ANNÄHERUNGEN...
I. FECHTEN ALS SPORT
1. Olympisches Sportfechten (Romanische Schule)
Das Olympische Sportfechten gilt heute als DAS Fechten schlechthin. Es entstand aber historisch aus einem speziellen Kontext, nämlich der späten Romanischen Fechtschule. Besonders das französische Fechten mit leichten Waffen beeinflusste das Sportfechten sehr.
Gefochten wird mit 3 Waffenarten: Florett, Degen und Säbel. Dabei ist der Säbel die einzige Waffe, mit der neben Stichen auch Hiebe erlaubt sind.
Die Trefferzonen sind unterschiedlich. Beim Florett der Rumpf, beim Degen der ganze Körper ("vom Scheitel bis zur Sohle") und beim Säbel der Körper einschließlich Kopf oberhalb der Gürtellinie.
Gefochten wird auf einer Planche, was das Fechten fast nur zweidimensional auf Linie ermöglicht.
Die Waffen sind sehr leicht, so dass mit Schutzweste und Maske kaum gefährliche Verletzungen auftreten. Über der Weste werden bei Florett und Säbel noch elektrische Westen zur Trefferanzeige getragen (beim Degen ist das nicht nötig, weil der ganze Körper Trefferfläche ist).
Allerdings wird das Fechten durch die leichten Waffen im Vergleich zum Historischen Fechten unrealistisch schnell.
2. Kendo
Kendo ist der Begriff für eine versportete japanische Schwertkampfkunst.
Die Kombattanten kämpfen im Wettkampf nicht mit Schwertern aus Metall oder Holz, sondern mit dem Shinai genannten Bambusschwert. Dieses ist sehr leicht und flexibel.
Im Training können aber durchaus Holzschwerter und selten Metallschwerter eingesetzt werden. Ausserdem gibt es zur Muskelstärkung besonders schwere Übungsschwerter aus Holz.
Das Shinai besteht aus gespaltenem Bambus und liegt in unterschiedlichen Griffarten und Schwerpunkten vor. Man unterscheidet besonders zwischen kopflastigen (sehr viele) und grifflastigen Shinais.
Die möglichen Trefferflächen wurden im Kendo sehr eingeschränkt. Man darf nur Hiebe zur Stirn, den Flanken des Bauches und zu den Unterarm-Handschuhen durchführen. Stiche sind zur verstärkten Kinnplatte erlaubt. Manchmal werden auch diese eingeschränkt.
Eine koreanische Spielart des Kendo ist das Kumdo.
3. Jogo do Pau
Jogo do Pau ist ein portugiesischer Stockkampf. Früher hat man diese Kunst zur Selbstverteidigung und führ Ehrenhändel benutzt. Vorzüglich wurden für diesen Zweck Langstöcke benutzt. Diese wurden meistens am Ende (und nicht in der Mitte geführt).
Durch die Versportung wird Jogo do Pau mit abgedämpften Stöcken sowie weitreichendem Körperschutz betrieben. Standardmäßig kann man einen 1 m - Stock oder einen 1,50 m-Stock einsetzen.
II. FECHTEN ALS KUNST & HISTORISCHES FECHTEN
1. Deutsche Schule
Fechtbuch v. Joachim Meier
Die Deutsche Fechtschule entstand im Spätmittelalter v. a. im Reichsgebiet und umfasste ein Bündel von Waffen. Die Hauptwaffe war das Langschwert (Langes Schwert), aber sie kannte auch Dolch, Dussak, Einhandschwert, Stock, Langmesser usw. und waffenlose Techniken.
Die Quellen der Deutschen Fechtschule gehen bis auf das 13. Jhd. zurück. Man geht aber davon aus, dass schon frühere Fechtstile einbezogen wurden. Es liegen viele Quellen zu dieser Fechtschule vor, von denen auch oft der Autor bekannt ist.
Sowohl auf dem Schlachtfeld als auch in den privaten Schulen bekam das Fechten bald Konkurrenz durch Fernwaffen wie Langbogen und Armbrust sowie durch die aufkommenden Feuerwaffen.
Die Deutsche Schule blieb aber noch bis ins 17. Jhd. lebendig, in einigen Einflüssen auch länger.
Das älteste bekannte Fechtbuch ist das Towerfechtbuch I. 33. Es ist in lateinischer Sprache geschrieben und enthält Fechtanleitungen mit Einhandschwert und Buckler. Der Autor ist ein unbekannter Mönch.
Bekannte Fechtautoren sind Johannes Liechtenauer (14. Jhd.; schulbildend, aber kein Werk erhalten), Hans Talhoffer (15. Jhd.), Sigmund Ringeck (15. Jhd.), Peter von Danzig (15. Jhd.), Paulus Kal, Johannes Lecküchner (15. Jhd.; Langmesser), Fabian von Auerswald (15./16. Jhd.), Albrecht Dürer (15./16. Jhd.), Paul(us) Hector Mair (16. Jhd.).
