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Montag, 16. Juni 2025

GASTBEITRAG VON EPHOROS:

 

Angela Merkel – Deutschlands schlechteste Bundeskanzlerin

Eine kritische Analyse von Angela Merkels Kanzlerschaft im historischen Vergleich



Kriegstreiberei: Merkels Haltung zum Irakkrieg 2003

Angela Merkel fiel bereits vor ihrer Kanzlerschaft durch außenpolitischen Opportunismus auf. Während Gerhard Schröder 2002/03 standhaft blieb und die Bundesrepublik aus dem völkerrechtswidrigen Irakkrieg herausgehalten hat, suchte Merkel den Schulterschluss mit Washington. Im Februar 2003 reiste sie als CDU-Oppositionsführerin nach Washington und stellte sich demonstrativ hinter George W. Bushs Kriegskurs, anstatt die Haltung der eigenen Regierung zu unterstützen.[1][2] In einem Gastbeitrag für die Washington Post erklärte sie zynisch, Schröder spreche „nicht für alle Deutschen“, womit sie indirekt deutsche Beteiligung am US-Feldzug in Aussicht stellte.[2] Dieser Krieg basierte erwiesenermaßen auf Lügen (Stichwort Massenvernichtungswaffen im Irak) und verstieß gegen das Völkerrecht – doch Merkel signalisierte früh ihre Bereitschaft, Deutschland dennoch hineinzuziehen.[2] Damit diskreditierte sie sich als verantwortungslose Kriegstreiberin, noch bevor sie überhaupt im Amt war. Schröder hingegen bewahrte Deutschland vor diesem Abenteuer – ein gravierender Unterschied, der Merkel schon an diesem Punkt als ungeeignet erscheinen lässt.

Merkels Haltung von 2003 zeigt einen grundlegenden Charakterzug ihrer Kanzlerschaft: Prinzipienlosigkeit zugunsten vermeintlicher Vorteile. Sie stellte parteipolitische und persönliche Kalküle („bei Bush Punkte sammeln“) über die Verantwortung, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Tatsächlich war Merkel nach Amtsantritt auch eng mit Bush befreundet und leistete Wiederaufbauhilfe im Irak, was Schröder verweigert hatte.[1][3] Dieser frühzeitige Eifer, sich an einem illegalen Angriffskrieg zu beteiligen, ist beispiellos unter deutschen Kanzlern der Nachkriegszeit. Selbst Kanzler wie Kohl oder Schmidt, die enge transatlantische Beziehungen pflegten, haben nie in vergleichbarer Weise deutsche Interessen einer fragwürdigen US-Kriegspolitik untergeordnet. Merkels voreilige Parteinahme für Bush gegen die Mehrheitsmeinung der Deutschen – die den Irakkrieg massiv ablehnten – offenbarte ihre Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Wählerwillen. Ein so gravierendes Fehlurteil in einer Frage von Krieg und Frieden legt den Grundstein für ihr fragwürdiges Vermächtnis.

Soziale Kälte: Versagen in Renten- und Sozialpolitik

Während ihrer 16 Jahre an der Macht hat Merkel im Bereich Sozialpolitik keinerlei Verbesserungen für die Schwächsten erreicht – im Gegenteil, die Lage vieler Rentner und Geringverdiener hat sich verschlimmert. Dabei hätte eine so lange Amtszeit genügend Gelegenheit geboten, mutige Reformen anzugehen. Doch Merkel fehlte jeder Ehrgeiz in der Alterssicherung, obwohl sich die Warnsignale häuften. Rentnerarmut stieg in ihrer Ära drastisch an: Schon 2012 lebten rund 400.000 Rentnerinnen und Rentner auf Grundsicherung vom Staat, doppelt so viele wie 2005.[4] Heute müssen Hunderttausende Ältere zur Tafel und Pfandflaschen sammeln, um über die Runden zu kommen.[5] Dieses Bild – Rentnerinnen, die in Mülleimern nach Pfand suchen – ist zum Sinnbild von Merkels sozialer Kälte geworden.[6]

Statt gegenzusteuern, ignorierte Merkel das Problem jahrelang. Im internationalen Vergleich ist Deutschlands Rentenniveau blamabel: In kulturverwandten Nachbarländern wie den Niederlanden, Dänemark oder Österreich bekommen Senioren deutlich mehr. In den Niederlanden erhält jeder Bürger im Rentenalter eine steuerfinanzierte Grundrente von ~1200 €, unabhängig von früheren Einzahlungen. Dänemark zahlt mit der Folkepension sogar rund 2000 € pro Person aus.[7] Österreichs Rentner beziehen im Schnitt ca. 1480 € im Monat, während es in Deutschland nur etwa 1050 € sind – und in Österreich wird 14-mal jährlich ausgezahlt, wodurch der Vorsprung noch größer ist.[8] Deutschland als angebliche Wirtschaftsmacht lässt dagegen viele Menschen nach 45 Beitragsjahren mit 600–800 € Monatsrente abgespeist zurück. Das Ergebnis: Massenhafte Altersarmut in einem der reichsten Länder der Welt.[9][10] Merkel unternahm rein gar nichts, um diese Schieflage zu korrigieren – keine armutsfeste Mindestrente, keine größeren Rentenreformen. Im Gegenteil, sie verwaltete nur das von Schröders Agenda 2010 angerichtete Elend weiter und ließ den Sinkflug des Rentenniveaus ungebremst, trotz voller Kassen in den 2010er Jahren.

Charakteristisch ist auch, mit wem Merkel sich bevorzugt umgab: nicht mit den Tafeln, Sozialverbänden oder Armutsbetroffenen, sondern mit den Wirtschafts-Eliten. Legendär (und skandalös) ist ihr enger Draht zu Josef Ackermann, dem damaligen Deutsche-Bank-Chef. Statt mit Armutsrentnern zu sprechen, lud Merkel 2008 rund 30 Top-Manager zu einem exklusiven Dinner ins Kanzleramt – offiziell zu Ackermanns 60. Geburtstag.[11] Dieses „Geburtstagsessen“ auf Staatskosten wurde als Kungelei zwischen Regierung und Großbankern scharf kritisiert.[12] Merkel wies die Kritik arrogant zurück, was ihr völliges Unverständnis für die soziale Ungerechtigkeit zeigt. Während also die Kanzlerin mit Bankern Champagner trank, mussten immer mehr Rentner zur Suppenküche. Diese Abgehobenheit und Kaltherzigkeit Merkels gegenüber den einfachen Leuten macht sie in den Augen vieler zum Inbegriff einer unsozialen Kanzlerin. Frühere Kanzler – etwa Helmut Schmidt mit seiner bodenständigen Art oder Willy Brandt mit „mehr Demokratie wagen“ – zeigten zumindest Empathie für die kleine Leute. Merkel hingegen wird zur Symbolfigur eines Jahrzehnts, in dem Reiche reicher und Arme ärmer wurden,[13] ohne dass sie politisch gegengesteuert hätte.

Zickzack-Kurs in der Energiepolitik: Atomkraft

Merkels fehlende Prinzipienfestigkeit zeigte sich drastisch in der Atompolitik, wo sie einen beispiellosen Zickzack-Kurs fuhr. Anfangs verlängerte sie die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke – 2010 kassierte ihre schwarz-gelbe Koalition den rot-grünen Atomausstiegsplan und gab den AKWs etliche zusätzliche Betriebsjahre. Merkel galt als Verfechterin der Atomenergie und wollte die Reaktoren noch bis in die 2030er laufen lassen. Doch dann kam im März 2011 die Fukushima-Katastrophe in Japan – und Merkel vollzog binnen weniger Tage die 180-Grad-Wende. Panisch ordnete sie ein sofortiges „Moratorium“ für die ältesten Meiler an und verkündete kurz darauf den vollständigen Atomausstieg bis 2022.[14] Dieser radikale Schwenk wurde selbst von CDU-Parteifreunden als „kopflos“ und rein wahltaktisch kritisiert.[15] Tatsächlich hatte Merkel wenige Monate zuvor das genaue Gegenteil beschlossen[16] – eine „bemerkenswerte Kehrtwende“ nannte es der Guardian, die keinem inneren Erkenntnisprozess entsprang, sondern offenkundig dem öffentlichen Druck geschuldet war.[14] Massendemonstrationen und eine bevorstehende Landtagswahl im grün bewegten Baden-Württemberg (die ihre CDU prompt verlor) ließen Merkel kalte Füße bekommen. Anstatt jedoch geradlinig zur früheren rot-grünen Ausstiegsvereinbarung zu stehen, überholte sie plötzlich alle und setzte einen noch schnelleren Ausstieg durch, nur um das Heft des Handelns nicht zu verlieren.

Diese Populismus-getriebene Hektik hat dem Land enorm geschadet. Investorenvertrauen ging verloren, die Energieversorger klagten erfolgreich auf hohe Entschädigungen wegen der plötzlichen Kehrtwende. Die Bürger waren zu Recht verwirrt: Zuerst erklärte Merkel die Atomkraft zur unverzichtbaren „Brückentechnologie“, dann über Nacht zur Teufelstechnologie. Ein solches Zickzack ohne Linie hat es in diesem Ausmaß unter keinem Vorgänger gegeben. Helmut Kohl etwa hatte trotz wechselnder Umstände an seinem Atomausstieg nach 30 Jahren Laufzeit festgehalten; Schröder hat den Ausstieg planvoll eingeleitet. Merkel hingegen wirkte orientierungslos und nur auf den eigenen Machterhalt bedacht: Hauptsache, sie konnte dem momentanen Meinungswind folgen, um „smooth durch die nächste Wahl“ zu kommen – wie es spöttisch hieß. Diese Beliebigkeit untergrub das Vertrauen in die Verlässlichkeit deutscher Energiepolitik. Statt langfristiger Strategie gab es bei Merkel nur Aktionismus nach Kassenlage bzw. Umfragelage. In einem so kritischen Bereich wie der Energieversorgung ist diese Führungsschwäche besonders fatal. Merkels „Atommoratorium“ 2011 mag kurzfristig ihren Kopf gerettet haben; langfristig offenbarte es aber, dass sie keine Überzeugungen hatte, sondern nur Machttaktik.

