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Freitag, 7. Juli 2023

ROGER VANDENBERGHE

Tombe de l'adjudant-Chef Roger VANDENBERGHE à CASTILLON d'ARTHEZ de BEARN.jpg


* 26.10.1927
+ 05.01.1952

Roger Vandenberghe war ein französischer Kämpfer im Indochinakrieg, der schon im Zweiten Weltkrieg erste Kriegserfahrungen gesammelt hat. Er führte in Indochina u. a. die Eliteeinheit der "Tigres noirs" (Schwarzen Tiger) an und leitete mehrere waghalsige Kommandoeinsätze. 1952 wurde er aber von einem ehemaligen Vietminh, der in seiner Einheit diente, im Schlaf getötet.


KINDHEIT UND JUGEND

Roger Vandenberghe wurde am 26.10.1927 im 14 Arrondissement von Paris geboren.
Sein Vater Emile Raoul Vandenberghe (* 1885) stammte aus Belgien, war Kriegsinvalide und litt an der Tuberkulose. Deshalb fiel ihm die Erwerbsarbeit schwer.
Seine Mutter Toba Adler stammte aus Galatz in Rumänien, einer Gegend, die man Galizien nannte (aber nicht die spanische Region Galizien!). Sie war Jüdin. Sie wurde mit dem Konvoi 66 in das Zwischenlager Drancy gebracht und dann am 20.01.1944 nach Auschwitz deportiert. Sie kehrte von dort nie mehr zurück.
Schon im Jahre 1932 schickte Vandenberghes Mutter ihn und seinen drei Jahre älteren Bruder Albert (Albert Adler) zur öffentlichen Wohlfahrt. Im Jahre 1935 wurden sie zwei Bauernfamilien aus Arthez-de-Béarn zugeteilt und mussten dort neben der Schule auf dem Feld mithelfen.

Roger Vandenberghe interessierte sich unter diesen Bedingungen nicht so sehr für die Schule, sondern wanderte in der naheliegenden Hügellandschaft umher. Trotzdem schaffte er 1938 seinen Abschluss. Im kommenden Jahr starb sein Vater und der Krieg brach aus.


ERSTE KAMPFERFAHRUNGEN

Vandenberghe wollte sich der Résistance anschließen, aber trotz seines forschen Auftretens wird er abgewiesen, weil er noch zu jung gewesen sei. Schließlich trat er am 14.07.1944 16-jährig mit seinem Bruder doch dem Freikorps Pommiès (Corps franc Pommiès) bei, das direkt dem B. C. R. A. in London unterstellt war. Vandenberghe blühte in dieser Truppe schnell auf und drang mit den ersten Einheiten in das Elsass ein. Am 10.01.1945 wurde er mit 17 Jahren bei der Explosion einer Mine verletzt, als er freiwillig an einer Aufklärungsaktion teilnahm. Durch diese Tat wurde er im Regimentsregister vermerkt. Am Ende des Krieges beschloss "Vanden", wie man ihn inzwischen nannte, bei der Armee zu bleiben. In der Folge wird er am 12.02.1945 der Zweiten Kampanie des 49. Infanterieregiments zugeordnet, das aus Veteranen des Freikorps Pommiès bestand und in Deutschland stationiert war. Im Jahre 1946 wurde er zum Caporal (Corporal) ernannt und meldete sich noch im selben Jahr mit seinem Bruder freiwillig nach Indochina. Dafür trat er dem Zweiten Marschbatallion des Französischen Fernost-Expeditionskorps (Corps expéditionnaire francais en Extrême-Orient; CEFEO) bei.


DER AUFENTHALT IN INDOCHINA

Am 11.01.1947 betrat Vanden(berghe) in Marseille das Schiff. Einen Monat später kam er in Tourane in Annam an und verfiel dem Charme dieses Landes.

Doch die anfänglich gute militärische Lage der Franzosen wurde zunehmend kritischer. In China drehte sich der Bürgerkrieg zugunsten der Kommunisten, die vorhatten, den Vietminh zu unterstützen und die Bevölkerung wurde durch die Eskalation des Krieges der Kolonialmacht gegenüber zunehmend feindlicher gesinnt. (Ähnlich verhielt es sich im Anschluss in Algerien.) Die Franzosen konnten die Kriegsanstrengungen nur noch mit massiver US-amerikanischer Wirtschaftshilfe aufrecht erhalten und griffen mit der Zeit auch auf Einnahmen aus dem Drogenhandel (Opium) zurück.

