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Samstag, 22. Juli 2023

MAO ZEDONG (MAO TSE-TUNG)

 
Mao Zedong

* 26.12.1893 in Shaoshan
+ 09.09.1976 in Peking

Mao Zedong (Mao Tse-tung in WG-Umschrift; 毛澤東 / 毛泽东) war ein chinesischer Kommunist, praktischer Revolutionär, Verfasser von Schriften und Parteivorsitzender der KP. Er hatte Ehrentitel, die u. a. mit "Großer Vorsitzender" übersetzt werden können.
Mao gilt bei seinen Anhängern als Befreier Chinas vom Joch der alten Oberschicht und imperialistischer Mächte. Bei seinen Gegnern gilt er als Massenmörder, weil er seine Ideen brutal umsetzte.


JUGEND

Mao Zedong wuchs in Shaoshan als Sohn eines Bauern auf, der es durch Härte gegen sich und andere zu einem gewissen Wohlstand gebracht hat. Dies führt aber oft zu Störungen im friedlichen Umgang mit der sozialen Umwelt.

So schlug Maos Vater seinen Sohn oft und nannte ihn einen Nichtsnutz. Einmal lief Mao z. B. von Zuhause fort, kehrte dann aber wieder zurück. Sein Vater verlangte von ihm zur Wiederaufnahme in seinen Haushalt einen Kniefall. Mao kniete nur auf einem Knie.
Maos Mutter war dagegen sanft und gnädig. Mao mochte sie zwar, schloss aber aus der Familiensituation, dass man mit Sanftheit nicht weiterkommt, sondern nur mit Macht und Gewalt.

In der Schule war Mao relativ eigenwillig. Auch die Lehrer verprügelten ihn oft. Viel später - nach dem Sieg der Revolution - besuchte Mao als Revolutionsführer vor laufenden Kameras seine alte Schule und traf seinen ehemaligen Lehrer. Die Blicke beider sprachen Bände und zeigten, wie sehr sich die Machtverhältnisse geändert hatten.


NACH DEM STURZ DER MONARCHIE UND DEM ERSTEN WELTKRIEG

Sturz der Monarchie

Viele Chinesen fühlten sich unter der Ching-Dynastie unterdrückt. Die Herrscher waren eigentlich ethnische Mandschu, also Fremdherrscher. Sie hatten sich aber mit der Zeit stark an die chinesische Kultur angepasst. Der Mandschu-Zopf galt aber noch als Symbol der Mandschu-Herrschaft und wurde nach der Wende zum 20. Jhd. immer häufiger symbolisch abgeschnitten.

Um 1911/12 wurden die Mandschu von nationalchinesischen Kräften gestürzt. China wurde eine Republik.
Einer der Anführer der Aufständischen war Sun Yat-sen. Man erhoffte sich auch ein Zurückdrängen der Kolonialmächte, aber diese blieben zunächst.
Nur der Anteil des Deutschen Reiches am "Kuchen" wurde nach dessen Niederlage im Ersten Weltkrieg an die Japaner abgegeben.

In der chinesischen Gesellschaft und insbesondere unter den Intellektuellen herrschte Unzufriedenheit. Man wusste aber nicht, in welche Richtung man gehen sollte.
Nach gescheiterten Versuchen, die Monarchie wiederherzustellen, griffen verschiedene Kriegsherren bzw. "Warlords" nach der Macht und teilten China unter sich auf.