Komiker-Nation: Beschneidungsdebatte 2012 und Kinderrechte

Ein weiteres dunkles Kapitel von Merkels Kanzlerschaft ist ihr Umgang mit der Beschneidungsdebatte 2012. Als ein deutsches Gericht (Landgericht Köln) im Juni 2012 urteilte, die rituelle Beschneidung minderjähriger Jungen ohne medizinische Indikation stelle eine Körperverletzung dar, entbrannte eine heftige Diskussion über Religionsfreiheit versus Kindeswohl. Eigentlich eine Gelegenheit für eine sachliche ethische Debatte, in der es um Grundrechte von wehrlosen Kindern ging. Doch Merkel reagierte erneut rein machtpolitisch: Sie stellte sich umgehend und ohne jedes Mitgefühl auf die Seite der religiösen Lobbygruppen (insbesondere Vertreter jüdischer und muslimischer Verbände), die lautstark protestierten. Ihr einziges öffentlich bekanntes Statement in dieser Debatte fiel dann auch bemerkenswert kaltschnäuzig aus: „Ich will nicht, dass Deutschland das einzige Land der Welt ist, in dem Juden ihre Riten nicht ausüben können. Wir machen uns ja sonst zur Komikernation.“.[17] Diese Äußerung, intern vor dem CDU-Bundesvorstand getätigt und an die Presse durchgestochen, ist beschämend. Merkel sorgte sich nicht um das körperliche und seelische Leid von Jungen, die ohne ihre Einwilligung einen schmerzhaften und lebenslang entstellenden Eingriff über sich ergehen lassen müssen. Nein – sie sorgte sich allen Ernstes darum, dass Deutschland international als „Komikernation“ (lächerliche Nation) dastehen könnte, falls es das Beschneidungsverbot bestätigen würde.[18] Mit anderen Worten: Das Ansehen bei religiösen Hardlinern war ihr wichtiger als die Unversehrtheit von Kindern.

Folgerichtig hat Merkel dann im Bundestag persönlich für das umstrittene Beschneidungsgesetz gestimmt, das im Dezember 2012 verabschiedet wurde. Dieses Gesetz – von ihrer Regierung eingebracht – erlaubte die religiös motivierte Jungenbeschneidung praktisch uneingeschränkt, sofern „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ vorgegangen wird.[19] Keine Altersgrenze, keine verpflichtende Aufklärung der Eltern über Risiken, nichts dergleichen. Ein alternativer fraktionsübergreifender Antrag, der zumindest eine Mindestaltersgrenze von 14 Jahren für nicht-medizinische Beschneidungen vorgesehen hätte, scheiterte deutlich (nur 91 Stimmen fanden sich dafür, 462 dagegen).[20] Ebenso lehnte die Merkel-Mehrheit mehrere Änderungsanträge ab, die etwa eine ausführlichere Beratung der Eltern oder andere Einschränkungen gefordert hatten.[21] Merkel persönlich drückte das maximal großzügige Gesetz durch, sehr zur Freude der konservativ-religiösen Lobby – und zum Entsetzen von Kinderschutzorganisationen weltweit. Die Botschaft war klar: Tradition vor Kinderrecht, Symbolpolitik vor Ethik.

Damit verpasste Deutschland unter Merkel die Chance, ein deutliches Zeichen gegen unnötige Gewalt an Schutzbefohlenen zu setzen. Andere liberale Demokratien (Schweden, Dänemark etc.) diskutieren längst Altersgrenzen oder Verbote der Kinderbeschneidung. Merkel jedoch wollte „Ruhe im Karton“ und handelte nach dem Prinzip: Nur keine konservative Minderheit vor den Kopf stoßen, egal wie berechtigt die Kritik an der Praxis ist. Ihr Spruch von der „Komikernation“ offenbart eine zynische Geringschätzung für humanitäre Prinzipien – aus Angst, ein Verbot könne als witzig oder skurril erscheinen, ließ sie lieber schwere körperliche Eingriffe an Babys weiterhin zu. Kein Kanzler vor ihr hat eine so armselige Figur gemacht in einer ethischen Grundsatzfrage. Helmut Schmidt etwa bewies in den 1970ern Mut, als er gegen starken Widerstand die Strafrechtsreform mittrug – er argumentierte sachlich und moralisch. Merkel hingegen feixte über die Möglichkeit, Deutschland könne als moralische Instanz belächelt werden, und knickte ein. Dies war charakterlich schwach und eines führenden Amtes unwürdig.

2015: Merkels Kontrollverlust in der Flüchtlingskrise und Aufstieg der AfD

Untrennbar mit Merkels Vermächtnis verbunden ist das Jahr 2015, als ihre Fehlentscheidungen in der Migrationspolitik tiefe Spuren hinterließen. Im Spätsommer jenes Jahres spitzte sich die Lage an der europäischen Südgrenze zu: Hunderttausende Kriegsflüchtlinge und Migranten, vor allem aus Syrien, Irak und Afghanistan, zogen Richtung Zentraleuropa. Merkel entschied am 4. September 2015, die deutschen Grenzen offen zu lassen, statt – wie andere EU-Staaten – die Dublin-Regeln strikt anzuwenden und die Menschen an der EU-Außengrenze registrieren zu lassen. Konkret bedeutete das: Tausende, die in Ungarn festsaßen, durften ohne Kontrolle über Österreich nach Deutschland einreisen. Merkel rief der Nation und der Welt ein optimistisches „Wir schaffen das!“ zu. Anfangs fand dieser Kurs viel Beifall – Deutschland erschien humanitär vorbildlich. Doch Merkel hatte keinen Plan, wie die langfristige Unterbringung, Integration und Sicherung der Grenzen organisiert werden sollte. Es kam, wie es kommen musste: Über eine Million Menschen strömten 2015/16 ins Land,[22] die Behörden waren heillos überfordert, in vielen Kommunen kippte die Stimmung. Merkel selbst musste einräumen, dass man zeitweise „nicht genügend Kontrolle“ an der Grenze gehabt habe[23] – ein erstaunliches Eingeständnis des Staatsversagens, das in dieser Form beispiellos für einen deutschen Nachkriegskanzler ist.

Merkel inszenierte sich zwar medienwirksam – man erinnere sich an die berühmten Selfies mit Neuankömmlingen –, doch diese Bilder wirkten wie ein Signal in die Welt: „Kommt nur, Deutschland heißt euch willkommen.“ Dass deutsche Kommunen, Schulen und Sozialsysteme vielerorts nicht auf einen derartigen Ansturm vorbereitet waren, kümmerte die Kanzlerin wenig. Ohne breite Abstimmung mit Nachbarstaaten oder den eigenen Bürgern traf sie die folgenreichste Entscheidung ihrer Amtszeit im Alleingang. Innenpolitisch hatte dies verheerende Konsequenzen: Ein erheblicher Teil der Bevölkerung fühlte sich übergangen und verunsichert. Im Gefolge der unkontrollierten Zuwanderung schoss die rechtspopulistische AfD von unter 5 % auf über 20 % – bis heute zehrt sie von dem Anti-Merkel-Stimmungskapital, das damals entstanden ist.[24] Merkels Satz „Wir schaffen das“ wurde von ihren Gegnern sarkastisch umgewandelt in „Ihr schafft das Land ab“. Sie hat mit ihrer naiven Öffnungspolitik der extremen Rechten den größten Auftrieb seit den 1950er Jahren verschafft. Inzwischen ist die AfD in vielen Landtagen und im Bundestag die größte Oppositionspartei – ein Albtraum-Szenario, das ohne Merkels Fehler 2015 so nicht eingetreten wäre.

Man muss festhalten: Flüchtlingspolitik erfordert Augenmaß und Konsensbildung. Andere Länder wie Australien oder Kanada kombinieren Humanität mit konsequenter Kontrolle – spontane Masseneinreisen ohne Papiere erlauben sie nicht. Merkel hingegen verursachte einen Kontrollverlust, der Europa jahrelang entzweit hat. Selbst 2016/17, als klar wurde, dass „Wir schaffen das“ so nicht aufgeht, blieb Merkel stur und lehnte eine Kurskorrektur ab. Erst der Druck der EU-Partner (Türkei-Deal, Schließung der Balkanroute) beruhigte die Lage etwas – aber da war der politische Flurschaden längst angerichtet. Diese Episode zeigt Merkels Regierungsstil in Reinform: Aktionismus ohne Weitsicht, regieren per Bauchgefühl, Symbolpolitik statt Strategie. Kein Kanzler vor ihr hat innenpolitisch derart die Büchse der Pandora geöffnet. Konrad Adenauer bewahrte das Land in Krisenzeiten vor Radikalisierung; selbst Helmut Kohl hielt trotz Asylkompromiss und Einheitsstress den rechten Rand klein. Merkel hingegen hat es geschafft, die lange marginale extreme Rechte salonfähig zu machen – indirekt, aber vorhersehbar. Sollte in einigen Jahren tatsächlich einmal eine AfD-Kanzlerin (z.B. Alice Weidel) oder ein Rechtsextremer (Björn Höcke) ins höchste Amt gelangen, wird Merkels 2015er Entscheidung im historischen Rückblick als Auslöser ausgemacht werden. Dieser Kollateralschaden ihrer gutgemeinten, aber schlecht gemachten Flüchtlingspolitik trägt erheblich zu ihrem negativen Gesamturteil bei.

Geopolitisches Fehlmanagement: Russische Gas-Abhängigkeit und China-Politik

Merkels Bilanz ist auch in der Außen- und Wirtschaftspolitik verheerend kurzsichtig. Zwei Beispiele stechen hervor: die Energieabhängigkeit von Russland und die China-Strategie.

1. Russland und Energie: Merkel hat Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit von Putins Russland manövriert. Trotz aller Warnungen (insbesondere osteuropäischer Nachbarn) hielt sie eisern an Pipeline-Projekten wie Nord Stream 2 fest und förderte den Import von immer mehr russischem Gas. Sogar nach der Krim-Annexion 2014 ließ ihre Regierung noch deutsche Gasspeicher an Gazprom verkaufen – ein strategischer Fehler ersten Ranges.[25] Grüne Politiker werfen Merkel zu Recht vor, sie habe die Risiken gekannt und bewusst ignoriert, entgegen ihrem Amtseid, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.[26] Heute wissen wir: Diese Ignoranz hat Russland ermutigt und Deutschland erpressbar gemacht. Merkel wusste um die Gefahr, aber sie schwieg Kritik aus der CDU und der EU weg und wiegelte Bedenken ab („Wir machen uns unter keinen Umständen abhängig“, so ihre abwiegelnden Worte 2018). Faktisch hat sie aber genau das getan: Deutschland zunehmend abhängig von russischer Energie gemacht – was Putin als Werkzeug nutzte. Früheren Kanzlern wäre so ein sicherheitspolitisches Versagen kaum passiert. Helmut Schmidt diversifizierte die Energieversorgung nach den Ölkrisen, Kohl trieb den europäischen Energiebinnenmarkt voran. Merkel hingegen verließ sich blind auf einen Autokraten – ein verhängnisvoller Kurzschluss, dessen Folgen (Explosion der Gaspreise 2022, Versorgungsunsicherheit) nach ihrem Abgang die Bürger ausbaden mussten. Das Krisenmanagement der Ampel-Regierung 2022/23 (Notkäufe, LNG-Terminals) wurde dringend nötig, weil Merkel uns in diese Lage gebracht hatte.

