THEATERFECHTEN
Das Theaterfechten (Bühnenfechten, Szenisches Fechten) ist eine von mehreren Fechtweisen. Andere Richtungen wären das Sportfechten, das Historische Fechten und das Akademische Fechten.
Es ist gleichzeitig ein Segment des Bühnenkampfes (Stage Combat), der auch aus waffenlosem Kampf oder dem Kampf mit Feuerwaffen bestehen kann.
Ausbildung und Darstellung:
Die Ausbildung zum Bühnenfechter kann man bei speziellen Fechtlehrern ("Meistern") an Schauspielschulen absolvieren oder an separaten, meist privaten Institutionen. Inzwischen wird das Theaterfechten auch in einigen regulären (Sport-) Fechtvereinen gelehrt. In Deutschland ist das Theaterfechten aber weniger institutionalisiert als in Frankreich oder in angelsächsischen Ländern.
Die Kunst des Theaterfechten kann man nicht nur auf Theaterbühnen bewundern. Es gibt inzwischen regelrechte Meisterschaften:
Im September 2006 (15.-17.) fand z. B. in Berlin die Erste Internationale Deutsche Meisterschaft im Szenischen Fechten statt. Weitere folgten 2009 und 2011.
Szenisches Fechten: Meisterschaften
Vergleich mit dem Sportfechten und dem Historischen Fechten:
Das Theaterfechten wir oft mit dem Sportfechten und dem Historischen Fechten verglichen.
Im Sportfechten gibt es 3 Waffen, Florett, Degen und Säbel, von denen jede ihre eigene Trefferfläche (an der Waffe und beim Gegner) zugewiesen bekommt. Die Treffer werden heute elektronisch gewertet.
Die Kämpfe sind spontan und mit geringer Verletzungsgefahr verbunden, verlaufen aber oft sehr unübersichtlich. Das liegt daran, dass beide Gegner mit sehr leichten Waffen gegeneinanderrennen und versuchen, irgendwie einen zählbaren "Stromtreffer" zu landen. Auf eine realistische Trefferwirkung kommt es dabei kaum an.
Hinzu kommt noch das Treffervorrecht bei Florett und Säbel. Dadurch kann nur der aktiv Angreifende einen gültigen Treffer setzen. Mit dieser Regelung soll ein blosses Mitstossen des Angegriffenen vermieden werden, allerdings führt sie auch dazu, dass die Gegner sich blindlings angreifen ohne realistische Furcht vor Treffern.
Beim Historischen Fechten haben wir dagegen eine viel grössere Waffenauswahl. Die Waffen sind meistens schwerer (z. B. Faktor 2) und das Gefecht langsamer. Treffer können nicht mehr elektronisch gezählt werden.
Dadurch sind keine unrealistischen Blitzaktionen möglich, allerdings ist das Fechten gefährlicher. Man muss also sich entweder stärker rüsten oder man deutet Aktionen nur an, verzichtet dann aber auf Realitätsgehalt.
Eigenschaften des Theaterfechtens:
Das Theaterfechten ist wie das Historische Fechten meist langsamer als das Sportfechten, versucht aber generell, Treffer zu vermeiden. Der Angreifer schlägt häufig an ungefährliche Stellen des Gegners oder gleich in die Klingenparade oder aber er sticht zwischen Arm und Rumpf des Gegners oder aussen ins Leere. Im Theater wird dem Hiebfechten gegenüber dem Stichfechten bevorzug, weil es eine grössere Aussenwirkung bei geringerer Verletzungsgefahr hat.
Beim Theaterfechten die meisten Kämpfe durchchoreographiert. Wie beim Historischen Fechten können auch mehrere Fechter gegeneinander antreten und der Fechtbereich ist nicht wie beim Sportfechten auf eine schmale Bahn (Planche) reduziert.
