzen. Aber nicht im Übermass. 
Das Motto "Lathe bioses!" (Lebe im Verborgenen.) wurde durch die Einrahmung des Gartens praktiziert, aber Epikur zog sich sichtbar nicht ins Eremitendasein zurück. Ebenso galt es mit dem Streben nach Glückseligkeit, auf das schon der Sinnspruch über dem Eingang des Gartens einging: 
"Tritt ein, Fremder! Ein freundlicher Gastgeber wartet dir auf mit Brot und mit Wasser im Überfluss, denn hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt!" 

Der "Meister" Epikur konnte mit weiteren Weisheiten aufwarten, die an anderer Stelle anhand seiner Lehre genauer erörtert werden.

Epikur sagte einmal "Ich versuche nie, anderen zu gefallen. Was sie von mir wollen, habe ich nicht gelernt, und was ich gelernt hatte, wollten sie nicht!"
Oder zum Thema Freundschaft: "Ohne Freundschaft ist das Leben wie das Fressen von Löwe und Wolf!"
Oder zum Tod: "Was kümmert mich der Tod? Bin ich da, ist der Tod nicht da. Und ist der Tod da, bin ich nicht mehr da."
Oder zum Besitz: "Wem das seine nicht ausreicht, der ist arm, und wenn er der Welten Herr wäre."
Oder: "Wer Brot und Wasser hat, darf sich mit Zeus an Glückseligkeit messen!"
Oder: "Schick mir ein Stück Käse, damit ich einmal gut essen kann."

[vgl. Kurt Tepperwein: Die Praxis der geistigen Gesetze]



Ungefähr 40 Jahre lang blieb Epikur Mittelpunkt des Gartens. Im Alter wurde er durch Nierensteine geplagt und verstarb 271 oder 270 v. Chr. Nach seinem Tod ging die Leitung auf Hermarchos über, da Metrodoros bereits verstorben war.

Epikurs These, dass es besser sei, zurückgezogen (wenn auch nicht isoliert) zu leben, führte leider dazu, dass seine Schule nur eine begrenzte Nachwirkung und nur einen begrenzten Einfluss auf die Politik hatte.
Trotzdem hielt sich die Schule bis in die römische Zeit und endete ungefähr bis zum 3. Jhd. n. Chr.
Römische Förderer der Schule waren Lukrez und Kaiser Mark Aurel. Auch Cicero ging auf einige ihrer Thesen ein.


Die Lehre Epikurs und der Epikureer

Wir haben gesagt, dass der "Epikureismus", wie wir die Lehre modern nennen, von ihrem Begründer Epikur (ca. 341 - 270 v. Chr.) bis ungefähr in das 3. Jhd. n. Chr. andauerte. Schon vorher war gab es Akzeptanzprobleme unter den heidnischen Eliten Roms. Mit dem Christentum sollte es noch schwieriger werden.

Wenn man diese Verbreitungsspanne überschaut, kann man feststellen, dass sich die Lehre nur geringfügig geändert hat.
Die Epikureer strebten entsprechend der Lehre ihres Meisters nach Ataraxie (Glückseligkeit) und nach Hedoné (Lust, Vergnügen, gutes Befinden).
Epikur entlehnte seine Naturphilosophie der von Demokrit und Leukipp und betrachtete die Welt aus kleinen Atomen (unteilbaren Teilchen) bestehend, also atomistisch-materialistisch. Seiner Meinung nach lebten die Götter in Intermundien genannten Zwischenwelten und kümmerten sich wenig bis gar nicht um das Tun der Menschen.