2. China-Politik: Ähnlich kurzfristig-profitgetrieben gestaltete sich Merkels Umgang mit China. Sie setzte voll auf „Wandel durch Handel“ – die Idee, man müsse nur immer mehr Geschäfte mit der kommunistischen Diktatur machen, dann werde diese sich schon liberalisieren. Diese Strategie gilt heute als krachend gescheitert. Merkel und ihre Regierungen priorisierten über Jahre Exportsummen über Menschenrechte, sie hofierten Pekings Machthaber, um der deutschen Industrie Absatzmärkte zu sichern.[27] Tatsächlich wurden aber deutsche Schlüsselindustrien angreifbar: China kaufte unter Merkel etwa den Robotik-Weltmarktführer KUKA auf, eignete sich deutsches Know-how an und schwingt sich nun selbst zum High-Tech-Konkurrenten auf. Warnungen vor dieser Entwicklung schlug Merkel in den Wind. Deutsche Konzerne wie VW, BASF oder Siemens investierten massiv in China – Merkel applaudierte, obwohl z.B. VW in Xinjiang (wo Uiguren in Lagern interniert sind) ein Werk betreibt.[28] Ihr fehlte der Mut, Peking klare Grenzen zu setzen, etwa beim 5G-Ausbau (Stichwort Huawei-Beteiligung) oder bei Sanktionen wegen Hongkong und Xinjiang. Noch 2020 drängte Merkel im EU-Rahmen auf ein Investitionsabkommen mit China, das einseitig den deutschen Autokonzernen nützen sollte – während gleichzeitig Chinas Regierung Hongkonger Demokratiebewegte unterdrückte und Taiwan militärisch bedrohte.[29] Moralische Werte oder langfristige Strategien zählten bei Merkel in Bezug auf China wenig; kurzsichtige Geschäfte gingen vor.[30] Dieses „blinde Vertrauen ins freie Spiel der Märkte“ gegenüber einer Diktatur hat Deutschland und Europa in eine schwache Position manövriert. Heute ist klar: Peking hat sich nicht durch Handel gewandelt, sondern ist aggressiver denn je. Der deutsche „Wandel durch Handel“-Ansatz war naiv, ja zynisch, weil er vom Wandel gar nicht ernsthaft ausging.[30] Merkel hat wertvolle Jahre vertan, in denen man China hätte eindämmen können, und stattdessen Deutschlands Wirtschaft in riskante Abhängigkeiten verstrickt. Ihr Nachfolger Olaf Scholz musste die schmerzhafte Zeitenwende nachholen, die Merkel verschlafen hat.

In beiden Fällen – Russland und China – zeigt sich ein Muster: Merkel setzte auf kurzfristigen Vorteil (billiges Gas, Exportgewinne), ignorierte mahnende Stimmen und verzichtete auf eine wertebasierte, langfristig kluge Außenpolitik. Die Quittung folgte prompt: Russland führte Krieg und drehte den Gashahn zu; China zeigt sich als systemischer Rivale, der Europas Einheit gefährdet. Merkel hinterlässt hier ein außenpolitisches Trümmerfeld. Kanzler wie Adenauer oder Brandt kombinierten wirtschaftliche Interessen stets mit klarer Westbindung bzw. Entspannungspolitik – also einer übergeordneten Strategie. Merkel hingegen taumelte opportunistisch zwischen Moskau, Peking und Washington hin und her, ohne Kompass. Dass sie von US-Präsident Obama einst als „Leader of the Free World“ geadelt wurde, erscheint im Rückblick ironisch: In Wahrheit fehlte Merkel jegliche visionäre Führungsstärke auf der Weltbühne. Sie agierte zögerlich, reaktiv und oft falsch einschätzend. So hat sie Deutschlands internationale Position langfristig geschwächt.

Fazit: Schlechteste Kanzlerin aller Zeiten

Angela Merkel mag lange Zeit beliebt gewesen sein, doch die Bilanz ihrer 16-jährigen Kanzlerschaft fällt nüchtern betrachtet desaströs aus. Die oben genannten Beispiele – und es ließen sich noch mehr finden – zeigen ein Muster aus Zaudern, Fehlentscheidungen und Prinzipienlosigkeit, das kein anderer Bundeskanzler in dieser Dichte aufweist. Zum Abschluss lohnt ein kurzer Blick auf ihre Vorgänger, um das Urteil einzuordnen:

  • Konrad Adenauer (CDU, 1949–63) – Trotz umstrittener Aspekte legte er den Grundstein für Deutschlands Westbindung, NATO-Mitgliedschaft und Wirtschaftswunder. Er bewahrte das Land vor dem Abdriften in Ostblock-Abhängigkeit. Positive Vision: Westintegration, Versöhnung mit Frankreich. Merkel dagegen hinterließ ein zutiefst gespaltenes Europa (Eurokrise, Flüchtlingskrise) und erhöhte Abhängigkeiten von Autokraten.

  • Willy Brandt (SPD, 1969–74) – Leitete die Ostpolitik ein, entspannte den Kalten Krieg, bekam den Friedensnobelpreis. Innenpolitisch Reformen (mehr Demokratie, Sozialstaat-Ausbau). Moralisches Format: Kniefall von Warschau. Merkel hingegen erntete nie vergleichbare Achtung – sie fuhr keinen einzigen echten Reformkurs und vermied mutige Gesten.

  • Helmut Schmidt (SPD, 1974–82) – Bewältigte Ölkrise und Terrorismus der RAF mit kühlem Kopf. Genießt bis heute den Ruf eines tatkräftigen Krisenmanagers. Merkel zeigte in Krisen dagegen oft Zaudern oder Alleingänge ohne Plan. Schmidt stärkte zudem die Sozialsysteme moderat; Merkel ließ sie erodieren.

  • Helmut Kohl (CDU, 1982–98) – Längster Kanzler neben Merkel. Architekt der Deutschen Einheit und Mitgestalter der EU (Maastricht-Vertrag). Hatte historische Weitsicht, trotz Fehlern (Spendenaffäre). Merkel fehlen vergleichbare Verdienste völlig.

  • Gerhard Schröder (SPD, 1998–2005) – Umstritten wegen Hartz-IV-Reformen, aber immerhin modernisierte er Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Vor allem aber bewahrte Schröder Deutschland 2003 vor dem Irakkrieg – eine mutige Entscheidung gegen einen US-Präsidenten, die international Respekt einbrachte.[2] Merkel hätte hier das Land ins Chaos eines völkerrechtswidrigen Krieges geführt. Schröders Nähe zu Putin kann man kritisieren; doch Merkel setzte Putin politisch sogar weniger Grenzen (Nord Stream 2) als Schröder, der zumindest einen Gaskompromiss (Nord Stream 1) in friedlicheren Zeiten abschloss.

Die anderen schwachen Kanzler neben Merkel, Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger, waren beide nicht lange im Amt (jeweils nur etwa drei Jahre). Erhard hat als Wirtschaftsminister sicher ein großes Vermächtnis, aber als Bundeskanzler blieben beide unbedeutend und konnten zumindest keinen so großen Schaden anrichten wie Angela Merkel in ihren 16 Jahren. Ihr Nachfolger Olaf Scholz war weitgehend damit beschäftigt, die hier erörterten, von Merkel begangenen Fehler auszubügeln und den Stillstand in wichtigen Politikfeldern zu überwinden.

Natürlich gab es auch unter den anderen Kanzlern Fehler und Skandale. Doch keiner vereint so viele verschiedene Felder des Misserfolgs auf sich wie Merkel: Außenpolitik (Iraq-Fehlgriff, Russland, China), Innenpolitik (Sozialabbau, Rentnerarmut), Gesellschaftspolitik (körperliche Unversehrtheit von Kindern, Spaltung durch Migrationskurs) und Energie/Umwelt (Atom- und Klimapolitik-Zickzack) – überall hinterlässt sie Scherben. Ihre Amtszeit wirkt im Rückblick wie eine Phase des politischen Stillstands in guten Zeiten und des Krisenmanagements per Kurzschluss in schlechten Zeiten. Visionen oder nachhaltige Verbesserungen blieben aus.

Angela Merkel war sicherlich eine geschickte Taktiererin, die sich lange an der Macht halten konnte. Doch genau diese Taktiererei ohne Prinzipien ist ihr Vermächtnis: Sie hat 16 Jahre lang Probleme ausgesessen, Fehlentwicklungen zugelassen oder verschlimmert und dem Land am Ende einen hohen Preis hinterlassen – sei es in Form einer erstarkten extremen Rechten, eines angeknacksten Sozialsystems oder strategischer Abhängigkeiten. In der Summe der Versäumnisse ist Merkel daher – so hart es klingt – die schlechteste Kanzlerin, die die Bundesrepublik Deutschland je hatte. Ihre Regierungszeit wird künftig als Warnung dienen, wie eine Politikerin ohne klare Werteorientierung ein Land zwar durch ruhige Fahrwasser schippern kann, dabei aber die gefährlichen Riffe übersieht, an denen das Schiff letztlich leckschlägt. Merkel hat Deutschland politisch wie gesellschaftlich einen Bumerang mit auf den Weg gegeben, dessen volle Wucht erst nach ihrem Abgang spürbar wurde. Das macht ihr Erbe so negativ und einzigartig unter den Kanzlern der BRD.

Quellen: Die Argumente und Fakten stützen sich auf eine Vielzahl von Presseberichten, Analysen und zeitgenössischen Quellen. Beispielsweise dokumentiert Der Spiegel Merkels Unterstützung für Bushs Irakkrieg[1], und die World Socialist Web Site bezeichnet diesen als völkerrechtswidrig und von Merkel explizit gutgeheißen[2]. Zur Sozialpolitik liefern ZDF heute und RND Zahlen, die den eklatanten Rückstand deutscher Renten gegenüber Dänemark und Österreich belegen.[7][8] Die Süddeutsche Zeitung und Euronews berichten eindrücklich über steigende Altersarmut und Tafelnutzung im Merkeldeutschland.[4][5] Merkels umstrittenes Dinner mit Ackermann im Kanzleramt ist durch Spiegel und Tagesspiegel belegt.[11] Der panische Atomkurswechsel 2011 wird im Guardian als kopfloser U-Turn beschrieben.[14] Merkels „Komikernation“-Zitat zur Beschneidung verbreitete die Welt[18] und Focus[17]; der Gesetzgebungsverlauf ist im Bundestagsarchiv dokumentiert[20]. Ihre Flüchtlingspolitik rechtfertigte Merkel selbst in der Welt am Sonntag rückblickend, gestand aber Kontrollverlust und den AfD-Aufstieg ein.[31] Zur Russland- und Chinapolitik kritisieren u.a. ZDF und Foreign Policy ihr Versagen: Grüne Politiker attestieren ihr das bewusste Ignorieren von Gas-Abhängigkeitsrisiken[26], und Experten nennen China gar Merkels „größtes Scheitern“ – sie habe kurzfristige Profite über Werte gestellt[29][30]. All diese Quellen untermauern das Gesamtbild einer Kanzlerin, deren Mangel an strategischer Weitsicht und Mut zu echten Verbesserungen sie zur schlechtesten Amtsinhaberin der bundesdeutschen Geschichte machen.