Warlords, Guomindang und die Kommunisten

Diese Warlords herrschten sehr willkürlich und vertraten (angeblich) unterschiedliche Ideologien. Ein Warlord gab sich als Christ aus und besprühte seine Soldaten mit Wasserschläuchen, um sie zu taufen.
Gegen diese Warlords sammelten die Nationalchinesen im Süden aber Kräfte, die China wieder einigen sollten. Zuerst war ihr Anführer weiterhin Sun Yat-sen, dann wurde es Tschiang Kai-shek.
Tschiang galt als begabter Militärführer, er setzte aber beim Kampf gegen politische Gegner sehr auf das Besitzbürgertum und manchmal auch auf kriminelle Strukturen (Triaden), so dass er bei Sozialreformern und besonders Sozialrevolutionären zunehmend unpopulär wurde.
Trotzdem gelang es ihm zunächst, 1927 in Schanghai die dort starken Kommunisten auszuschalten und dann in mehreren Umfassungsoffensiven die Warlords und andere Gruppen zu schlagen. Einige Warlords liefen auch zu ihm über.
Die Kommunistische Partei Chinas war 1921 in Schanghai gegründet worden und ließ sich aufgrund ihrer anfänglichen Schwäche für mehrere Jahre auf ein Bündnis mit der Kuomintang ein. Doch dieses Bündnis bekam Risse.
Als Symbol des Bruchs zwischen GMD und KP mag eine Erzählung dienen, bei der (wahrscheinlich in Schanghai), die GMD der noch verbündeten KP Versorgungszüge versprochen hat. Als dann aber die Waggontüren aufgeschoben wurden, blickten die Kommunisten nicht auf Getreidesäcke, sondern in die Läufe von Maschinengewehren, die direkt losfeuerten.


KAMPF ZWISCHEN GUOMINDANG UND KOMMUNISTEN UND DER ZWEITE WELTKRIEG


Maos Positionierung

Mao gefiel diese Sachlage nicht. Er wurde nach der Revolution von 1911/12 zuerst Demokrat und dann Kommunist. 1921 gehörte er zu den Mitbegründern der Kommunistischen Partei. Anfangs war diese noch so schwach, dass sie mit der Guomindang (Kuomintang), den später verfeindeten Nationalchinesen (bzw. Nationalrevolutionären) zusammenarbeitete (s. o.). Gegen 1927 fasste er den Entschluss, dass man so keinen gesellschaftlichen Fortschritt erringen könne und wurde radikaler. Von 1935 an dominierte er die Kommunistische Partei.
Mao war anfangs umstritten und wurde als "Junge vom Land" sogar gemobbt. Trotzdem oder gerade deswegen erkannte er, dass die Arbeiterklasse in den Städten als revolutionäres Subjekt nicht ausreichte und man sich in China auf die riesigen Bauernmassen auf dem Land verlassen müsse. Er ging in dieser Theorie von Lenin aus, verschärfte dessen Ansichten aber noch ("Lenin on steroids").
Die Säuberungen und Hinrichtungen von Gewerkschaftern und Kommunisten in den Städten gaben ihm Recht.
Erst 1943 wurde Mao Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas.


Guomindang, Kommunisten und japanische Invasion

Kurz bevor Tschiang seine Gegner 1934 in einer letzten Einkreisung mit Bodentruppen und Doppeldeckern zerschlagen konnte, organisierte Mao mit getreuen Anhängern den "Langen Marsch" und brachte so die Kommunisten aus der für sie tödlichen Gefahrenzone. Der Lange Marsch sicherte zwar das Überleben der Revolutionäre, war aber nicht so glorreich, wie es später die Propaganda darstellte. Zusammenstöße mit nationalchinessischen Truppen, Freischärlern, ethnischen Minderheiten sowie Hunger und Krankheiten verminderten die kommunistischen Kolonnen zahlenmäßig massiv.
Einige Schlachten aus der Zeit des Langen Marsches sind aber Propagandaerfindungen.
Nur ein Teil von ihnen kam in den Lösshöhlen Nordwest-Chinas an. Dort begannen sie, ihre kommunistische Utopie zu errichten. Für viele kommunistische Führer sollte dies genauso prägend werden wie für die kubanischen Revolutionäre das Ausharren in der Wildnis vor dem finalen Angriff.

