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Sonntag, 31. Dezember 2017

KRIPPENDORFF, EKKEHART

Staat und Krieg. Buch von Ekkehart Krippendorff (Suhrkamp Verlag)
Staat und Krieg. Die historische Logik politischer Unvernunft (1985)


* 22.03.1934 in Eisenach
+ 27.02.2018 in Berlin

Ekkehart Krippendorff war ein deutscher Politikwissenschaftler.

Ekkehart Krippendorff wurde kurz nach Hitlers "Machtergreifung" geboren.
Er wuchs in einer Zeit auf, als die Lehrer und Professoren noch "old school" waren, also mindestens ultrakonservativ, oft aber auch nationalsozialistisch.
Dies machte ihn früh zum Oppositionellen, auch wenn er zugab, dass das Verständnis von Allgemeinbildung und die Literaturkenntnisse von Klassikern (antike Schriftsteller, Schiller, Goethe, Shakespeare) bei Dozenten der alten Schule sehr stark ausgeprägt waren.

Nach der Schulzeit studierte Krippendorff in Freiburg (Albert-Ludwigs-Universität), Tübingen (Eberhard-Karls-Universität) und an der FU Berlin Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft.
Durch ein Fulbright-Stipendium konte er 1960 und '61 die Harvard University besuchen. 1961/62 war er Assistent an der Yale University. 1962/63 besuchte er mit einem Stipendium der Rockefeller Foundation die Columbia University.
Danach ging er wieder nach (West-)Deutschland und war von 1963 bis 1968 Wissenschaftlicher Assistent am Otto-Suhr-Institut (OSI) der FU Berlin.

Krippendorff war aber auch journalistisch/publizistisch tätig, so in einer wöchentlichen Kolumne beim Spandauer Volksblatt (Chefredakteur: Hans Höppner). Dies brachte ihm jedoch auch Probleme ein: Nach einem Angriff auf den Rektor Herbert Lüers wurde Krippendorffs Vertrag 1965 nicht verlängert.
Krippendorff hatte dem Rektor vorgeworfen, die Teilnahme Erich Kubys und Karl Jaspers' an einer Studentenversammlung zum 20-jährigen Kriegsende verhindert zu haben (was bei Kuby zutraf).
Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit zwischen Universitätsleitung und Studentenschaft (und einiger Dozenten), ob man in den Räumen der Universität auch politische Veranstaltungen abhalten dürfe. Diese Geschehnisse ereigneten sich im Vorfeld der '68er-Bewegung.
Man sprach auch von der "Krippendorff-Affäre". Gegen die Entscheidung des Rektorats protestierten nicht nur Studenten, sondern auch einige Dozenten. Prominente Unterstützer Krippendorffs waren Helmut Gollwitzer und Peter Szondi. Unterstützung kam auch von der ZEIT (Otto von der Gablentz).
So nannte man schließlich das Sommersemester 1965 "Krippendorff-Semester".

Ekkehart Krippendorff gehörte Ende der 1960er-Jahre der SPD an. Gleichzeitig war er Vorstandsmitglied des Republikanischen Clubs.
Beruflich konnte er "ausweichen". 1968/'69 war er Gastprofessor an der City University of New York an der Columbia University, 1969 wurde er Professor für Internationale Beziehungen am Bologna Center der Johns-Hopkins-University in Bologna (Italien).
1970 wurde seine Habilitation an der FU Berlin politisch motiviert abgelehnt. Daraufhin wurde er 1972 in Tübingen bei Theodor Eschenburg (eigentlich ein konservativer Professor mit Nazivergangenheit, der aber etwas liberaler wurde) habilitiert.
1970/'71 war Krippendorff Gastprofessor an der Universität Siena. Im Jahre 1973 wurde eine Berufung an die neue Universität Konstanz durch den baden-württembergischen Kultusminister Wilhelm Hahn verhindert. 1975 war er Gastprofessor an der University of Sussex und 1976 - '79 an der Universität Urbino. Man erkennt also durchaus, dass er neben den USA Italien als interessanten Studien- und Lehrort entdeckt hat.
1978 wechselte er auf die Professur für Politikwissenschaft der FU Berlin. 1985 war er Gastprofessor für Friedensforschung an der Universität Tokio.
Im Jahre 1999 wurde Ekkehart Krippendorff emeritiert.