[1] The World from Berlin: Merkel, Texas, and Beyond - DER SPIEGEL
https://www.spiegel.de/international/the-world-from-berlin-merkel-texas-and-beyond-a-394866.html

[2], [3] Merkel’s farewell visit to Washington - World Socialist Web Site
https://www.wsws.org/en/articles/2021/07/17/merk-j17.html

[4], [6], [13] Situation von Rentnern - Wie alt ist die Armut? - Wirtschaft - SZ.de
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gutachten-zur-finanziellen-situation-von-rentnern-wie-alt-ist-die-armut-1.1553433

[5] Deutschland: deutlicher Anstieg bei Tafel-Kunden | Euronews
https://de.euronews.com/2019/09/19/deutschland-deutlicher-anstieg-bei-tafel-kunden

[7] Rente ab 70: Dänemark setzt in Europa neues Hoch für Rentenalter
https://www.zdfheute.de/politik/ausland/rente-daenemark-renteneintrittsalter-siebzig-100.html

[8] Österreich: Rente im Durchschnitt 400 Euro höher als in Deutschland
https://www.rnd.de/politik/oesterreich-rente-im-durchschnitt-400-euro-hoeher-als-in-deutschland-MTFNS2G7MFESLNE7C6ZPFMN7G4.html

[9], [10] Increased risk of poverty for German retirees - World Socialist Web Site
https://www.wsws.org/en/articles/2012/01/germ-j03.html

[11], [12] Gerichtsentscheid: Merkel muss Gästeliste von Ackermann-Dinner offenlegen - DER SPIEGEL
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gerichtsentscheid-merkel-muss-gaesteliste-von-ackermann-dinner-offenlegen-a-755745.html

[14], [15], [16] Germany to shut all nuclear reactors | Germany | The Guardian
https://www.theguardian.com/world/2011/may/30/germany-to-shut-nuclear-reactors

[17] „Wir machen uns zur Komikernation“: Merkel will Beschneidungen billigen - FOCUS online
https://www.focus.de/politik/deutschland/merkel-will-beschneidungen-billigen-wir-machen-uns-zur-komikernation_id_2078691.html

[18] Beschneidung: Merkel – „Wir machen uns zur Komikernation“ - WELT
https://www.welt.de/politik/deutschland/article108304605/Merkel-Wir-machen-uns-zur-Komikernation.html

[19], [20], [21] Deutscher Bundestag - Beschneidung von Jungen jetzt gesetzlich geregelt
https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2012/42042381_kw50_de_beschneidung-210238

[22], [23], [24], [31] Angela Merkel defends open border migration policy – POLITICO
https://www.politico.eu/article/angela-merkel-defends-open-border-migration-refugee-policy-germany/

[25], [26] Grüne kritisieren Angela Merkel wegen Umgang mit russischem Gas
https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/gruene-merkel-kritik-gas-russland-100.html

[27], [28], [30] Germany’s China Policy of ‘Change Through Trade’ Has Failed | Royal United Services Institute
https://www.rusi.org/explore-our-research/publications/commentary/germanys-china-policy-change-through-trade-has-failed

[29] Merkel Picked Fictional Profits Over Real Values in China Deals
https://foreignpolicy.com/2020/09/15/china-merkel-trade-germany-failure-covid-19/

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Donnerstag, 5. Juni 2025

PODCAST: GESCHICHTE DES BEWUSSTSEINS

Das Gehirn mit beiden Hemisphären und Denkbereichen.


17.08.2016 (07:50) - 05.06.2025

1. Einteilung der Geschichte als akademische Disziplin

Die Geschichte als akademische Disziplin lässt sich in verschiedene Bereiche untergliedern. Das ist an sich nicht neu.
Beispielsweise spricht man von Politischer Geschichte, Sozialgeschichte, Wirtschaftsgeschichte usw. Auch in Klausuren werden gerne derartige Erörterungseinteilungen verlangt, also zum Beispiel politisch - sozial - wirtschaftlich.
Es könnten noch viele andere Unterdisziplinen der Geschichte genannt und angewendet werden.

Ein Bereich aber, der häufig vernachlässigt wird, ist die Bewusstseinsgeschichte - genauso wie übrigens die Betrachtung des Bewusstseins selbst.

Die Bewusstseinsgeschichte grenzt an historische Unterdisziplinen, die es bereits gibt, namentlich die Geistesgeschichte, die Kulturgeschichte oder die psychologische Geschichte (nicht nur die Geschichte der Disziplin Psychologie). 
Sie ist aber nicht mit diesen historischen Unterdisziplinen identisch.


2. Idealismus, Materialismus und Dualismus

Wenn wir die Bewusstseinsgeschichte betonten, bedeutet das nicht, dass die anderen Bereiche unwichtig wären und es bedeutet auch nicht, dass die materiellen Grundlagen wie wirtschaftliche Produktion und biologisches Funktionieren unwichtig wären.
Man denke an den Biologischen Materialismus eines Julien Offray de LaMettrie oder den Ökonomischen Materialismus eines Karl Marx.
Wir erinnern uns da auch an diverse Streitereien in der Philosophie zwischen Idealisten, Materialisten und Dualisten (- als vermittelnde Meinung?).
Eine frühe Ausformung nahm der Idealismus schon bei Platon an, später wurde er von vielen Denkern ausdifferenziert, beispielsweise im deutschen Idealismus. 
Der Materialismus hatte frühe Ausprägungen bei den griechischen Atomisten wie Leukipp, Demokrit und Epikur und wirkte später im französischen Materialismus oder im Materialismus eines Ludwig Feuerbach oder Karl Marx, die als Jung- bzw. Linkshegelianer gewissermaßen auch auf den deutschen Idealismus antworteten.
Materialismus findet man aber auch als "abweichende Ansätze" (Nastika[s]) der Indischen Philosophie.
Der Dualismus erscheint z. B. in den Denkansätzen von René Descartes.
Aber auch das sind nur Beispiele.

gedankenwelt.de

Selbst wenn man materialistisch denkt, also dass der Geist von der Materie abhängig ist und nicht völlig unabhängig existiert, so muss man überlegen, ob man Geist und Bewusstsein nicht doch eine gewisse Autonomie zugesteht.
Wir stimmen den Materialisten in soweit zu, dass das menschliche Bewusstsein abhängig ist vom Funktionieren des Körpers. Ohne den Körper kann es nicht mehr sein. Das heißt aber nicht, dass so etwas wie Bewusstsein unwichtig wäre oder überhaupt nicht existiert.

Wir halten Bewusstsein weder für eine metaphysische Entität wie viele Religionen, schon gar nicht für eine unsterbliche, noch wollen wir den Begriff auf seine Bedeutung in den Bereichen Esoterik und "New-Äitsch" verengt wissen.


3. Geist und Bewusstsein

Im weiteren Sinne könnte man das Bewusstsein dennoch als Geist verstanden wissen, wenn auch eben nicht in einer metaphysischen Bedeutung.
Aber eine völlige Gleichsetzung der Begriffe Bewusstsein und Geist wäre eine Verengung. Denn der Begriff Bewusstsein setzt andere Nuancen.
Der Begriff Geist ist eher intellektuell gemeint.
Geistesgeschichte meint beispielsweise eher die Geschichte geistiger Auffassungen, Produkte und Konstrukte sowie von geistigen Leistungen wie mathematische Forschung oder literarische Werke. Auch Weltbetrachtungen können darunter sein oder vieles andere. Es geht also um geistige Tätigkeit und die daraus entstandenen kulturellen Gebilde.

Bewusstsein meint etwas Ähnliches, konzentriert sich aber stärker darauf, wie der Mensch die Welt subjektiv erlebt und empfindet. Es geht quasi darum, sich direkt in den Menschen hineinzuversetzen.


4. Die Darstellung von Bewusstseinsinhalten

Seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert kam das Ziel der Darstellung von Bewusstseinsinhalten auch computertechnisch auf die Agenda. Man konnte zwar noch nicht direkt in den Menschen hineingucken, aber man konnte jetzt immer bessere 3D-Welten entwickeln, die aus der Ego-Perspektive erlebbar waren. 

Mit der Erfahrbarkeit und Mitteilbarkeit von (3D-)Bewusstseinswelten am Computer ist ein jahrtausendealter Traum der Menschheit in Erfüllung gegangen, ohne dass dieses von den vielen 3D-Computerspielern ausreichend gewürdigt würde.

Denn früher mussten Menschen sich diesem Zustand über mündliche Erzählung nähern, dann mit Hilfe der Schrift, mit Zeichnungen, Malerei und mit Nachspielen, aus dem sich dann immer mehr die szenische Darstellung im Theater entwickelte. Szene hieß zunächst einmal nur Zelt.
Diese verschiedenen Darstellungsformen konnten nebeneinander existieren. Erzählungen wurden früher oft in Versform entwickelt, später mehr in Prosa.

Erst im 19. Jahrhundert kam dann die Photographie und schließlich zum Ende des Jahrhunderts der Film auf, der dann im 20. und 21. Jahrhundert technisch extrem verfeinert werden konnte. Schließlich kamen gegen Ende des 20. Jahrhundert leistungsfähige Computer auf, die die erwähnte Darstellung von dreidimensionalen Welten ermöglichten.

Bis zu diesen technischen Neuerungen in Folge der Industrialisierung und Technisierung war es aber ein weiter Weg. Zunächst einmal entwickelte sich das menschliche Bewusstsein ohne sie.


5. Die historische Bewusstseinsforschung

Julian Jaynes

Und da ist nun der Punkt an dem die Bewusstseinsgeschichte ansetzen muss: 
WAS hatte der Mensch in seinem Bewusstsein?

Wir haben kulturelle Erzeugnisse, die andeuten, wie Menschen früherer Epochen gedacht haben mögen.

Der Französische Mediävist Philippe Ariès hat sich z. B. von der historischen Demographie zur Mentalitätsgeschichte entwickelt. Er hat die Geschichte der Kindheit erforscht, aber dann auch mit seinen Kollegen Georges Duby und Paul Veyne das Privatleben. Ariès arbeitete auch mit Michel Foucault zusammen.

Einen anderen Antwortansatz, wie sich das menschliche Bewusstsein in der Geschichte entwickelt hat, liefert uns Julian Jaynes (27.02.1920 - 21.11.1997). 
Jaynes beschäftigte sich sich mit dem Zusammenhang zwischen Psychologie und Geschichte und kam zu der Ansicht, dass es ein (Ich-)Bewusstsein im modernen Sinne anfangs nicht gegeben hat. Seiner Meinung nach gab es früher eine bikamerale Psyche, also eine Psyche, die aus zwei Kammern besteht, nämlich einer göttlichen und einer menschlichen.