Talhoffer (Portrait), Paulus Kal (Cgm 1507), Lecküchner (Cgm 582)
Talhoffer (Tafel 23), Dussakfechten
2. Romanische Schulen (Italien, Spanien Frankreich)
Die Romanischen Fechtschulen sind das Ergebnis des Aufkommens des Stossfechtens. Im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit kamen bessere Methoden der Stahlherstellung auf. Ein anderer Hintergrund der veränderten Fechtweise war die Tatsache, dass es immer bessere Feuerwaffen gab und die Fechtwaffe nur noch Zweit-, Duell- oder Zivilwaffe wurde.
Am Anfang war das Stossschwert vom Bau kaum anders als die mittelalterlichen Hiebschwerter. Doch dann kam das Rapier auf, also eine lange und schwere Stichwaffe, deren Griff schon eher für das Stichfechten ausgerichtet war. Die Hand wurde zunächst durch verzierte Querstangen geschützt, später durch einen Korb mit Stichblatt oder gar durch eine geschlossene Glocke.
Das Rapier war noch sehr schwer und wurde oft noch mit einer Zweitwaffe wie Linkhand-Dolch (Main Gauche), Buckler (Handschild) oder Tuch.
Zuerst kam die Italienische Fechtschule auf, aus der sich dann die Spanische Schule entwickelte. Die Spanier hatten elegantere Griffe und geschmeidigere Klingen konstruiert.
Einen grossen Fortschritt machte die Französische Fechtschule. Die Waffen wurden viel leichter, eleganter und kompakter. Das Fechten wurde geschmeidiger und schneller. Eine Bewaffnung der linken Hand war nun nicht mehr möglich - ja gar nicht mehr sinnvoll!
Da das Fechten jetzt kaum noch militärischen Sinn machte, betrieb man es für zivile Kämpfe, Duelle oder einfach als Show und zu Sportzwecken. Das schnelle Fechten mit leichten Waffen war zwar sehr spannend, die Bewegungen aber manchmal schon unrealistisch spritzig.
Hieraus entwickelte sich dann das Olympische Sportfechten.
3. Kenjutsu
Kenjutsu ist die japanische Schwertkampfkunst. Sie hat im eine jahrhundertealte Tradition und trat unter verschiedenen Namen auf.
Das moderne Kendo beruft sich auch auf das Kenjutus, ist aber ein Produkt des 19. und 20. Jhd.s (es sei denn, man setzt beide Begriffe gleich, was in der Literatur auch vorkommen kann).
Im Kenjutsu ist z. B. die Beinarbeit komplexer, während beim Kendo meistens in einseitiger Auslage "gestept" wird.
Bei den Hieben wird darauf geachtet, dass sie nicht nur auf bloßes Berühren aus sind, um einen Punkt zu bekommen, sondern dass ein klarer Schneidehieb erkennbar ist.
4. Bo Jutsu
Bo-Jutsu ist der japanische Stockkampf.
Als "typischer Bo" gilt der japanische Langstock, der ca./knapp 2 m lang ist, obwohl Bo an sich eigentlich nur Stock heißt.
Kürzere Stocktypen sind z. B. der Hanbo (unter 1 m) und der Tanbo (Tambo; ca. 60 cm).
5. Kobudo (Überschneidungen mit Bo-Jutsu)
Kobudo ist eine japanische Kriegskunst mit einfachen Waffen, sogenannten "Bauernwaffen".
In Gegenden, wo Menschen sich keine teuren Kriegswaffen leisten konnten oder durften, versuchten sie, Werkzeuge zu Waffen umfunktionieren. Diese Vorgehensweise gab es nicht nur in Asien, sondern auch in anderen Weltgegenden wie z. B. Europa.
In Japan war diese Kunst sehr ausgefeilt, besonders in Okinawa. Diese Inselgruppe befand sich in einem kulturellen Übergangsgebiet zwischen China und Japan.
Berühmte Kobudo-Waffen sind Sai (Kriegsgabel), Nunchaku (leichter Kriegsflegel), Kama (Kriegssichel), Tonfa (Winkelschlagstock) und manchmal Tekko (Schlagring). Auch Stöcke gehörten in gewisser Weise zum Kobudo.
6. Kung Fu/Wushu
In den chinesischen Kampfkünsten spielten Waffen schon immer eine große Rolle. Die Liste der möglichen Waffen ist fast unbegrenzt. Einzelne Kung-Fu-Schulen geben aber bestimmten Waffen den Vorzug, z. B. dem Langstock, dem Schwert/den Schwertern oder den Schmetterlingsmessern (gemeint sind kurze, breite Schwertmesser, keine Balisong-Schmetterlingsmesser).