Inzwischen änderte sich aber in ganz Ostasien das Machtefüge. Das imperiale Japan hatte bereits Anfang der 1930er-Jahre die Mandschurei besetzt und griff 1937 auch den übrigen Teil Chinas an. Die Japaner hatten das Blitzkriegkonzept der Nazis übernommen und zusätzlich noch um den Seekrieg (zunächst v. a. an den Küsten) erweitert. Japan marschierte überraschend schnell an der ostchinesischen Küste nach Süden und eroberte brutal die "Ersatzhauptstadt" Nanjing. Dann erreichte die Invasionsarmee die (noch) französische Kolnie Indochina. Die hiesige Besatzung war aber zunächst noch moderat, weil Indochina auf der Seite Vichy-Frankreichs stand und damit offiziell mit Nazideutschland verbündet war. Die Japaner drangen dann weiter in Südostasien vor, in Thailand gab es eine gewisse Kollaboration, das britisch besetzte Burma fiel und am Ende auch die US-amerikanisch besetzten Philippinen (nach dem Sieg der USA über Spanien). Japan rückte schon nach "Hinterindien" vor, also Malaysia und Indonesien, das noch holländische Kolonie war. In Australien fürchtete man bereits einen Angriff.

Die japanische Besatzungsherrschaft war äußerst brutal, auch wenn es immer wieder auch Kollaboration gab. In der Mandschurei errichteten die Japaner z. B. Mandschukuo, das unter der Herrschaft des letzten Kaisers von China, Pu Yi starb. Für die Chinesen war dies Verrat, Pu Yi seinerseits rächte sich dafür, dass die chinesischen Nationalisten die Gräber seiner Ahnen "geschändet" hatten. Auch in Zentralchina und in anderen Teilen Asiens gab es Kollaboration, besonders aber in Thailand.
Die japaner verscherzten sich aber - ähnlich wie die Nazis - mögliche Sympathien der Bevölkerung, indem sie herrische auftraten und viele Massaker verübten. Auch gab es in besetzten Gebieten Menschenversuche, z. B. durch willkürliche Operationen oder Versuche mit biologischen und chemischen Kampfstoffen. Symbolisch steht dafür die berühmte Einheit 731, die aber längst nicht die einzige dieser Art war.

In China gab es nun den Streit, ob man zuerst den Bürgerkrieg fortsetzen oder zuerst die Japaner bekämpfen wollte. Die Kommunisten warfen den Nationalisten vor, sich nur um ihre eigenen Interessen zu kümmern und nicht um die Verteidigung des Vaterlandes. Noch heute ist dies Teil der kommunistischen Propaganda.
Umgekehrt kann man aber auch anführen, dass die Nationalisten bei der Abwehr der Japaner viel größere Verluste erlitten haben als die Kommunisten und diese sich währenddessen im Hinterland "ausruhen" und ihre Kräfte aufstocken konnten.
Dann das Problem aus japanischer Sicht war: China war zu groß, um es schnell ganz einnehmen zu können!

So oder so wurde Tschiang Kai-shek nach dem Einmarsch der Japaner 1937 von seinen Leuten gezwungen, seine Hauptkräfte auf die Bekämpfung der Japaner zu richten.
Die Kommunisten warteten dagegen, bis die Alliierten mit Hilfe der USA die Japaner nach dem Angriff auf Pearl Harbor wieder schrittweise aus allen eroberten Positionen vertrieben hatten.
So wie sie den Nationalisten Opportunismus angesichts der japanischen Bedrohung vorwarfen, kann man dies auch ihnen vorwerfen.
Als die Japaner nach der Kriegswende immer mehr Gebiete verloren und schließlich nur noch die Mandschurei (den Nordosten) besetzt hielten, erklärte Stalin Japan 1944 den Krieg und besetzte diese. Damit vertrieb er nicht nur die Japaner, sondern hielt die USA aus dieser Region heraus und ließ schließlich die chinesischen Kommunisten in das Gebiet einsickern.
Auch den Norden Koreas wollte er kontrollieren.
Am Ende waren nur noch die Städte unter der Kontrolle der Guomindang, bis dann auch diese aufgeben mussten.
So konnte Mao mit Hilfe seines Heerführers Lin Biao und natürlich Stalins das Blatt wenden. Fast sofort nach Ende des Zweiten Krieges 1945 brach der Chinesische Bürgerkrieg wieder aus.