Nach Jaynes ist diese bikamerale Psyche dann zusammengebrochen, in vielen Kulturen des Mittelmeerraumes in der späten Bronzezeit um 1000 v. Chr. Hierfür ist schon ein Zeitrahmen von mehreren Jahrhunderten denkbar, z. B. von 1300 - 700 v. Chr.

Jaynes' Forschung zielte darauf ab, diese einfache aber schlagende These anhand von historischen und literarischen Quellen zu belegen. Seine eigene Erfahrung einer religiösen Erziehung, der er dann zunehmend kritisch gegenüberstand, half ihm dabei.

Man kann sich diesen Denkansatz ganz konkret vorstellen:
Bei Homer werden heroische Geschichten aus dem mykenischen Griechenland vor 1000 v. Chr. erzählt, bei denen die Helden immer wieder göttliche Befehle erhalten und oft befolgen.
Es entsteht der Eindruck, sie hätten in sich nicht ein Ich, sondern eben eine bikamerale Psyche.
Später ging dann dieses Denken immer mehr zurück und in der griechischen Philosophie entstand ein Ich-Bewusstsein.


Anzeichen einer bikameralen Psyche lassen sich auch in der ägyptischen Literatur und in Inschriften feststellen, ebenso in Mesopotamien.

Julian Jaynes wurde leider für seinen innovativen Ansatz in der Scientific Community sehr gemobbt, was sich negativ auf seine Gesundheit auswirkte.

Leider konnte er deshalb nur bedingt weiterforschen. Es wäre z. B. interessant gewesen, wenn er tiefer hätte erforschen können, ob bei Selbstmordattentätern diese bikamerale Psyche wiederhergestellt wurde.

So haben wir von Julian Jaynes über dieses wichtige Thema leider nur ein Hauptwerk, sowie mehrere Aufsätze und Interviews.
The Origin of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind. Houghton Mifflin, Boston/New York 1976

www.julianjaynes.org

Der Ansatz von Julian Jaynes wird heute von der Julian-Jaynes-Society fortgesetzt. In deren Namen hat Marcel Kuijsten das Werk The Julian Jaynes Collection von 2012 herausgegeben.

Ingo Wolf-Kittel stellte Jaynes Thesen kompakt dar und konfrontierte sie mit modernen Erkenntnissen in seinem Artikel Julian Jaynes. Ein moderner Blick auf die Mutation vom mythischen zum mentalen Bewusstsein. In Erinnerung an sein vor 30 Jahren erschienenes Werk.















PODCAST: MEINUNG/KOMMENTAR: DIE PROBLEMATISCHE ARGUMENTATION MIT WISSENSCHAFTLICHKEIT UND RATIONALITÄT

Scientia (pixabay.com) 


1. Einleitung: Das behauptete Ziel der Wissenschaftlichkeit und Rationalität

Wir erleben in der heutigen Zeit, dass im Meinungsstreit eine oder mehrere Seiten für sich in Anspruch nehmen, "wissenschaftlich" zu sein.

Das Ziel der "Wissenschaftlichkeit" ist an sich erstrebenswert, es hat aber in der Praxis die Wirkung, dass andere Meinungen als "unwissenschaftlich" dargestellt und damit ausgegrenzt werden.
 
Wissenschaftlichkeit als Ziel wirkt ähnlich wie "Rationalität" oder "Richtigkeit".
Praktisch überhöht man seine eigene Position und buttert andere unter.

Man sollte sich zuerst fragen, ob Wissenschaftlichkeit etwas Objektives ist und auf strengen Methoden aufbaut. Dieses wird ja behauptet.
Ich will jetzt nicht aus dem Stand heraus den kompletten Wissenschaftsbetrieb der Gegenwart und Vergangenheit als "konstruiert" oder "ausgedacht" hinstellen.
Aber es gibt auch den Gegenstandpunkt, dass Wissenschaftlichkeit "relativ" ist, quasi etwas Subjektives.
Und es gibt auch die Zwischenmeinung, dass in der Wissenschaft Objektivismen und Subjektivismen koexistieren.
 
Ein Beispiel: In Deutschland gab es im 20. Jhd. 5 verschiedene Systeme:
  • das Kaiserreich (II. Reich)
  • das "Weimarer Republik" genannte Deutsche Reich
  • das Nazireich (III. Reich)
  • die Bundesrepublik Deutschland
  • die DDR 
JEDES dieser Systeme hatten Wissenschaftler, die es unterstützten. Ebenso Politiker, Lehrer und Richter.
Sprich: Jedes dieser Systeme hatte RECHT!

Aber wie können z. B. das NS-System und das offiziell Antifaschistische System der DDR gleichermaßen Recht haben?
Sicher kann man einem anderen System vorwerfen, es sei "pseudowissenschaftlich". Aber das andere System mag das auch von unserem eigenen System denken.

Man sieht diese Widersprüche allerdings auch innerhalb eines Systems:
Wer schon einmal ein historisches oder politisches Seminar bei einem SPD-Prof und bei einem CDU-Prof besucht hat, weiß, dass das eigentlich zwei Arten von Geschichts- oder Politikbetrachtungen sind. Noch extremer wird es, wenn man zu einem marxistischen Prof geht.
 

2. Einschränkungen des Anspruchs auf Wissenschaftlichkeit und Rationalität


Es geht hier nicht darum, das Ziel der Wissenschaftlichkeit als etwas Falsches darzustellen.
Man muss die Sache aber genauer betrachten und fragen:
"WAS ist (angeblich) wissenschaftlich?"

Denn häufig steht hinter der (Gesamt-)Rationalität nur eine Teil-Rationalität oder Zweck-Rationalität.

Es stellt sich also nicht nur die Frage, ob der Anspruch der Wissenschaftlichkeit berechtigt ist, sondern auch, auf welchen Bereich er sich erstreckt.

Wir haben also mehrere Arten der Rationalität:
  • eine Gesamt-Rationalität, die global ist, also alles umfasst und - wenn sie eine ethische Intention hat - allen Menschen helfen will
  • eine Teil-Rationalität, die nur aus einer bestimmten Perspektive heraus (räumlich, zeitlich, Interessengruppe) rational sind

Ein Beispiel:

Jemand kann sagen: "Rauchen gefährdet die Gesundheit des Menschen."

Diese Aussage ist zunächst wissenschaftlich korrekt, denn es gibt viele Studien über die vielfältigen Gefahren des Rauchens.

Man muss hier jedoch ein ABER setzen!

Wenn ein Mensch sagt, "Rauchen gefährdet die Gesundheit", dann bezieht sich das NUR auf eben diese Gesundheit.
Ob der Mensch selber (gesamt-)rational vorgeht, lässt sich damit noch nicht sagen.

Was will denn der Mensch mit dieser Aussage?

Es gibt mehrere Möglichkeiten:
  • er möchte Menschen helfen (positiv, rational)
  • er möchte unter dem Vorwand der Hilfe Menschen auf die Nerven gehen
  • er möchte seinen Alltagsfrust abreagieren
  • er möchte seine Engstirnigkeit ausleben
  • er möchte durch "Kreuzzüglertum" sein Ego pampern
  • er möchte mit Nichtraucherprogrammen Geld verdienen
Von diesen Faktoren können nicht alle Wissenschaftlichkeit (bzw. rationale Begründetheit) für sich beanspruchen. Eigentlich kann das nur der erste Punkt.

Eine ähnliche Einseitigkeit sieht man beim Kampf gegen Krankheiten, bei der Erziehung von Menschen (Kindern oder Erwachsenen), bei akademischer Tätigkeit oder bei Vorgängen in der Berufswelt.

Immer wieder kommt es vor, dass Wissenschaftlichkeit oder Rationalität mit Dingen vermischt werden, die eben nicht rational sind.

Weitere Beispiele:

Ein Erwachsener bringt einem Kind etwas bei:
  • er will dem Kind helfen
  • er will sich einem Gegenüber überlegen fühlen
  • er will seinen Sadismus ausleben und rationalisieren
  • er will Regeln um ihrer selbst wahrnehmen

Ein Firmenchef sagt, er müsse Mitarbeiter entlassen:

  • die Wirtschaftslage erfordert dies
  • er nutzt die Wirtschaftslage nur als Vorwand, um unliebsame Mitarbeiter zu feuern
  • er will seinen Sadismus oder Sozialdarwinismus ausleben
  • er ist Doppelmoralist und erhöht sein Vermögen (trotz der Wirtschaftslage), während er bei anderen kürzt 

Ein Richter spricht Recht und begründet dies juristisch:

  • weil er die Gerechtigkeit liebt
  • weil er gerne straft (ein Sadist ist) und nur einen Vorwand dafür sucht
  • trotz äußerlich-juristischer Begründung kann es sein, dass der Urteilsspruch beim Pinkeln ausgehandelt wurde (kam schon vor!)
  • trotz äußerlich-juristischer Sprache kann das Strafmaß von der Tagesform oder der Tagesbinnenform des Richters abhängen 

 

3. Der Wissenschaftsbetrieb selber

Der Wissenschaftsbetrieb, also die praktisch ausgeübte "Wissenschaft", beweist bereits, dass es mit der "Wissenschaftlichkeit" nicht so weit her ist.

Äußerlich behauptet man, streng methodisch vorzugehen. Man sollte auch nicht gänzlich sagen, dass so etwas überhaupt nicht möglich sei.
Zum Beispiel kennt die Numismatik (Münzkunde) gewisse Regeln, die relativ verlässlich sind.

Andererseits gibt es Subjektivismen:

  • will ein Professor in einem konservativen Bundesland seine Karriere voranbringen, dann mag er sich mit linken Ansichten schwertun; umgekehrt mag es mit einem konservativen Professor in einem linken Bundesland sein 
  • der Professor mag einer Lehramtsstudentin eine ungerechtfertigt gute Note geben, damit sie ihr Referat erhält, weil er mit ihr liiert ist
    (und später soll sie als Lehrerin objektiv beurteilen?
  • ein Professor hat neben seiner Unitätigkeit noch Tätigkeiten für Firmen, die sein Erkenntnisinteresse beeinflussen ("erkenntnisleitende Interessen"
  • ein Professor merkt, dass ihm ein anderer einen Lehrstuhl wegschnappt:
    plötzlich bricht die Firniss der wissenschaftlich-sachlichen Sprache und er greift zu übelster Polemik, um seinen Konkurrenten zu diffamieren
  • ein Geschichtsprofessor, der die Bundeswehr mag, hat eine völlig andere Haltung zur Militärgeschichte als eine Professorin, die Radikalpazifistin ist
  • auch wenn Professoren sagen, dass man "vorurteilsfrei" und "wissenschaftlich" an Themen herangehen soll, so sind dennoch viele Mitglieder einer Religionsgemeischaft;
    sie haben dafür ein "Vorverständnis", quasi ein "Vortuning", dass ihre Interessen leitet 

 




Mittwoch, 4. Juni 2025

PODCAST: LINUX IN ZEITEN VON WINDOWS 11 (2025)




TEIL 1: DIE AUSGANGSLAGE

Sehr geehrte Damen und Herren!