Die Waffen sind entweder dieselben wie im Sportfechten (manchmal leicht modifiziert) oder sie sind schwerer wie im Historischen Fechten. Wenn man leichte Sportwaffen benutzt, dann kommen normalerweise Degen (für Stiche) oder Säbel (Stiche und Hiebe) zum Einsatz. Bisweilen werden als Modifikation bei Sportwaffen breitere Klingen verwendet, die als Handschutz dienende Glocke verziert, der Knauf verstärkt oder die Glocke durch Einschnitte so verändert, dass sie bei Treffern lauter klingt. Auf Pistolengriffe, wie sie im Sportfechten manchmal üblich sind, wird verzichtet. Sie wirken optisch nicht so gut und erschweren das Ziehen der Waffe aus dem Gürtel.
Diskussion über Realitätsgehalt:
Unter Experten ist umstritten, ob das Theaterfechten oder das Sportfechten näher am Historischen Fechten und damit an der Realität liegen.
Für das Sportfechten spricht, dass das Gefecht ergebnisoffen ist, man keine Angst vor Treffern haben muss und schnörkellos gefochten wird. Für das Theaterfechten spricht, dass die Waffe meist schwerer ist und nicht auf das Ziel "abgekippt" werden kann (z. B. Wurfstich/Wurfhieb), sondern durchgezogen werden muss (ausser man verwendet auch hier Sportwaffen). Das Theaterfechten kennt auch keine Begrenzung der Trefferflächen, es sei denn, man schliesst zur Sicherheit das Gesicht aus.
Besonders theatralisch und damit unrealistisch sind Szenen, in denen ein Held gegen mehrere Gegner kämpft. Hat ein Fechter mehr als einen Gegner, kann er die Angriffe der weiteren Fechter kaum noch parieren. Die Gegner müssten von Blindheit geschlagen sein oder man überrennt den ersten Gegner und bekämpft dann die weiteren in Reihe.
Umstritten ist auch der theatralische Kampf auf mehreren Ebenen: Einerseits ist die Fechtfläche im wirklichen Leben auch selten eben wie eine Planche im Sportfechten, andererseits wirkt das Mehrebenenfechten über Treppen, Tische usw. im Theater inszeniert.
Interessant ist aber, dass beim langsameren Bühnenfechten mehr Paraden möglich sind, als beim Sportfechten: So verwendet man z. B. statt einer Quint in der Kopfparade auch eine Sixt (Klingenspitze nach rechts). Es gibt auch Paradenwechsel, wie die Mühlenparade mit Quint und Sixt. Nur ist letzteres sehr unrealistisch. Ausserdem kommen beim Theaterfechten mehr Paraden (wie auch Hiebe) von unten vor.
Besonders unrealistische Showeinlagen sind das Verspeisen von Hähnchenschlegeln während eines Kampfes oder das gleichzeitige Parieren von mehreren Klingen!
Stile:
Im Theaterfechten kommen Waffen und Fechtstile aus unterschiedlichen Jahrhunderten zum Einsatz. Am beliebtesten ist der Mantel-und-Degen-Stil des 17. und 18. Jhd.s. Dafür nimmt man meistens Degen oder leichtere Säbel. Für Kämpfe unter Kavalleristen kann man auch schwere Säbel verwenden.
Für frühneuzeitliche Fechtdarstellungen aus dem 16. und 17. Jhd. verwendet man ein Rapier, das wie ein schwerer Degen mit stark verziertem Handschutz aussieht und oft mit einer Zweitwaffe in der linken Hand wie Linkhanddolch (Main Gauche), Handschild (Buckler) oder Mantel eingesetzt wird.
Geht man bis ins Mittelalter zurück, kommen Schwert oder Langschwert zum Einsatz. Einhandschwerter können auch mit Schild zusammen eingesetzt werden.
Antike Kämpfe werden mit dem römischen Kurzschwert Gladius oder der etwas längeren Spatha geführt. Vereinzelt werden Kämpfe - z. B. bei Gladiatoren - auch mit runden (gebogenen) Klingen ausgetragen.
Bei japanischen Darstellungen nimmt man ein Katana, das längere Daito oder eine ähnliche Waffe, bei chinesischen ein Jin oder ein Dao (Krummschwert).
Bei den unterschiedlichen Stilen können neben Klingenwaffen auch Stöcke oder andere Waffen wie z. B. Bauernwaffen zum Einsatz kommen.
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