Diese Beständigkeit der Lehre kennen wir von anderen Philosophenschulen so nicht.
Die Akademie hat sich z. B. sehr stark zum Skeptizismus hin bewegt, auch wenn man sich bis zuletzt auf Platon berief. Und die Stoa hatte Phasen, in denen sie neben ethischen Aspekten auch einen großen Wert auf die Naturphilosophie legte und Phasen, in denen das weniger so war.
Einige warfen den Epikureern deshalb Dogmatismus vor. Einige Epikureer sollen gerne gefragt haben: ποῦ κεῖται; - wo steht das/es?
Vielleicht ist das auch darauf zurückzuführen, dass Epikur die Erkenntnisse der Physik gerne dazu verwendete, seine ethischen Grundsätze zu fundieren, und nicht als Selbstzweck.
Die Götter in den Intermundien demnach aus Desinteresse nicht aktiv in das Leben der Menschen ein. Vermeintliche "Wunder" erklärte er mit diversen Theorien über natürliche Gegebenheiten, die er manchmal auch nebeneinander stehen ließ.
Lukrez deutet in "De rerum natura" auf diesen Denkansatz Epikurs hin. Allegorisch stelle der Erdboden von Epikurs Philosophengarten (Kepos) die Kanonik dar, der Zaun aber die Physik, die Früchte die Ethik.

Allerdings findet sich seit der "Sokratischen Wende" und noch stärker seit Beginn des Hellenismus in der Philosophie generell ein immer deutlicheres Primat der Ethik.


Wirkungsgeschichte

Die Lehren Epikurs wurden in Rom v. a. durch Lukrez (99 - 56 v. Chr.) populär gemacht.
Da die Quellenlage über den Epikureismus manchmal zu Wünschen übrig lässt, sind uns über Lukrez' Lehrgedicht viele Informationen erhalten geblieben.
Ähnlich wie bei anderen Lehren und Kulten wie dem Isis-Kult wurde aber auch der Epikureismus romanisiert. Das Motto "Lebe im Verborgenen!" wurde nicht so genau befolgt. Selbst Cassius, einer der Verschwörer gegen Cäsar, soll dem Epikureismus wohlwollend gegenüber gestanden sein.
Ein berühmter Sympathisant Epikurs war auch der Dichter Horaz, der sich als "Epicuri de grege porcus" ("Schwein aus der Herde Epikurs") bezeichnet haben soll. Allerdings wissen wir von Horaz auch, dass er politisch-ideologisch flexibel war und auch im Krieg die Seiten wechseln konnte.
Auch der Politiker und Philosoph Seneca (4 v. - 65 n. Chr.), der eher der jüngeren Stoa zugeordnet wird, hatte - anders als viele Stoiker - auch wohlwollende Worte für die epikureische Lehre übrig.
Der ebenfalls der jüngeren Stoa zugerechnete Kaiser Mark Aurel (121 - 180 n. Chr.) soll die epikureische Schule gefördert haben.
Im Römischen Reich soll der Epikureismus bis in das 3. Jhd. n. Chr. deutlich vertreten gewesen sein. Ein Zeugnis ist die Inschrift des Diogenes von Oinoanda.
Die Lehre Epikurs hatte aber gewisse Schwierigkeiten mit der Ethik der römischen Eliten, für die es wichtig war, sich für den Staat einzusetzen. Noch problematischer wurde es dann mit dem Erstarken des Christentums, das hedonistischen Lehren - zumindest offiziell - sehr kritisch gegenüberstand.
Viele frühe Kirchenväter (Eusebius, Origines) wetterten heftig gegen den Epikureismus.
Die Lehren der Stoa schienen besser zum Christentum zu passen.
Viele Forscher nehmen an, dass spätestens mit Kaiser Konstantin (306 - 337 n. Chr.) der aktive Epikureismus erloschen ist. Es ist aber umstritten, ob es nicht noch einen "Restaktivismus" gab.

Der Epikureismus ist aber nicht ganz ausgestorben. Die mittelalterlichen Carmina Burana (z. B. carmen 211) erinnern wieder an Epikur. Auch später noch hatte Epikur Einfluss auf sogenannte Freidenker.


QUELLEN/LITERATUR:

Hossenfelder, Malte: Antike Glückslehren: Kynismus und Kyrenaismus, Stoa, Epikureismus und Skepsis (...); Stuttgart (Kröner) 1996
Rohls, Jan: Philosophie und Theologie in Geschichte und Gegenwart; Tübingen (Mohr-Siebeck Vlg.) 2002
Tepperwein, Kurt: Die Praxis der geistigen Gesetze



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