Im Oktober läuft der Support für Windows 10 aus. Diese Kunde geht derzeit durch die Länder.

Einige steigen ganz normal auf Windows 11 um, das es schon seit Oktober 2021 gibt, andere zögern.

1. Kritik an Windows - besonders an Windows 11

Es gibt verschiedene Bedenken gegenüber Windows 11:

  • ist es wirklich so innovativ, wie es tut?
  • läuft es überhaupt auf meiner Hardware?
  • ist es sicher?
  • wie ist es mit den Vorwürfen, dass Windows 11 spioniert?
  • ist z. B. "Copilot", der Chatbot mit Assistenzfunktion abstellbar oder wird er aufgezwungen?
  • drängt Microsoft die Nutzer in seine Produkt-Peripherie?
  • zwingt Microsoft die Nutzer immer mehr in die Cloud? 
  • sind die EU-Beschränkungen gegenüber Microsoft wirksam? 

Einige Fragen müssen kritisch bzw. negativ beantwortet werden.

  • Windows 11 ist sehr effekthascherisch, so ist sein Startmenü z. B. in der Mitte und nicht links (auch wenn man das anders einstellen kann);
    außerdem werden dem Nutzer ständig reizüberflutende Nachrichten präsentiert
  • wahre Innovationen sind selten 
  • auf vielen PCs läuft Windows 11 leider nicht, was die Frage nach einer Systemalternative aufwirft, wenn man nicht seine Hardware entsorgen will
  • die Sicherheit von Microsoft Windows wird seit jeher kritisch  gesehen
  • ob Windows 11 selber spioniert, ist schwer nachzuweisen, aber anzunehmen;
    Chatbots wie "Copilot" sollten aber höchstens optional, also auf Wunsch des Nutzers, zum Einsatz kommen
  • es ist bekannt, dass Microsoft die Nutzer seiner Produkte in seiner Produkt-Peripherie halten will, d. h. dass die Nutzer nicht nur Windows 11 nutzen sollen, sondern gleichzeitig auch noch die Suchmaschine Bing, die XBox, die Cloud von Microsoft usw.;
    dies tun allerdings auch Firmen wie Apple
  • Microsoft will die Nutzer v. a. dazu bringen, Abos abzuschließen und immer mehr die Cloud-Angebote der Firma zu nutzen;
    so sind Umsatz und Gewinn für Microsoft höher und v. a. konstanter;
    denn das reine Geschäft mit einem Betriebssystem ist in einer sich schnell wandelnden digitalen Welt unsicher
  • die EU hat Microsofts Geschäftsgebahren in einigen Punkten Schranken gegenübergestellt; trotzdem versucht Microsoft durch immer neues Vorgehen und immer neue Wege diese Schranken zu umgehen
     

2. Die Alternativen

Es stellt sich also die Frage nach Alternativen.
Diese Frage ist aber nicht so schwer zu beantworten, wie es scheint:
Bei den Desktop-Betriebssystemen gibt es hauptsächlich 3 Pferde im Rennen:

  • Microsoft Windows
  • macOS von Apple
  • Linux (auch GNU/Linux genannt) 

Will man also von Microsoft Windows weg, kann man sich entweder an Apple-Produkte halten, die insgesamt als zuverlässiger und besser aufeinander abgestimmt gelten. Dann muss man aber noch mehr bezahlen als bei Microsoft und hat weiterhin eine kommerzielle Überwachung und Einbindung.

Oder man wechselt zu Linux. 
(Kompliziertere Alternativen wie FreeBSD lassen wir hier weg.)

Das Betriebssystem Linux oder besser GNU/Linux ist das dritte OS im Rennen.
Kurz erklärt: Warum nennt man es auch GNU/Linux?
Das liegt daran, dass das 1983 initiierte GNU-Projekt von Richard Stallman wichtige Grundlagen geschaffen hat, damit aus dem Kernel, also dem Betriebssystemkern, Linux auch ein einsatzfähiges Betriebssystem werden konnte.

Linux hat auf dem Desktopmarkt zwar weltweit nur einen Marktanteil von 2 - 3 %, wobei der Anteil in fortschrittlichen Regionen auch 4 % sein mag, auf dem Servermarkt liegt es dafür vorne. Hinzu kommt, dass es Ähnlichkeiten mit dem mobilen Betriebssystem Android aufweist.
Genauer gesagt basiert Android auf dem Linux-Kernel, es wurden aber deutliche Änderungen vorgenommen, v. a. an den Bibliotheken.

Aber wie sieht es mit dem Marktanteil von Windows und macOS aus?
Microsoft Windows hat 2025 einen Marktanteil um 72 %. Es ist zwischen 2022 und 2023 unter die 75 %-Marke gefallen. So genau kann man die Werte aber nicht bestimmen.
Damit ist Windows bei den Desktop-Systemen immer noch weit führend, aber es hat schon lange nicht mehr die über 90 % von 2010.
Apples macOS liegt bei unter 15 %, wahrscheinlich 13 bis 14 %.

Immer wenn Microsoft irgendwelche Fehler machte, gab das einen kleinen Schub für Linux.
Der Durchbruch im Desktop-Bereich blieb aber bislang aus. Manche finden das aber auch gut, weil es dann weniger Schadsoftware gibt, die für speziell für/gegen Linux entwickelt wird.

Es gibt allerdings auch Probleme mit Linux, das sollte nicht verschwiegen werden:

  • Wenn man ein Windows-Programm unbedingt braucht, insbesondere beruflich, und dieses partout nicht auf Linux laufen will, dann wird der Umstieg praktisch unmöglich.
  • für den Austausch von Textverarbeitungsdateien kann das Format .DOCX problematisch sein, weil das zu Anzeigenproblemen führen kann;
    mit einem Open-Document-Format, bei der Textverarbeitung .ODT passiert das seltener, kommt aber dennoch ab und an vor 

Man kann auch Kompromisse eingehen, z. B. Windows und Linux als "Dual Boot" auf einer Platte installieren. Besser ist es aber, wenn man Windows und Linux auf getrennten Platten installiert.

Wie aber installiert man Linux?

  • Man lädt sich zunächst eine populäre Linux-Distribution wie Linux Mint oder openSUSE als ISO-Datei herunter (es gibt auch andere Wege, aber dieser ist einfach)
  • Dann macht man mit einer kostenlosen Software wie Etcher oder Rufus einen handelsüblichen USB-Stick bootfähig
  • Dann folgt man den Anweisungen des grafischen Installationsprogrammes 


3. Ein kurzer Abriss der historischen Hintergründe


Wenn man Betriebssysteme historisch und systematisch einordnen will, muss man wissen, dass ein sehr großer Durchbruch durch das ab 1969 von Dennis Ritchie, Ken Thompson u. a. entwickelte netzwerkfähige Betriebssystem Unix (anfangs: Unics) gelang.
Ursprünglich sollte als Großprojekt ein Betriebssystem namens Multics entwickelt werden (Multiplexed Information and Computing Service; aber auch lat. "multi" - viele), das für Großrechner gedacht war.
Der Ansatz war zwar nicht schlecht, aber das Projekt zu groß und die Interessen der beteiligten Akteure (MIT, General Electrics, Bell Labs) zu verschieden. Einige Beteiligte des Multics-Projektes wollten aber die guten Ideen bewahren, nur auf einer bescheideneren Ebene: So wurde aus Multics Unics (Unix), wobei die Namen nicht nur für Abkürzungen standen, sondern auch an die lateinischen Begriffe "multi" (viele) und "unus" (einer) erinnerten.
Das neue Projekt Unix/Unics nahm bei Bell Labs seinen Lauf und man entwickelte extra dafür die Programmiersprache C, die heute noch von Bedeutung ist.

Anfangs war der Quellcode von Unix noch frei. Es gab damals in den 1970er-Jahren auch noch keinen Grund, ihn zu kommerzialisieren, weil die Anzahl der Computer noch sehr gering war.
Computer waren damals riesige Rechenmaschinen, die in Zentren von Industrieländern in großen Behörden, Universitäten, Firmen oder beim Militär standen.

Das änderte sich mit der Wende zu den 1980er-Jahren, als Computer immer zahlreicher und kommerziell interessanter wurden. Der Unix-Code wurde nicht nur durch private Firmen geschützt, sondern es entbrannten auch Streitigkeiten zwischen verschiedenen Unix-Versionen, die untereinander kaum noch kompatibel waren. Diese technischen und juristischen Streitereien nannte man auch "Unix Wars". Es gab damals z. B. AIX von IBM, HP-UX von Hewlett-Packard, SunOS/Solaris von Sun, BSD (Berkeley Software Distribution) von der Universität Berkeley und SINIX von Siemens.

In diese Lücke stießen bei dem steigenen Wettbewerb dann neue Akteure: Man denke an Steve Jobs und Steve Wozniak mit Apple, Commodore und später Atari mit ihren v. a. in den 1980er-Jahren berühmten Heimcomputern und - später mit durchschlagendem Erfolg - Bill Gates mit Microsoft DOS und später Windows.
Die großen PCs waren damals noch recht teuer und wurden nur in größeren Firmen und Behörden eingesetzt, waren aber schon ein Fortschritt zu den "Schränken" früherer Zeiten.

Sofern sie mit einer Unix-Version liefen, gab es folgende Probleme:

  • Rechner mit (altem) Unix wirkten hardwaretechnisch "seelenlos" und waren softwaretechnisch für Laien schwer zu bedienen
  • die Unix-Wars mit vielen verschiedenen und kaum mehr kompatiblen Versionen schwächten das ganze Unix-Projekt
  • insbesondere fehlte es Unix lange an einer brauchbaren graphischen Benutzeroberfläche
  • erst seit 1993 stand CDE (Common Desktop Environment) zur Verfügung, das zwar ein Fortschritt war und Motif als Grafik-Toolkit einsetzte, aber an den divergierenden Anforderungen seiner Entwickler und Sponsoren litt
  • immerhin war CDE (Common Desktop Environment) eine Blaupause für spätere freie Desktops wie KDE (Plasma) und Xfce, sowie dem aus KDE hervorgegangenen Gnome;
    anfangs konnte man den Desktop-Umgebungen noch ihre Verwandtschaft deutlich ansehen 

=> In diese Lücken stießen andere Anbieter, die Computer von Seiten der Hardware und der Software "flotter" und einsteigerfreundlicher anbieten wollten und konnten.

Gleichzeitig war aber die Unix-Fangemeinde inzwischen so groß, dass man wieder ein relativ einheitliches Unix oder unixoides (unix-ähnliches) Betriebssystem haben wollte, dessen Quellcode dazu noch frei verfügbar war.