Nach dem Zweiten Weltkrieg: Wiederaufflammen des Bürgerkriegs zwischen GMD und KP

Die Guomindang war zwar zunächst zahlenmäßig überlegen und verfügte über massive US-Militärhilfe, aber sie war durch den Krieg ausgelaugt, galt als korrupt und hatte die armen Volksmassen nicht so hinter sich wie Mao. Überhaupt galt in diesem Punkt Tschiang als nicht so charismatisch.
Es muss aber festgehalten werden, dass Mao seinen Sieg nur durch äußerste Skrupellosigkeit erringen konnte: Maos Rote Armee nahm viele Überläufer der GMD auf, sowie Kollaborateure mit Japan und Kriminelle und sie setzte gegen die belagerten Städte (die eher auf GMD-Seite waren als das Land) eine brutale Hungerpolitik ein, in der unfassbar viele Menschen starben - auch viele Arbeiter und Bauern, in deren Namen man zu kämpfen vorgab.

Wie dem auch sei: Die GMD verlor Gebiet um Gebiet einschließlich Penkings, vor der Einnahme Schanghais erschoss sie noch einige Kommunisten und nahm dann den Goldschatz mit (Schanghai galt schon damals als Wirtschaftsstadt), dann verteidigte man vergeblich die südliche Hauptstadt Nanking, versuchte sich noch in letzten Festungen zu verschanzen und floh dann, als dies nicht mehr gelang, entweder auf die Insel Taiwan oder nach Südostasien, von wo aus man den Kampf fortsetzen wollte.

Letzten Endes wurde die "Republic of China" (ROC) in Taiwan 1949 neu konstituiert. Die nationalistischen Widerstandskämpfer, die sich in Südostasien u. a. mit Drogenschmuggel am Leben hielten, sahen die Aussichtslosigkeit ihres Kampfes ein und wurden in vielen Fällen in Taiwan repatriiert.
Am Anfang regierte Tschiang Kai-shek mit Hilfe des Kriegsrechts. Linke Gruppen, Liberale und einheimische Minderheiten wurden brutal verfolgt.
Nach anfänglicher Armut konnte man mit strammer Führung und mit US-Wirtschaftshilfe eine starke Wirtschaftsmacht aufbauen.


DIE GRÜNDUNG DER VR CHINA

Die Kommunistische Partei Chinas hatte 1949 - wenn auch mit "dirty tricks" - den Bürgerkrieg gegen die Guomindang bis auf die Insel Taiwan klar gewonnen:
1949 rief Mao die Volksrepublik China aus. 1954 verkündete er die erste Verfassung und wurde ihr erster Staatspräsident.


Außenpolitik und Massenkampagnen im Inneren

Am Anfang des beginnenden Kalten Krieges stand Mao noch klar auf der Seite Stalins und der Sowjetunion. Schließlich hatte Stalin den Sieg der KPCh ermöglicht. Bei einem Besuch in Moskau machte aber Stalin deutlich klar, wer aus seiner Sicht der Herr war und ließ ihn wochenlang warten.
Auch im Koreakrieg stand er auf der Seite Stalins und des nordkoreanischen Führers Kim Il-sung.
Stalin hielt sich jedoch mit eigenen Truppen auffällig zurück. Er musste vorsichtig Probleme an der sowjetischen Westgrenze in Europa und an der Ostgrenze austarieren.
Die Front des Koreakrieges verschob sich mehrfach in beide Richtungen und am Ende waren große Teile des Landes zerstört und keine Seite hatte wirklich Gebiete gewonnen.
In Indochina half "Rotchina" den Truppen Ho Tschi-Minhs gegen die französische Kolonialmacht. Es ging dabei jedoch nicht nur um "Antikolonialismus" und "Antiimperialismus", sondern auch um eine Widerherstellung eines Einflusses in Südostasien, dass China zur Kaiserzeit schon gehabt hat.
Auch im späteren Vietnamkrieg gegen die USA unterstützte China die Kommunisten, sein Interesse nahm aber ab, als es immer mehr zu einem Zerwürfnis mit der Sowjetunion kam und die vietnamesischen Kommunisten streng auf Moskau-Linie blieben.
Die gute Beziehung zu Stalin verdunkelte sich nämlich nach dessen Tod 1953 unter Chruschtschow. Mao machte für die Aufstände in Osteuropa gegen die kommunistische Herrschaft nämlich Chruschtschows Reformpolitik verantwortlich. Außerdem wollte er von Chruschtschow das "Rezept" der Atombombe und sagte ihm ganz offen, dass er dann Taiwan angreifen würde, egal wie viele Menschen dabei sterben würden. Chruschtschow hielt Mao für verrückt.


