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Samstag, 22. Juli 2023

DUBCEK, ALEXANDER - LEBEN UND UNFALLTOD

Alexander Dubcek

 
* 1921, in Uhrovec (Westslowakei)
+ 1992, in Bratislawa (nach einem Unfall bei Humpolec bei Prag)

Alexander Dubcek war ein tschechoslowakischer Politiker. Zunächst galt er als gestrenger und loyaler Apparatschik, aber dann setzte er sich als Generalsekretär der kommunistischen Partei der CSSR (KPC) für Reformen ein und sprach von einem "Sozialismus mit menschlichem Antlitz".
Er wurde 1968 zur Symbolfigur des "Prager Frühlings", der dann aber im August von Panzern des Warschauer Paktes niedergeschlagen wurde. Dubcek musste nachgeben, bekam weniger bedeutende Posten und wurde dann für rund zwei Jahrzehnte politisch kaltgestellt.
Erst Ende der 1980er-Jahre betrat er wieder die politische Bühne und wurde zu einer der Hauptfiguren der "Samtenen Revolution". 1989 wurde Dubcek zum Vorsitzenden des föderalen tschechoslowakischen Parlamentes (1989 - 1991) gewählt.
Umso seltsamer ist, dass er bereits 1992 durch einen ungeklärten Unfalltod starb.


JUGENDJAHRE, BERUFLICHE UND POLITISCHE ANFÄNGE

Dubcek wurde am 27.11.1921 in Uhrovec in der Westslowakei geboren. Die Donaumonarchie Österreich-Ungarn war gerade erst im Ersten Weltkrieg untergegangen.
Sein Vater war Tischler und aktiver Kommunist.
1925 siedelte die Familie Dubcek nach Moskau über. Der Vater beteiligte sich im Zusammenhang mit der "Internationalen Arbeiterhilfe" am Aufbau der noch jungen Sowjetunion. Gegen 1938 kehrte Dubcek wieder in die Tschechoslowakei zurück. Inzwischen lief die Aufrüstungspolitik im nahen Deutschen Reich auf vollen Touren und bedrohte die Nachbarn. Dubcek arbeitete als Maschinenschlosser in Trencin.1939 schloss er sich der illegalen Kommunistischen Partei der Slowakei (KSS) an und nahm am Untergrundkampf gegen das rechte Regime des Priesters Jozef Tiso (1887 - 1947) teil. Ab 1941 arbeitete er als Facharbeiter in den Skoda-Werken in Dubnica nad Váhom. 1944 beteiligte sich Dubcek zusammen mit der Partisaneneinheit "Jan Ziska" am slowakischen Nationalaufstand. Bei diesen Kämpfen kam sein Bruder ums Leben.


NACHKRIEGSZEIT

1945 arbeite Dubcek als Schlosser in einer Hefefabrik in Trencin. Dort heiratete er seine Jugendliebe Anna. Aus dieser Ehe gehen drei Söhne hervor. Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt Dubceks ziviler Aufstieg innerhalb der kommunistischen Parteistruktur. 1949 wird er zum Ersten Sekretär des Bezirksparteikommittees von Trencin ernannt. 1951 wird Dubcek Mitglied des Zentralkommittees (ZK) der Kommunistischen Partei der Slowakei (KSS) und für drei Jahre Abgeordneter der Nationalversammlung in Prag.
1952 wird Dubcek Erster Sekretär der Nationalen Front (kommunist. Zusammenschluss). Innerhalb dieses Zusammenschlusses wird die Tschechoslowakische Kommunistische Partei (KSC) immer stärker und richtet die politische Linie an Moskau aus. 1953 wird Dubcek Leiter des Parteidistriktes von Banská Bystrica. 1955 geht Dubcek dann bis 1958 für ein Studium an die Parteihochschule des ZK der KPdSU nach Moskau. 1958 wird Dubcek nach der Rückkehr ZK-Mitglied der slowakischen KP und kurz darauf Kandidat des Politbüros der Partei, Parteichef von Bratislava und ZK-Mitglied der KSC in Prag.


60er-JAHRE UND PRAGER FRÜHLING

1960 wurde Dubcek einer der drei ZK-Sekretäre der KSC und Abgeordneter der Nationalversammlung, sowie Parteichef der Westslowakei. 1963 wurde er Erster Sekretär des ZK der slowakischen KP und Politbüro-Mitglied des ZK der KSC in Prag. 1964 wurde Dubcek Abgeordneter im Slowakischen Nationalrat.
Der lange als stromlinienförmiger Bürokrat bekannte Dubcek eckte am 31.10.1967 stark an: Er fordert auf einer ZK-Tagung der KSC den Rücktritt des autoritären und zunehmend unbeliebteren Parteichefs Antonín Novotny.