Einen Schritt dahin tat Richard Stallman 1983/84 mit seinem GNU-Projekt.
Einen anderen Linus Torvalds 1991 mit seiner Ankündigung, einen freien Kernel zu entwickeln, der dann Linux heißen sollte (anfangs gab es mehrere Namensalternativen).
Beide verschmolzen zu GNU/Linux, das der Einfachheit halber aber meist Linux genannt wird, obwohl Linux eigentlich nur der Betriebssystemkern (Kernel) ist, der erst durch die Distribution zum Betriebssystem wird.
Linux ist übrigens eher als unixoides System denn als 100 %-iges Unix anzusehen, weil es an das Betriebssystem MINIX (ein Unix) von Andrew Tanenbaum "nur" angelehnt ist. Die Bewertung, ob Linux nun ein Unix oder unix-ähnlich ist, ist aber umstritten.

Nicht übersehen darf man aber, dass es neben GNU/Linux noch zwei weitere Ansätze gibt, die aber nicht zu einer so großen Breitenwirkung fanden. Auf beiden kann man heute aber die meisten Linux-Programme auch ausführen, weil ihre eigene Entwicklergemeinschaft für einen völlig eigenen "Betriebssystem-Kosmos" zu klein wäre.

  • BSD: Berkeley Software Distribution (oder Berkeley Unix) wurde in den 1990er-Jahren nach harten juristischen Kämpfen frei;
    daraus entstanden: 
    • FreeBSD (am weitesten verbreitet, gerade als Serverystem)
    • OpenBSD (hat den Anspruch, besonders sicher zu sein)
    • NetBSD (hat den Anspruch, auf vielen Plattformen zu laufen)
    • DragonFlyBSD (entstand aus FreeBSD)
    • erwähnenswert: auch macOS (über NextStep > OpenStep > Darwin) enthält viel BSD-Code, v. a. von FreeBSD, sein Kernel ist aber ein Mach-3-Kernel (XNU)
  • OpenSolaris/OpenIndiana: OpenIndiana basiert auf dem Illumos-Projekt und hat sich schrittweise von OpenSolaris fortentwickelt;
    seine Entwicklergemeinde ist aber noch kleiner als die von BSD



TEIL 2: DIE OPTIONEN


1. Die Distribution: z. B. Linux Mint oder openSUSE

Wenn man Sich die Lage von Linux ansieht, dann fallen einem hunderte Distributionen auf.
Das verwirrt den geneigten Umsteiger. Auf der Seite DistroWatch.com werden viele aufgezählt.
Dort gibt es neben Beschreibungen auch ein Ranking der Distributionen.
Auch wenn die Erfassung der Distro-Beliebtheit umstritten ist, so bietet Distrowatch.com doch eine grobe Orientierungshilfe.

In Wirklichkeit ist es aber so, dass man Linux in wenige "Großfamilien" gliedern kann.
Davon seien hier einmal fünf genannt, von denen nur die ersten drei wirklich stark sind.
Viele Distributionen lassen sich in diese einordnen:

  • Debian Linux: Debian, Ubuntu, Mint, MX, Pop!_OS, Zorin, elementary, KDE neon, ...
  • RedHat Linux: Fedora, Nobara, Alma Linux, CentOS, OpenMandriva Lx, RHEL (für Unternehmen) ...
  • Arch Linux: Arch, Cachy OS, EndeavourOS, Manjaro, Garuda, BlueStar, ...


Auch unter diesen drei Großfamilien muss man nicht allzu lange suchen.

Für Einsteiger kann man es dem Kanal "LinuxGuides" gleichtun und einfach Linux Mint empfehlen. Dann hat man Klarheit.
Wenn jemand mit Linux Mint nicht zufrieden ist, dann mag er ein anderes populäres Debian-Linux nehmen wie MX Linux, Ubuntu oder eines der Ubuntu-Derivate wie Kubuntu oder Xubuntu.

Möchte man etwas anderes probieren, empfehlen wir openSUSE Linux.
SUSE bzw. openSUSE gelten eigentlich als Distributionen für Fortgeschrittene und Entwickler.
Inzwischen ist openSUSE aber auch für Anfänger recht verständlich, hat viele Desktopumgebungen im Angebot und bietet neben eigenen Softwarepaketen durch distributionsübergreifende Pakete wie die von Flatpak eine umfangreiche Softwaresammlung.

openSUSE bietet außerdem noch die Auswahl, ob man es als Point Release ("Leap") oder Rolling Release ("Tumbleweed") haben will. Point Releases kennt man von Windows, also Windows 7, 8, 10, 11... Bei einer Rolling Release werden die Softwarepakete dagegen regelmäßig aktualisiert, so dass man immer ein "frisches" System hat. Der Nachteil kann aber sein, dass man bei nicht ausgetesteter Software das System zurückstufen muss, was Anfängern schwer fallen kann.

openSUSE bietet neben Leap und Tumbleweed noch weitere "Sub-Distributionen" wie Slowroll, Micro OS oder Aeon/Kalpa.

Man darf aber bei all den Linux-Distributionen nicht vergessen: Der Kernel ist immer ein Linux!
Mit etwas Erfahrung kann man eine Distribution auch so modifizieren, dass sie die Hauptaufgaben einer anderen Distribution erfüllen kann.


2. Der Desktop (= Desktopumgebung): z. B. KDE Plasma oder Xfce

Bei Linux ist nicht nur die Distribution wichtig, sondern auch die Desktopumgebung oder kurz:
Der Desktop.

Da stehen auch einige zur Auswahl, wenn auch bei weitem nicht so viele wie es Distributionen gibt.

Auch hier machen wir es uns einfach:
Ein Desktop sollte für Umsteiger auf Linux in etwa so aussehen, wie man es von Windows gewohnt ist.
Sprich: Unten sei eine Fußleiste und links darin das Start-Menü.
Wenn man sich etwas eingearbeitet hat, kann man sich die Leiste bzw. Paneele natürlich auch nach links oder oben schieben und das Start-Menü kann man auch ansiedeln, wo man will.

Wir empfehlen folgende Desktops für Umsteiger (und auch für Fortgeschrittene):

  • KDE Plasma: KDE Plasma (früher nur: KDE) galt als relativ windowsnah und enthält viele Einstellungsoptionen - für manche allerdings auch ZU viele;
    KDE Plasma basiert auf Qt-Bibliotheken
  • Xfce: Xfce ist etwas einfacher strukturiert und gilt als sehr stabil;
    er ist für die Leute, die es weniger "barock" haben wollen, obwohl man auch dies mit Zusatzeinstellungen erreichen kann
  • Mate: Mate ist ähnlich wie Xfce etwas einfacher gebaut, enthält aber die wesentlichen Fähigkeiten und er ist ähnlich wie Xfce erweiterbar
  • Cinnamon: Cinnamon wurde extra von den Linux-Mint-Entwicklern geschaffen, um Windows recht nahe zu kommen; er ist opulenter als Xfce und Mate, stützt sich aber wie diese - und anders als KDE Plasma (mit Qt) - auf GTK-Bibliotheken 


3. Software

Viele Windows-Umsteiger fragen gerne: "Läuft mein Programm XY auch auf Linux?"

Nun, man kann z. B. mit Wine oder anderen Hilfsmitteln auch einige Windows-Programme auf Linux laufen lassen. Üblicherweise geht man aber anders vor:
Linux hat eigene Pferde im Stall!

Jede Linux-Distribution verfügt über eine Vielzahl von Programm-Paketen. Durch distributionsübergreifende Lösungen wie...

  • Flatpak
  • Snap
  • AppImg

 ... ist heute die Programmauswahl riesengroß!

Wer natürlich beruflich eine bestimmte Software braucht, die es für Linux nicht gibt, hat mit dem Umstieg sicher ein Problem.

Aber wir wollen anhand von Beispielen zeigen, was das Angebot bereithält:

  • Browser: Firefox, Chromium, Vivaldi, Opera, ggf. Brave 
  • Mail: Thunderbird oder Evolution, ggf. Claws Mail 
  • Media Player: VLC, Celluloid/MPV 
  • Internetradio: Shortwave 
  • Grafikanzeige: Gwenview, Okular, XnView 
  • Photobearbeitung: Darktable, Raw Therapee 
  • Pixelgrafik: Krita, GIMP 
  • Vektorgrafik: Inkscape 
  • Videoschnitt: Shotcut, OpenShot, Pitivi, Kdenlive, DaVinci Resolve (nur teilweise frei)
  • Musikbearbeitung: LMMS, Rosegarden

Mit dieser immensen Software-Auswahl und noch viel mehr lässt sich sicher Vieles machen.


4. Weitere Informationen

Für weitere Informatione blicke man in Computerzeitschriften wie die "c't", einschlägige Buchveröffentlichungen, auf Artikel/Podcasts von Novatlan/Atlanton TV oder auf IT- und Linux-Kanäle auf Youtube.

  • LinuxGuides: https://www.youtube.com/@LinuxGuides
  • fosstopia (früher: MichlFranken): https://www.youtube.com/@fosstopia
  • Pinguin TV: https://www.youtube.com/@Pinguin-TV
  • Nicht der Weisheit letzter Schluss: https://www.youtube.com/@nichtderweisheit
  • So'n Typ im Internet: https://www.youtube.com/@SonTypimInternet


 


 

Sonntag, 13. April 2025

DER ZERBROCHNE KRUG...

Stilleben mit Krug (pixabay.com) 



Ein Schulprüfer will feststellen, ob die Bildung der heutigen Schüler wirklich so schlecht ist, wie es in den Medien heißt. Deshalb geht er zur S.-Schule (Name von der Red. geändert) und will die dortigen Schüle auf ihrer Kenntnisse in "Der zerbrochne Krug" von Heinrich von Kleist prüfen.

Schulprüfer: "Was wisst Ihr über "Der zerbrochne Krug"?"
Fritzchen: "Ich war's nicht!"

Der Schulprüfer ist ganz entsetzt und wendet sich an den Lehrer.
Lehrer: "Für den Schüler kann ich meine Hand ins Feuer legen. Der hat den Krug bestimmt nicht zerbrochen!"

Völlig unter Schock geht der Schulprüfer zum Schulrektor und erzählt ihm vom Unwissen von Schülern und Lehrer.
Rektor: "Also was Sie da immer für ein Theater machen...
Hier haben Sie 20 €uro, kaufen Sie sich einfach einen neuen Krug!"

Verzweifelt wendet sich der Schulprüfer an den Kultusminister und erzählt ihm von den Missständen in seinem Länd.
Minister: "Lassen Sie uns die Sache mal ganz logisch angehen:
Der Schüler war's nicht und der Lehrer war's auch nicht. Aber der Rektor, der war's!"

Schulprüfer: "Wieso das denn?"
Minister: "Sonst hätte er Ihnen nicht die 20 €uro gegeben!"