In den chinesischen Kampfkünsten können auch Kettenwaffen zum Einsatz kommen.
7. Arnis - Escrima - Kali (Philippinische Kampfkünste)
Philippinische Kampfkünste sind wie chinesische oder japanische sehr vielfältig. Sie haben Techniken mit Waffen und Techniken ohne Waffen.
Berühmte Waffen sind die Ratten-Kurzstöcke in Machetenlänge, heute ungefähr knapp 70 cm, oder Messer.
8. Nguni
Kampfkünste gibt es selbstverständlich nicht nur in Europa und Asien.
Auch in Afrika gibt es viele Kampfkünste mit und ohne Waffen oder mit beidem.
Ein Beispiel für afrikanischen Stockkampf ist der Nguni-Stockkampf, benannt nach einem Kampfstil der Nguni-Stämme. Begründer soll der berühmte Zulu-Kämpfer Chaka Zulu gewesen sein.
Gekämpft wird mit zwei unterschiedlich langen Stöcken und/oder einem mit Rindsleder bespanntem Schild.
III. AKADEMISCHES FECHTEN
Das Akademische Fechten hat besonders im deutschsprachigen Raum eine grosse Tradition.
Das Tragen von Waffen galt ursprünglich als besonderes Privileg bestimmter Schichten. Gleichzeitig waren Studenten auf den langen Wegen - es gab selbstredend noch keine Autos - auf die Möglichkeit zur Selbstverteidigung angewiesen.
Deutsche Studenten trugen zunächst die Waffen, sofern es ihnen erlaubt war, die sonst auch üblich waren. Durch die allgemeine Entwicklung hin zum Stichfechten war auch in Studentenkreisen der Degen beliebt.
Im 18. Jhd. war unter ihnen besonders ein kompakter Stoßdegen namens "Pariser" gebräuchlich.
Bei Duellen oder duellähnlichen Vergleichstreffen wurde entsprechend meistens auf Stich gefochten.
Das änderte sich erst zum 19. Jhd. hin, als man wieder zum Hiebfechten zurückkehrte.
Stichfechten hatte den Nachteil, dass man zwar äusserlich nur geringe Wunden davontrug, es aber innerlich zu schweren Blutungen kommen konnte. Besonders der "Lungenfuchser" war sehr gefürchtet, weil er damals kaum adäquat medizinisch behandelt werden konnte. Am gefährlichsten waren natürlich Herztreffer.
Die Entwicklung zum Hiebfechten nahm ihren Anfang wohl in Göttingen, wo man sich nach einem tödlichen Duell nach Alternativen umsah. Es entstand der "Göttinger Hieber". Aus diesem wurden dann die späteren "Schläger" entwickelt, wobei im Westen Korbschläger und im Osten Glockenschläger bevorzugt wurden.
Für schwere Duelle konnte der "akademische Säbel" eingesetzt werden, der eine schwerere und gebogene Klinge besass.
Im allgemeinen verloren aber Duelle ihren ursprünglichen vitalen Charakter und man sprach seit dem 19. Jhd. zunehmend von Mensur(en).
IV. THEATERFECHTEN
Das Theaterfechten (Bühnenfechten, Szenisches Fechten) ist eine von mehreren Fechtweisen neben Sportfechten, Historischem Fechten und Akademischem Fechten. Es findet auf einer Bühne oder im Film in einer Kulisse statt.
Das Theaterfechten ist gleichzeitig ein Segment des Bühnenkampfes (Stage Combat), der auch aus waffenlosem Kampf oder dem Kampf mit Feuerwaffen bestehen kann.
Ausbildung und Darstellung:
Die Ausbildung zum Theaterfechter/Bühnenfechter kann man bei speziellen Fechtlehrern ("Meistern") an öffentlichen Schauspielschulen oder an privaten Institutionen lernen. In Deutschland ist das Theaterfechten weniger institutionalisiert als in Frankreich oder in angelsächsischen Ländern. Man kann es inzwischen aber auch in einigen Sportfechtvereinen nebenher lernen.
Die Kunst des Theaterfechten kann man nicht nur auf Theaterbühnen und im Film bewundern. Es gibt inzwischen regelrechte Meisterschaften:
Im September 2006 (15.-17.) fand z. B. in Berlin die Erste Internationale Deutsche Meisterschaft im Szenischen Fechten statt. Weitere folgten 2009 und 2011.
Szenisches Fechten: Meisterschaften
Eigenschaften des Theaterfechtens und Vergleich mit anderen Fechtarten:
Das Theaterfechten wir oft mit dem Sportfechten und dem Historischen Fechten verglichen.