Am 05.01.1968 wird Dubcek zum neuen ersten Sekretär des ZK der KSC gewählt. Im April kommt es zu einer neuen Regierung unter Oldrich Cernik (1921 - 1994), die Reformprozesse einleitet, die vom Partei organ "Rudé Pravo" mit den Worten "tschechoslowakischer Weg zum Sozialismus" zusammengefasst werden. Während man am Ideal des Sozialismus' festhält, soll die Gesellschaft liberaler werden und sich von sich aus für einen Sozialismus mit "menschlichem Antlitz" begeistern.
Die Zensur wird abgeschafft und Bürger erhalten Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.
Dubcek wird im entstehenden Prager Frühling zur international bekannten Symbolfigur.
In der CSSR wird er mit dem Dimitroff-Preis (für den Frieden) ausgezeichnet.
Doch die Gegenkräfte sammeln sich auch: Im August versuchen die "sozialistischen Bruderländer" in Bratislawa (Slowakei) zum letzten Mal, die tschechoslowakischen Genossen zur Umkehr zu bewegen.
Dubcek und seine Mitarbeiter lehnen ab. Er gilt jetzt als Symbolfigur des Prager Frühlings und entwickelt weit über die die CSSR hinaus Strahlkraft.
In Moskau sieht man unter Breschnew die Reformen mit äußerster Sorge. Breschnew ist besonders deshalb wütend, weil er den anfangs stromlinienförmigen Parteikarrieristen selbst gefördert hat.


DER GEGENSCHLAG

Der Gegenschlag nach Vorwarnungen erfolgte am 20./21. August 1968:
In der Nacht besetzetn Warschauer-Pakt-Truppen die CSSR und beendeten den Prager frühling gewaltsam. Ursprünglich wollte auch die NVA der DDR mit einmarschieren. Dies wurde jedoch kurz vor dem Einmarsch gestoppt, wahrscheinlich, weil es zu sehr an den deutschen Einmarsch von 1938 (damals vor 30 Jahren) erinnert hätte.
Dubcek verharrte im ZK-Gebäude der KP in Prag und wurde schließlich verhafte und nach Moskau verschleppt.
Dort unterzeichnete er unter Druck das "Moskauer Protokoll", mit dem die Einführung politischer Verhältnisse nach sowjetischem (russischem?) Vorbild gut geheißen wurden. Für die Reformer war dies die Kapitulation. Dubcek konnte sich diesen Schritt später nicht verzeihen.
Zunächst hielt man an Dubcek als Führer in einer re-sowjetisierten CSSR fest.
Im November wird er zum Mitglied des Exekutivkomitees des ZK-Präsidiums der KSC ernannt.
Im Dezember wird ihm die Verantwortung für die Parteiorganisation in den Streitkräften übertragen.

Im Januar 1969 wird er ins Präsidium der Bundesversammlung und zum Vorsitzenden des Verteidigungsrates gewählt.
Im April 1969 beschließt man aber, dass die Zusammenarbeit mit Dubcek keinen Wert hat.
Dubcek wird sämtlicher Ämter enthoben und auf den "schwachen" Posten des Bundesparlamentspräsidenten abgeschoben. Der neue KP-Chef wird Gustáv Husák.
Im Oktober 1069 wird Dubcek zum Botschafter in der Türkei ernannt.

Im Januar 1970 wird Dubcek aus dem ZK der Partei geworfen, im April verliert er sein Mandat im Slowakischen Nationalrat und im Juni dazu noch seine Parteimitgliedschaft.
Stattdessen verschafft man ihm einen "Alibi-Job": Er arbeitet fortan bis zu seiner Pensionierung als Aufseher eines Fuhrparks der Waldarbeiter in einem Forstbetrieb in Bratislawa. Dabei wird er streng vom Sicherheitsdienst überwacht.

1974 beschwert sich Dubcek in einem Brief an Parteichef Husák über die Verweigerung der Promotionsfeier für seinen Sohn.Er übt gleichzeitig starke Kritik an der politischen Situation im Land.


DIE WENDEZEIT

1988 darf Dubcek nach starkem Druck durch die Kommunistische Partei Italiens (KPI) die Ehrendoktorwürde der Universität Bologna entgegennehmen. Bologna gilt als ein Zentrum des "Eurokommunismus". In der Universitätsstadt konnte sich lange eine demokratisch gewählte kommunistische Stadtregierung halten.

1989 zeichnet sich eine politische Wende immer deutlicher ab. Dubcek fordert im Juni in einem Offenen Brief an KP-Chef Husák diesen auf, sich von seiner politischen Haltung im August 1968 zu distanzieren.
Im Laufe des Jahres nehmen die Proteste der Bevölkerung immer mehr zu. Es kommt zu Schlägereien mit den Sicherheitskräften, man sieht symbolisch im Fernsehen, wie ein Demonstrant einen Polizisten durch einen Fußsteller "aussteigen" lässt und dieser stürzt.
Im November müssen die Machthaber wie in vielen Ostblockstaaten nachgeben. In der CSSR kommt es zur "sanften Revolution". Die alte Parteiführung tritt geschlossen zurück.
Dubcek erhält sein Comeback: Er wird Mitbegründer der Bewegung "Öffentlichkeit gegen Gewalt" (VPN).
Im Dezember wird er rehabilitiert und zum Präsidenten des Bundesparlamentes gewählt.
Im selben Monat erhält er den Sacharow-Menschenrechtspreis.