Donnerstag, 13. Februar 2025

GROẞE DENKER UND MACHER - COMPENDIUM

The Thinker Rodin · Free photo on Pixabay
Der Denker/Le Penseur (Auguste Rodin)


Wir haben in diesem Blog schon mehrere Listen über Große Denker aus verschiedenen Wissensbereichen aufgeführt.
 
Darüber hinaus haben wir über viele dieser Denker und ihr Werk Artikel geschrieben und weitere Verweise angegeben, damit man sich intensiver mit ihnen beschäftigen kann.
 
Was wir weniger gemacht haben, ist, eine knackige Zusammenfassung ("Kompendium") der unserer Ansicht nach wichtigsten und prägnantesten Denker aufzustellen.
 
Man denke dabei an das LSR-Projekt von Holger Laska über die Denker LaMettrie - Stirner - Reich. Dieses existiert schon seit den Anfängen des WWW, als es hier noch nicht so voll war und wir haben dessen Seite immer wieder besucht.
 
 
Louis Althusser (1918 - 1990):
  • in seiner Autobiographie "L'avenir dure longtemps" (dt.: Die Zukunft hat Zeit), die mit dem Erwürgen seiner Frau im November 1980 beginnt, versucht Althusser rückblickend seine Autobiographie entlang von Pathologien in der eigenen Familie und Zeitströmungen des 20. Jhd.s zu entwickeln
  • zynisch, aber in einigen Punkten auch erhellend 

Julian Jaynes (1920 - 1997):
  • Jaynes verbindet Psychologie und Geschichte (mindestens diese beiden Fächer)
  • in seiner Theorie, dass das moderne (Ich-)Bewusstsein erst mit der Zeit entstanden ist - und zwar durch den Zusammenbruch der "bikameralen Psyche", versucht er zu zeigen, dass die Menschen vorher ein Zwei-Kammern-Bewusstsein mit einem göttlichen und einem menschlichen Anteil hatten
  • Jaynes wurde für diesen Ansatz leider gemobbt und früh krank

LaMettrie, Julien Offray (1709 - 1751):
  • LaMettrie gilt als Radikalaufklärer, für einige auch als Stiefkind der Aufklärung
  • LaMettrie war (biologischer) Materialist und Atheist und stützte sich als Arzt auf die medizinischen Erkenntnisse seiner Zeit
  • LaMettrie floh ähnlich wie Voltaire aus Frankreich nach Preußen, beide konnten sich aber nicht besonders leiden

Theodore Roszak (1933 - 2011):
  • Roszak war Historiker und beschäftigte sich mit vielen wichtigen Themen, wie z. B. der Gegenkultur/Counter Culture der 1960er-Jahre (der Begriff soll von ihm stammen), den Nebenwirkungen des Computerzeitalters, der amerikanischen Rechten (und ihrer Fraktionen) und der Ökopsychologie
  • daneben schrieb er auch Romane
 
Immanuel Wallerstein (1930 - 2019):
  • Marxist und Weltsystemtheoretiker
  • er versuchte sich in seiner Weltsystemtheorie an einer Makrotheorie zu einer Zeit, in der diesen zunehmend mit Skepsis betrachtet wurden
  • der Dependenztheoretiker Andre Frank schloss sich spät auch den Weltsystemtheoretikern an
  • Wallerstein hat zu Lebzeiten in seinen "Commentaries" auch aufsatzartig das aktuelle Zeitgeschehen kommentiert 
 
Weitere große Denker:
  • Buddha
  • Chomsky, Noam
  • Epikur
  • Sokrates
  • Themistokles
  • Thukydides
  • Webb, Gary (1955 - 2004)
 
 

Donnerstag, 2. Januar 2025

JEFFREY EDWARD EPSTEIN (ENGLISH)


Jeffrey Epstein (2006, mugshot)



* 1953-01-20
+ 2019-08-10

Jeffrey Edward Epstein was an American financier and child sex offender.

-

Epstein was born and raised in New York City in a Jewish family. He grew up in Sea Gate, a gated community at the western brink of Coney Island, Brooklyn. He had one brother, Mark.
His parents pushed him and his brother for high academic standards. There is speculation that for that reason parts of his personality were overdeveloped while others were underdeveloped.
At school Epstein was good at mathematics and science, but also at arts. He visited Lafayette High School at Brooklyn and could skip two classes.

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Sea Gate, Brooklyn

From 1969 to 1971 Epstein visited courses at Cooper Union college in Manhattan without getting a degree. in 1971 he was enrolled at New York University at Courant Institute of mathemetics. Epstein was intelligent but seemed to have problems with institutionalized education. He joint and left training programs.

From 1973 to 1975 Epstein began his professional life as a teacher for mathematics and physics at the famous Dalton School, even without a degree.

Epstein was quite popular at Dalton School but lived a liberal "70s" lifestyle.
He was looking for social contacts with students and also for social contacts with parents - escpecially if they were wealthy and good for his later professional life.
For some reason he had to leave this school.

But Epstein didn't fall far. Around 1976 he entered the banking and finance sector.
He worked at Bear Stearns and later started his own firm. The bosses of Bear Stearns wanted young people with intelligence and hunger for success, but not necessarily with high degrees or rich parents.
It is not quite clear why Epstein left Bear Stearns and if there was trouble because of his business conduct.
In his own firm, he could cultivate an elite social circle based on his business. But he also developed a lifestyle where he procured many woman - some of them underage - for himself and his associates. It is not completely clear when these semi-secret networks started.

schwarz weiß Foto (Kopf bis ca. Bauchnabelhöhe), Anzug und Krawatte, volles lockiges Haar, sitzend auf Couch, Arm über Lehne
Jeffrey Epstein, 1980

In the 1980s or 1990s Jeffrey Epstein got to know Ghislaine Maxwell. It is not exactly clear when. Ghislaine (Noelle Marion) Maxwell was the youngest daughter of media mogul (Ian) Robert Maxwell, born Ján (Ludvík Hyman Binyamin) Hoch (1923-06-10 - 1991-11-05)
Robert Maxwell lost almost his entire family at the holocaust and later started his media business from the British army. Robert Maxwell became super rich but was not accepted in some traditional elite circles.
Robert Maxwell was kind of an antagonist to famous media mogul Rupert Murdoch. The were not only competitors in business but also in politics. Maxwell was the "socialist/Labour guy" and Murdoch the "conservative capitalist guy" - even if Maxwell was en entrepreneur and Murdoch a former communist student!

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Robert Maxwell, 1989

Robert Maxwell (born 10.06.1923) came from a region that was at first part Czechoslovakia and then of Ukraine (then part of Soviet union). For that he had strong ties to former communist Eastern Europe. Around 1989 to 1991 when the Eastern Bloc was collapsing he wanted to rescue the falling system. From his perspective it was suspicious that many vendors and banks all at once wanted their money back they had borrowed/loaned to Eastern Europe.
Maxwell saw a conspiracy he wanted to counter.

But Maxwell couldn't counter.
He fell from his yacht "Ghislaine" (named like his daughter) and died on 1991-11-05. It is not clear how that happened and if it was an accident, suicide or murder.
During this time it became known he had taken large sums of his Corporate empire. He also took a lot of money of his employees pension reserves.
It is not completely clear what role his sons played in it.
And it is not clear if Ghislaine Maxwell then went to Jeffrey Epstein because she needed a new interlocutor or if some of the Maxwell money also went to Epstein like Eric Weinstein suspects.

What is clear is that Jeffrey Epstein expanded his business empire and his political and economic influence. There are also signs of shady dealings, but details are not known.
Parallel to his business empire Epsteins prostitution networks grew, too. It is widely believed that at an early stage of this erotic business he also had the idea of using this for blackmail purposes. Many of his guest rooms were wired.
Investigators and investigative journalists later asked themselves if he did this only for himself or also for intelligence/secret services. There were rumors about contacts to Mossad.
As a matter of fact Epstein could amass a large amount of money. He could afford several luxury mansions and even a private island.

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Epstein's island of Little St. James (U. S. Virgin Islands)

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Epstein with Ghislaine Maxwell at the White House with Pres. Clinton (1993)

Epstein used his contacts in the upscale milieu to hide his business. For some years victims who wanted to report him, were ignored. But at some point Epstein's crimes came to public.

In 2005, police in Palm Beach, Florida, began investigating Epstein after a parent reported
that he had sexually abused her 14-year-old daughter. Federal officials identified 36 girls whom Epstein had allegedly abused.
Epstein pleaded guilty and was convicted in 2008 by a Florida state court of procuring a child for prostitution and of soliciting a prostitute. He was only convicted of these two crimes. This plea deal was very controversial. It was even more controversial Epstein only had to serve almost 13 months in custody and over and beyond could benefit from extensive "work release" (which was not real work release).

For about ten years Epstein got off the hook again.
On 2019-07-06 Epstein was arrested again on federal charges for the sex trafficking of minors in Florida and New York. But there was no further trial.
On 2019-08-10 Epstein died in his jail cell. The medical examiner ruled Epstein's death a suicide by hanging. But there were other theories.
It could have been a suicide or murder:
Epstein's bone fractures and the "red circle" around his neck could also point to murder. It is also suspicious that on the day of Epstein's death as well as on the day of a previous alleged suicide attempt the cameras were down!
Epstein's lawyers have disputed the ruling, and there has been significant public skepticism about the true cause of his death. The internet was full of conspiracy theories.

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Metropolitan Correctional Center (place where Epstein died)


Since Epstein's death precluded the possibility of pursuing criminal charges against him, a judge dismissed all criminal charges on 2019-08-29.

Epsteins worth was over $500 million. He owned many luxury properties and even islands.

Ghislaine Maxwell, who recruited young girls for him, was arrested, charged and convicted  in 2021 on federal charge of sex trafficking and conspiracy for helping Epstein procure girls for child sexual abuse and prostitution.


SOURCES:

Wikipedia
-
Brown, Julie K.: Perversion of Justice. The Jeffrey Epstein Story; New York 2021
Chaudry, Tahir: Wem diente Jeffrey Epstein? Das System aus Macht, Kontrolle und Erpressung; Neu-Isenburg 2024
Howard, Dylan/Melissa Dylan/James Robertson: Epstein: Dead Men Tell No Tales; New York 2019
Patterson, James/John Connolly/Tim Molloy: Filthy Rich. The true story behind the Jeffrey Epstein sex scandal; 2016
Ransome, Sarah: Silenced No More. Surviving My Journey to Hell and Back; New York 2021
Webb, Whitney: One Nation Under Blackmail: The Sordid Union Between Intelligence and Organized Crime that Gave Rise to Jeffrey Epstein; 2022


FILMS:

Stern, Ricki/Anne Sundberg: Surviving Jeffrey Epstein; USA 2020
Lisa Bryant: Filthy Rich; USA 2020