Mao Tse-tung nahm sich im Inneren Stalin zum Vorbild und inszenierte um sich einen Personenkult.
Im Inneren wurde aber am Anfang auch von linksbürgerlichen Kräften bejubelt, was sich aber bald änderte.
Mao startete mit Beginn der 1950er-Jahre mehrere berüchtigte Massenkampagnen.
Er führte eine Landreform durch, die "Kampagne zur Unterdrückung von Konterrevolutionären" die "Drei-Anti-und-Fünf-Anti-Bewegung", die "Sufan-Bewegung" und die "Anti-Rechts-Bewegung".
Diese Kampagnen führten zum Tod von Millionen Menschen, festigten aber die Einparteienherrschaft sowie die Herrschaft Maos. Viele, die andere im Namen einer höheren Moral denunzierten, folterten oder töteten waren oft selber Opportunisten, Kriminelle oder Kollaborateure aus der Kriegszeit.
Weil Mao den Bogen oft überspannte, musste er auch eine Kampagne der "Milde", die "Hundert-Blumen-Kampagne" starten. Die Kritik an der Parteiführung, die plötzlich offen geäußert werden durfte, war aber so stark, dass Mao die Kampagne abbrach. Immerhin wusste er jetzt, wo seine Gegner waren.
1958 startete Mao die Kampagne "Großer Sprung nach vorn". Das Ziel war eigentlich, die Industrialisierung Chinas voranzutreiben, aber die Kampagne hatte so dilettantische und z. T. auch wahnhafte Züge, dass Maos Autorität selbst in der Partei deutlich sank. So wollte man z. B. überall Metalle einschmelzen und daraus in lokalen Öfen hochwertige Metallerzeugnisse fertigen oder man wollte durch Massenlärm Spatzen töten, damit sie keine Körner mehr fraßen, sah aber nicht, dass sich dann massiv die Insekten vermehren würden. Menschen aßen Baumrinde, Gras, Haustiere oder sogar ihre Genossen.
Man geht von 20 - 50 Mio. Toten allein durch diesen "Großen Sprung" aus.
Mao musste Anfang der 1960er das Machtzentrum teilweise räumen.
1963 griff er aber wieder an und startete die "Sozialistische Erziehungskampagne".


Die Große Proletarische Kulturrevolution

Noch viel stärker waren die Nachwirkungen der "Großen Proletarischen Kulturrevolution", die offiziell von 1966 bis 1976 stattfand, aber schon vorher "heruntergedrosselt" wurde.
Mao wollte - ähnlich andere Anhänger einer permanenten Revolution wie Leo Trotzki oder Che Guevara - dass jede neue Generation auch in den "Genuss" des Revolution-Machens kommt.
So forderte er mit Hilfe des Armeeführers Lin Biao die Schüler und Studenten auf, Rote Garden zu bilden und reaktionäre Elemente auf dem Land zu verjagen.
Zum Teil gab es anfangs für diese Überlegungen noch Verständnis:
  • In kommunistischen Einpaarteienherrschaften drohte schon bald nach der Revolution die Gefahr einer bürokratischen Erstarrung. Man sah das an der Sowjetunion.
  • Die damaligen Herrschaftsansprüche des Lehrpersonals wirkten aus der Zeit gefallen.
    Außerdem hatten viele Lehrer erst mit dem einen, dann mit dem anderen System kollaboriert.
  • Mao hatte selber schlechte Erfahrungen in der Schule gemacht.
Die Maßnahmen und Aktionen der Kulturrevolution uferten jedoch bald so aus, dass sie das ganze Land ins Chaos zu stürzen drohten. Außerdem fragten sich viele, ob die KR nicht ein  erneuter Vorwand Maos war, mit Gegnern innerhalb der Partei abzurechnen.