Am 06.01.1948 wurde Rogers älterer Bruder Albert bei Ha Dong durch einen Angriff getötet. Nach dem Tod seines Bruders schien Roger Vandenberghes Schicksal festzustehen. Die schlimme Trauer um seinen Bruder beraubt ihn seiner Familie und ist wahrscheinlich die Hauptquelle seiner Motivation, weiterzukämpfen.

Im Februar 1949 wurde Vandenberghe als Sergent und Befehlshaber einer Partisanensektion des 6. Regiments der Kolonialinfanterie schwer verletzt. Mit 21 Jahren wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Nach 8 Monate Erholung ging er wieder nach Indochina.

Dort führte er erneut mehrere Angriffe durch, unter anderem im Mai 1951, als er Ninh Binh angreift, um den Leichnam von Leutnant Bernard de Lattre de Tassigny zurückzuholen.
Später beschließt General de Lattre de Tassigny, der Kommandeur des CEFEO, 8 Kommandos für Nord-Vietnam aufzustellen. Es sollte sich dabei um leichte und mobile Einheiten mit einheimischen Helfern handeln, die von französischen Offizieren und Unteroffizieren kommandiert wurden.
Ziel war es, nach demselben Muster Schläge ins Lager des Vietminh zu tragen, wie der sie selber vorgeführt hatte. Durch die Eskalation der Kämpfe stieg die Zahl der Kommandoeinheiten auf 45, von denen das 24. vom Chefadjutanten Vandenberghe befehligt wurde. Auf seiner Seite waren Sergent Puel, ein Mann aus Béarn und wie Vandenberghe aus dem 49. Infanterieregiment und Tran Dinh Vy, ein erfahrener Ausbilder, der später Colonel der Fremdenlegion wurde.

Das Kommando Nr. 24 "Vandenberghe" war ganz in Schwarz gekleidet und wurde später "Die Schwarzen Tiger" genannt. Es bestand aus vielen einheimischen Verbündeten, von denen allerdings nicht wenige vorher für den Vietminh gekämpft hatten. Die Zahl der anfänglichen Kämpfer (ungefähr 50) wurde bald stark erhöht, was dazu führte, dass Vandenberghe nicht mehr jeden einzelnen kontrollieren und auf seine Loyalität hin überprüfen konnte.

Vandenberghe griff einen Kommandoposten des Vietminh mehrere Kilometer hinter der Frontlinie an und besetzte ihn. Auch hier wendete er wieder die Taktik des Vietminh an. Manchmal schlich er sich auch als (scheinbarer) Gefangener seiner eigenen Männer ein. (Später verwendeten weiße Rhodesier, die als NVA-Soldaten verkleidet waren oder als scheinbare Gefangene ihrer schwarzen Kameraden eine ähnliche Taktik.)
Vandenberghes Männer waren in diesem Vorgehen fast so gut geschult wie er selbst. So konnte die Wirksamkeit ihrer Aktionen vervielfacht werden. Vandenberghe konzentrierte sich dabei ganz auf seine Aufgabe und rauchte nicht und trank nicht.

Zu seinen Männern gehörten Caporal (Corporal) Ehret, ein junger Elsässer, Hubert, ein Funker (métis), Sergeant Gracelli, Sergeant Puel (24 Jahre, Träger der Militärmedaille, 6 Auszeichnungen, später wurde er mit seinem Chef getötet) und der vietnamesische Sergeant Tran Dinh Vy (später in der (süd-)vietnamesischen Armee, Oberst der Fremdenlegion mit Ehrenlegion, Militärmedaille und 20 französischen, vietnamesischen und amerikanischen Auszeichnungen). Kurz vor seinem Tod sollte Vandenberghe übrigens zum Unterleutnant befördert werden!

Am 5. Januar 1952 hat Unterleutnant Nghien Tinh Khoi, ein ehemaliger Kommandeur der Angriffseinheit des 36. Regiments der 308. Brigade des Vietminh und seinerseits in der Schlacht von Day 1951 gefangengenommen, seinen Chef Vandenberghe und Sergent Puel "verraten" (je nach Sichtweise) und im Schlaf getötet. Dies geschah in Nam Dinh.
Der noch im Zweiten Weltkrieg aufgewachsene Vandenberghe erlebte auch den Indochinakrieg als eine sehr intensive Zeit und starb schon mit 24 Jahren.

Vandenberghes Grab trug auf dem Friedhof von Nam Dinh die Nummer 263. Mit Unterstützung mehrerer Veteranenverbände wurde sein Sarg wie auch der seines Bruders Albert in ihre Wahlheimat rückgeführt. Roger liegt auf dem Friedhof von Castillon und sein Bruder auf dem Friedhof des benachbarten Arthez-de-Béarn. Im Tal von Béarn steht außerdem eine Stele mit seinem Namen.

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