1990 reist Dubcek zum ersten Mal seit 1968 nach Moskau.
Gleichzeitig protestiert er als Ex-Kommunist aber auch gegen die "politische Hetzjagd" auf Mitglieder der Kommunistischen Partei.
Privat hat Dubcek den Tod seiner Frau Anna zu beklagen.

1990/91 bekommt Dubcek von mehreren internationalen Universitäten die Ehrendoktorwürde verliehen: Madrid (1990), Washington (1990), Bratislawa (1991), Brüssel (1991) und Dublin.

1991 tritt Dubcek wieder aus der VPN aus, weil ihm deren Bestrebungen zu nationalistisch sind.

1992 tritt er stattdessen im März der Sozialdemokratischen Partei der Slowakei (SDSS) bei, deren Vorsitz er im Juni 1992 übernimmt. An sich wäre damit sein politisches Comeback geglückt.
Doch es kam anders...


AUTOUNFALL UND TOD: WAR ES MORD?

Im September erledet Dubcek in der Nähe von Hupolec bei Prag einen schweren Unfall mit seinem Dienstwagen. Der Wagen kam bei hoher Geschwindigkeit von der nassen Fahrbahn ab.
Dubcek erlitt schwere Knochenbrüche und starb am 7. November in einem Krankenhaus in Bratislava.

Viele Anhänger Dubceks im In- und Ausland waren schockiert, dass der beliebte Politiker, der so viele Machtkämpfe hatte überstehen müssen, nun so kurz nach Erreichen seiner Rehabilitation sterben musste.

Doch stellt sich auch die Frage, ob hinter dem Unfalltod nicht etwas Sinistres stehen könnte!

Für Zweifel an der Unfallthese gibt es folgende Anlässe:
  • Dubcek sollte nach seinem wechselhaften Politikerleben in einer demokratischen Slowakei Verantwortung übernehmen.
  • Dubcek kannte viele Altkader der KP und deren Doppelspiel ebenso wie er viele Wendehälse im Geheimdienst StB kannte.
    Gerade im Sommer seines Todesjahres wurde darüber gesprochen.
  • Dubcek sollte im Herbst 1992 in Moskau in einem Prozess des Verfassungsgerichtes über alte Seilschaften aussagen. Es ging dabei auch um ein Verbot der KPdSU.
    Akten dazu waren in Dubceks Tasche.
    Jiri Valenta, der Leiter des Instituts für Internationale Beziehungen in Prag hatte Dubcek 2 Wochen vor dem Unfall Mitte August zur Aussage überredet.
  • In Polen wurden am Unfalltag Dubceks die Leichen von Piotr Jaroszewicz und seiner Frau in Anin bei Warschau entdeckt. Jaroszewicz war ein ehemaliger Ministerpräsident.
    Beide starben durch Kugeln. Es wurde auf Selbstmord entschieden.
    Auch Jaroszewicz sollte in Moskau aussagen und auch hier verschwanden Akten.
  • Der Fahrer Dubceks, Jan Reznik, fuhr verantwortungslos schnell, überlebte aber den Unfall.
    Er kam selber aus dem Geheimdienst und hatte Einweisungen, wie man Autounfälle bei hohen Geschwindigkeiten überlebt.
    Dubcek lag verletzt 16 m vom Auto entfernt, obwohl dessen Türen geschlossen und Fenster intakt waren.
  • Jan Reznik hatte auch Kontakte zu Vladimir Meciar. Er hatte für diesen mit einem Komplizen nach der Wende 18 Bände mit Geheimmaterial des StB aus dem Innenministerium der CSFR weggeschafft. Allerdings galt Meciar 1968 als Anhänger des Prager Frühlings.
    (Trotzdem kann eine solche Person sich mit dem Geheimdienst eingelassen haben.)
  • Aus Dubceks Aktentasche sind wichtige Unterlagen verschwunden.
  • Vittorio Caffeo, ein italienischer Geschäftsmann und Freund Dubceks aus eurokommunistischen Tagen wollte den Slowaken nach Rizzoli/Bologna verlegen lassen, wo man auf die Behandlung von Rückgratverletzungen spezialisiert war.
  • Es gab vor dem und im Prozess viele Schlampereien. Nicht einmal der Name des italienischen Erstzeugen war aufgenommen worden und konnte im Nachhinein auch nicht ausfindig gemacht werden.

QUELLEN:
Wiki
-
LEMO (Lebendiges Museum Online) auf hdg.de
Bartz, Dietmar: Wurde Dubcek ermordet?; taz, 07.09.1995


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