Die Kulturrevolution führte zu derartigen Exzessen, dass Schüler ihre eigenen Lehrer bloßstellten, verprügelten oder ihren eigenen Urin trinken ließen. Es entstand eine "Mob mentality".
Aufgebrachte Arbeiter, deren Betriebe angegriffen worden waren, rächten sich ihrerseits an Roten Garden, in sie diese folterten oder töteten. In Küstenregionen kam es vor, dass Kulturrevolutionäre auf glühende Metallstäbe gespießt wurden. Einige von diesen "Fleischspießen" wurden ins Meer geworfen und trieben dann vor verwunderten Bürgern an der Küste von Hong Kong an.

Unliebsame Parteikader wurden ebenso gesäubert. Einige wurden zur Umerziehung aufs Land geschickt, andere verprügelt (z. B. bis zur Querschnittslähmung) oder getötet.
Es zeigte sich aber auch hier das Beharrungsvermögen der Bürokratie: Viele Bürokraten, die unter Mao gesäubert wurden, aber überlebt haben, kamen später wieder auf ihre Posten zurück.

Die Kulturrevolution uferte so aus, dass viele Kulturschätze zerstört wurden, weil sie als "reaktionär" gelaten. Pianisten brach man z. B. ihre "bourgeoisen" Finger. Singvögel in Käfigen galten als "dekadent", so dass ihnen der Hals umgedreht wurde.
Besonders brutal traf die Kulturrevolution die ethnischen Minderheiten Chinas. Sie hatte also auch nationalistische Züge.

Es ist am Ende unklar, wie viele Menschen starben. Man geht von 40 - 80 Mio. Toten aus.
In dieser Zeit versuchte Zhou Enlai mehrmals, eine Mittlerposition einzunehmen, wollte oder konnte sich aber nicht von Mao lösen.

Das Charisma Maos wirkte trotzdem über China hinaus. In vielen Industrieländern gingen die 1968er bzw. Babyboomer (eigentlich nur ein Teil dieser Generation) unter seinem Porträt wie unter dem Che Guevaras oder Ho Tschi-Minhs auf die Straße.
Übrigens waren nicht nur Nordamerika und Europa damals sehr aktiv, sondern auch Japan.
Der Maoismus galt als Ideologie der rebellischen Jugend und - noch stärker als der Marxismus-Leninismus - als Ideologie der Dritten Welt. Entkolonialisierng war neben dem Kampf gegen Autoritäten im eigenen Land das große Thema.
Aus dem Frust über die nicht eintretende Revolution entwickelte sich zu Beginn der 1970er-Jahre dann der moderne Linksterrorismus.

Nach vielen Millionen Toten regte sich zunehmend die Gegenwehr gegen die Kulturrevolution.
Auch Mao erkannte, dass er zu weit gegangen war. So wie er eben noch die Jugend zur Revolution aufgefordert hatte, so schickte er sie jetzt zur Zwangsarbeit auf das Land.


Kampf gegen Lin Biao, Zerwürfnis mit der Sowjetunion und Annäherung an die USA

Der alternde Vorsitzende Mao führte in seinen letzten Jahren aber noch andere Aktionen durch.