Krippendorff galt als prominenter linker Politikwissenschaftler. In den 1970er-Jahren hatten seine Schriften einen marxistischen Ton. Er kritisierte nicht nur den Kapitalismus als System der Ausbeutung, sondern auch als Ursache für Kriege. Somit stellte er ihn in Zusammenhang mit der Friedensforschung.
Seit den 1980er-Jahren brachte Krippendorff, der konservativ erzogen worden war, verstärkt Werke aus Literatur und Musik (z. B. Oper) in seine politischen Betrachtungen mit ein. Beobachter waren erstaunt, welche politischen Inhalte er z. B. in den Werken Goethes oder Shakespeares finden konnte.
Neben dem Kapitalismus stellte er auch die Außenpolitik klassischer Prägung (als Machtpolitik) als Kriegsursache dar. Das föderale Deutschland zur Zeit Goethes sah er trotz auch negativer Auswirkungen der Kleinstaaterei als besser an als modernere Staatsgebilde wie das Bismarckreich oder gar das national-sozialistische Deutsche Reich.

Krippendorff publizierte 2012 als Zusammenfassung seiner Lebenserinnerungen seine Autobiographie im Verlag Graswurzelrevolution. Diese bestand genaugenommen aus zehn Einzelautobiographien.


QUELLEN UND LITERATUR

Krippendorff, Ekkehart: Die amerikanische Strategie. Entscheidungsprozeß und Instrumentarium der amerikanischen Außenpolitik, 1970
Krippendorff, Ekkehart: Internationales System als Geschichte. Einführung in die Internationalen Beziehungen, 1, 1975 und
Internationale Beziehungen als Wissenschaft. Einführung, 2, 1977;
beides zusammen in einem Band als überarbeitete Ausgabe 1986 unter dem Titel Internationale Politik. Geschichte und Theorie
Krippendorff, Ekkehart: Italien: Der Historische Kompromiß, in: Kursbuch, 46/1976 (Dezember), S. 55–74
Krippendorff, Ekkehart: Staat und Krieg. Die historische Logik politischer Unvernunft, 1985
Krippendorff, Ekkehart: Internationale Politik. Geschichte und Theorie, 1987
Krippendorff, Ekkehart: Wie die Großen mit den Menschen spielen. Goethes Politik, 1988
Krippendorff, Ekkehart: Politik in Shakespeares Dramen, 1992
Krippendorff, Ekkehart: Militärkritik, 1993
Krippendorff, Ekkehart: Deutsche Außenpolitik: Aus ihrer Geschichte lernen, heißt aus ihr aussteigen, in: (Friedenskundetagung 1995, IPPNW, Berlin): Weltmacht Deutschland, S. 11–25
Krippendorff, Ekkehart: Die Kunst, nicht regiert zu werden. Ethische Politik von Sokrates bis Mozart, 1999
Krippendorff, Ekkehart: Goethe – Politik gegen den Zeitgeist, Suhrkamp, Frankfurt/Main, 1999
Krippendorff, Ekkehart: Kritik der Außenpolitik, 2000
Der Wind bläst der Friedensforschung ins Gesicht, in: S+F Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden 4/2002, S. 198–200
Krippendorff, Ekkehart: Shakespeares Komödien, 2007
Krippendorff, Ekkehart: Die Kultur des Politischen. Wege aus den Diskursen der Macht, Berlin 2009
Krippendorff, Ekkehart: Lebensfäden. Zehn autobiographische Versuche, Heidelberg 2012
Krippendorff, Ekkehart: Über den Tag hinaus. Exemplarische Theaterkritik im herrschaftsfreien Diskurs, Heidelberg (Verlag Graswurzelrevolution) 2019


»Wie die Großen mit den Menschen spielen«. Buch von Ekkehart ...
Wie die Großen mit den Menschen spielen. Goethes Politik (1988)



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