Es enthält in der Tat Elemente aus beidem.
Die Waffen können dieselben sein wie im Sportfechten, also Florett, Degen oder Säbel. Meistens nimmt man der Grösse und Handlichkeit wegen einen Sportdegen oder einen Sportsäbel oder Modifikationen davon. Die können so aussehen, dass man eine breitere Klinge wählt, die Glocke (Handschutz) modifiziert oder einen stärkeren Knauf verwendet. Der Optik wegen gibt man französischen oder italienischen Griffen den modernen Pistolengriffen den Vorzug. Waffen mit Pistolengriffen lassen sich auch nicht so leicht aus dem Gürtel ziehen. Die Glocke kann neben Verzierungen auch Schnitte erhalten, damit die Waffe beim Schlag lauter klingt.
Statt Sportwaffen oder modifizierten Sportwaffen kann man aber auch stumpfe historische Waffen verwenden. Dann hat man eine fast unendlich grosse Auswahl. Auch Stöcke, Defensivwaffen wie Schilde oder Bauernwaffen wie Dreschflegel, Sicheln und Mistgabeln können zum Einsatz kommen.
Die Gefechte sind fast immer abgesprochen (choreographiert). Dafür wurden mit der Zeit regelrechte Notationssysteme entwickelt.
Die Trefferflächen sind natürlich nicht wie im Sportfechten begrenzt, meist vermeidet man aber Stiche zum Gesicht hin. Generell wird den gut sichtbaren Hieben gegenüber dem Stich der Vorzug gegeben. Hiebe werden weit ausholend und gut sichtbar ausgeführt, um pariert zu werden oder an ungefährlichen Stellen zu landen. Wird doch einmal ein Stich gesetzt, dann erfolgt dieser gerne ins Leere zwischen Arm und Rumpf.
Blitzaktionen wie beim Sportfechten, "geworfene" Stiche mit biegsamer Klinge oder gar ein Treffervorrecht gibt es natürlich nicht. Der Kampf findet auch nicht auf einer schmalen Fechtbahn (Planche) statt, sondern auf einer geräumigen Ebene - manchmal sogar mit Höhenunterschieden. Insgesamt wird beim Theaterfechten "barocker" gekämpft, als beim schnörkellosen Sportfechten und die Kämpfe sind abgesprochen und nicht ergebnisoffen.
Besonders theatralisch und damit unrealistisch sind Szenen, in denen ein Held gegen mehrere Gegner kämpft. Hat ein Fechter mehr als einen Gegner, kann er die Angriffe der weiteren Fechter kaum noch parieren. Die Gegner müssten von Blindheit geschlagen sein oder man überrennt den ersten Gegner und bekämpft dann die weiteren in Reihe.
Das Theaterfechten kennt auch Paraden, die im Sportfechten nie oder selten verwendet werden: Die Prim (Parade nach links mit Spitze nach unten), die Sixt (Kopfparade mit Spitze nach rechts) oder die Mühlenparade (Paradenwechsel zwischen Quint und Sixt).
Besonders unrealistische, aber lustige Showeinlagen sind das Verspeisen von Hähnchenschlegeln während eines Kampfes oder das gleichzeitige Parieren von mehreren Klingen!
Stile:
Im Theaterfechten kommen Waffen und Fechtstile aus unterschiedlichen Jahrhunderten zum Einsatz. Am beliebtesten ist der Mantel-und-Degen-Stil des 17. und 18. Jhd.s. Dafür nimmt man meistens Degen oder leichtere Säbel. Für Kämpfe unter Kavalleristen kann man auch schwere Säbel verwenden.
Für frühneuzeitliche Fechtdarstellungen aus dem 16. und 17. Jhd. verwendet man ein Rapier, das wie ein schwerer Degen mit stark verziertem Handschutz aussieht und oft mit einer Zweitwaffe in der linken Hand wie Linkhanddolch (Main Gauche), Handschild (Buckler) oder Mantel eingesetzt wird.
Geht man bis ins Mittelalter zurück, kommen Schwert oder Langschwert zum Einsatz. Einhandschwerter können auch mit einem Schild zusammen eingesetzt werden.
Antike Kämpfe werden mit dem römischen Kurzschwert Gladius oder der etwas längeren Spatha geführt. Vereinzelt werden Kämpfe - z. B. bei Gladiatoren - auch mit runden (gebogenen) Klingen ausgetragen.
Bei japanischen Darstellungen nimmt man ein Katana, das längere Daito oder eine ähnliche Waffe, bei chinesischen ein Jin oder ein Dao (Krummschwert).
Bei den unterschiedlichen Stilen können neben Klingenwaffen auch Stöcke oder andere Waffen wie z. B. Bauernwaffen zum Einsatz kommen.
Elegante Fecht-PR |
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