So vereitelte er einen angeblichen Staatsstreich Lin Biaos und seines Sohns Lin Liguo, der Luftwaffenoffizier war. Lin Biao hatte Mao bei der Kulturrevolution noch geholfen, wurde aber zu eigenmächtig und forderte die Revitalisierung des Amtes des Staatspräsidenten - wobei er an sich dachte. Dieses Zerwürfnis wurde bei einer öffentlichen Parade sichtbar.
Offiziell starb Lin Biao auf der Flucht in einem Flugzeug in die Sowjetunion, das angeblich in der Eile nicht voll betankt werden konnte. Aber es bleiben Fragen offen:

  • War die Sowjetunion an der Planung eines Umsturzes beteiligt?
  • War Lin Biao wirklich an Bord des Flugzeugs oder nur sein Sohn und dessen Getreue?
    Es gibt die These, dass Lin Biao schon vorher in einen Hinterhalt gelogt und sein Konvoi mit Raketenwerfern vernichtwt wurde.
  • Wie starben die Insassen des Flugzeugs?
    Durch einen Absturz aufgrund Treibstoffmangels oder durch eine Schießerei?
  • Was wollte Lin Biao genau? Wollte er sich z. B. der Guomindang annähern?
Diese schweren innenpolitischen Auseinandersetzung stehen im außenpolitischen Zusammenhang des schweren Zerwürfnisses mit der Sowjetunion, das sogar 1969/70 in Grenzkonflikten am Ussuri gipfelte und leicht zu einem Atomschlag der SU gegen die "Hörner Chinas um die Mongolei" (NW- und NO-China) hätte führen können.

Gleichzeitig hatten die USA wegen des sich hinziehenden Vietnamkrieges unter Richard Nixon und Henry Kissinger das Interesse, China von der Sowjetunion und von der Unterstützung dieses Krieges abzubringen.

So kam es am Anfang der 1970er-Jahre zum Besuch der ehemaligen Feinde in Peking (die USA hatten im Bürgerkrieg die Guomindang unterstützt) und zu einer vorsichtigen Annäherungsdiplomatie.
China wollte sich auch wirtschaftlich öffnen, was aber erst unter den Nachfolgern Maos deutlicher vorangetrieben wurde.

Zur Anerkennung der VR China durch die USA kam es aber wegen diplomatischer Querelen erst Ende der 1970er-Jahre. Damit war umgekehrt Taiwan bzw. die ROC brüskiert.


Tod Mao Tse-tungs

Mao starb 1976 nach mehreren vorangegangenen Herinfarkten. Er konnte immerhin noch seinen alten Rivalen Tschiang überleben.
Maos Privatleben war nicht immer gesundheitsförderlich. Er schlief unregelmäßig, nahm Tabletten, aß viel und hatte viel Sex (wenn man seinem Leibarzt Li glauben darf). Seine Nerven waren auch deshalb beeinträchtigt, weil er ständig Angst vor Anschlägen auf seine Person haben musste.
In China selbst war der Personenkult so stark, dass einige Menschen es nicht für möglich hielten, dass Mao sterblich sei.

Trotz der Brutalität seiner Herrschaft war die Massentrauer ähnlich wie beim Tode Josef Stalins 1953 sehr groß und hielt lange an.

Nach seinem Tod versuchte seine radikale Witwe noch einmal mit Verbündeten, die Macht an sich zu reißen und gewisse Prozesse der Kulturrevolution fortzuführen. Aber sie wurde gestoppt:
Nach Tschiang Chings Entmachtung wurde Hua Guofeng Vorsitzender des ZKs der KP. 
Er galt als "halbmaoistisch" und "linkszentralistisch" und wollte außenpolitiscch sich weder an die Sowjetunion noch an die USA binden.
Bis 1978 konnte jedoch der als Reformer geltenden Deng Xiaoping die Macht an sich reißen.
Deng wollte zwar Reformen, aber nur wirtschaftliche. Er setzte sich zwar 1978 von Mao ab, hatte am im Bürgerkrieg auf dessen Seite gekämpft. Er war nur gegen Maos "wahnsinnigen" Wirtschaftskurs.
Deng stärkte Reformer wie Hu Yaobang und Zhao Ziyang, entmachtete sie aber später.
Deng förderte während seiner Zeit an der Regierung die Proliferation von Waffen - auch von atomaren - und schlug 1989 die Proteste am Platz des Himmlischen Friedens blutig nieder, wenn auch aufgehetzt von Li Peng.











 

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